Geldern. Hobbits, Orks, Elben – Christina Parmak-Fischer fotografiert sie alle. Was sie an den Tolkien Tagen in Geldern besonders fasziniert.
In der goldenen Halle sieht es noch etwas chaotisch aus, hier wartet ein kaputter Stuhl auf seine Restauration und dort ein hölzernes Boot auf seinen Abtransport zum Seestadtlager, doch schon in wenigen Tagen kann der König von Rohan auf seinem Thron endlich Platz nehmen. Denn von Freitag, 24. Mai, bis Sonntag, 26. Mai, verwandelt sich das riesige Gelände in Pont wieder in eine fantastische Welt der Hobbits, Orks, Elben, Zwerge, Hexen... Bevor die Tolkien Tage beginnen, gibt‘s aber eben noch eine Menge zu tun. „Meine Finger sind schon ganz wund“, verrät Christina Parmak-Fischer. Gerade erst hat sie drinnen einige Holzschilder lackiert und später muss sie draußen bei der imposanten Statue weitermachen. „Das Pferd hat erst die Pediküre bekommen“, sagt sie und deutet auf die glänzenden Hufen. Dabei ist ihre Hauptaufgabe in Mittelerde eigentlich eine andere: Die 46-Jährige hat sich auf Tolkienografie spezialisiert, also auf das Fotografieren von Charakteren aus den Büchern von J.R.R. Tolkien.
Während Christina Parmak-Fischer über die große Wiese mit den vielen Hütten führt oder, besser, durch das baldige „Lager von Rohan“, erzählt sie von ihrer Faszination für Fantasy. Alles begann mit diesem „grauenhaften Zeichentrickfilm von 1978“, sagt sie und lacht. „Meine Mutter dachte, das wäre etwas Nettes für Kinder.“ Von wegen. „Stattdessen hatte ich jahrelang Alpträume davon.“ Und doch, die Geschichte ließ sie einfach nicht mehr los. Mit elf Jahren las sie „Der Hobbit“, „das ist ja immer die Einstiegsdroge“, mit zwölf Jahren dann „Der Herr der Ringe“. Die Geschichten gehen ihr unter die Haut, übrigens auch buchstäblich. Auf ihren Unterarm hat sie den Baum von Gondor tätowieren lassen, außerdem den Ring von Galadriel und, sie dreht ihren Arm etwas, „natürlich Efeu, das für die Elbenvölker steht“. Achja, und dann ist da ja noch der erste Satz aus dem ersten Film „Die Gefährten“: „I amar prestar aen.“ Was das bedeutet, wissen Fans natürlich. Für alle anderen übersetzt sie schnell: „Die Welt ist im Wandel“.
Tolkienografie: Fotos von Hobbits im Wald
Spätestens jetzt ist klar: Christina Parmak-Fischer liebt alles, was mit Fantasy zu tun hat. Aber sie liebt es auch, mit der Kamera unterwegs zu sein. „Als meine Tochter geboren wurde, habe ich angefangen zu fotografieren“, erzählt sie. „Dann habe ich mich auch mit Photoshop beschäftigt und festgestellt, dass man großartige Dinge damit machen kann.“ Und so wurde aus zwei Hobbys, Tolkien und Fotografie, eine Leidenschaft: Tolkienografie! Was genau dahinter steckt, kann sie am besten auf ihrem Smartphone zeigen. Na, wenn das nicht zwei Hobbits sind? Die 46-Jährige nickt. „Sonst sieht man immer nur süße Hobbitfrauen mit hübschen Blumenkränzen“, sagt sie, „aber Merry und Pippin, die eine wichtige Rolle in der Geschichte haben, werden immer zu wenig wertgeschätzt.“ Sie wollte es anders machen, wollte den Fokus auf ebenjene Charaktere setzen. Und so spazieren Merry und Pippin durch den Wald, klettern einen Baumstamm hoch... auf dem das Gesicht eines Ents, eines „Baumhirten“, zu sehen ist.
„Das Originalbild hat zweieinhalb Minuten gedauert, inklusive auf den Baum klettern“, erklärt Christina Parmak-Fischer, „aber für die Postproduktion habe ich vier Stunden gebraucht.“ Klar, das ist immer von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Das Bild von der Elbin auf dem Pferd beispielsweise, sie zeigt die mystische Szene, war viel schneller fertig. Mittlerweile hat sie einen Fundus von über 250 Kostümen, schätzt sie, sodass sich Interessierte in so ziemlich jede Figur aus der Tolkienwelt verwandeln können. Neben privaten Fotoshootings und großen Fotoprojekten ist die 46-Jährige aber auch fürs Dokumentieren einer Veranstaltung quasi direkt vor ihrer Haustüre zuständig... „Wenn man jemanden bei den Tolkien Tagen total hektisch mit Kleid und Kamera rumhechten sieht, bin ich das sehr wahrscheinlich“, sagt sie und lacht. Dort drüben, sie zeigt auf einen Banner, „das Bild habe ich zum Beispiel gemacht.“ Solche Cosplayer, die besonders aufwändige Kostüme tragen, versucht sie immer vor die Linse zu bekommen.
Cosplayer bei dem Tolkien Tagen in Geldern
Tolkien Tage in Geldern
Die Tolkien Tage sind über die Jahre immer größer geworden und laut Organisator mittlerweile die größte Veranstaltung zu den Werken des britischen Erfolgsautors weltweit. Allein 2023 sind rund 11.000 Gäste zum Eichental Pont, Bruchweg 58-64 in Geldern, gekommen. Die Tagestickets für die Tolkien Tage 2024 sind bereits ausgebucht. Lediglich einige der neuen Tribünentickets, inklusive VIP-Paket, sind noch verfügbar.
Alle Besucherinnen und Besucher können sich auf eine fantastische Reise nach Mittelerde freuen. Darstellerinnen und Darsteller laufen übers Gelände oder spielen Musik. Besucherinnen und Besucher können u.a. ein Auenlandmodellhaus bauen, Greifvögel bewundern oder Bogenschießen ausprobieren. Erstmals gibt‘s eine Tribüne „im elbischen Design“. Es besteht auch die Möglichkeit, bereits erworbene Tickets auf die Tribünenkategorie aufzustocken.
Die Organisatoren weisen darauf hin, dass die üblichen Parkplätze aufgrund von Starkregen unter Wasser stehen. Deshalb kann es zu längeren Wartezeiten bei der Anreise kommen. Um zu dem Ausweichparkplatz zu gelangen, folgen Besucherinnen und Besucher ab dem grünen Ortsschild „Pont“ an der B58 einfach der entsprechenden Ausschilderung.
Alle Infos zum Programm sowie bald auch wieder die Tickets fürs kommende Jahr sind online zu finden unter www.tickets.tolkientag.de. Christina Parmak-Fischer stellt sich und ihre Tolkienografie auf einer eigenen Website vor: www.christina-fischer-fotografie.de
Und was wird sie selbst tragen? „Letztes Jahr hatte ich noch eine Rüstung mit Kettenhemd“, antwortet Christina Parmak-Fischer. Aber weil das „brutal heiß“ war, wie sie sagt, wird‘s dieses Jahr etwas einfacher: „Ein Kleid mit Rohan-Stickerei, aber trotzdem mit Leder, damit man auch erkennt, wozu ich gehöre.“ Denn irgendwie, „es war ein fließender Übergang“, hat sie sich von einer Besucherin nicht nur in eine Fotografin, sondern auch in eine Helferin und Cosplayerin verwandelt. So wird sie am Wochenende wieder als Bewohnerin von Rohan über die Wiese laufen, von Lagerküche zu Pferdeställen bis hin zur Königshalle. Schon jetzt freut sie sich auf die Tage und das nicht etwa nur wegen der Magie: „Wir erschaffen uns jedes Jahr aufs Neue eine Welt, wie sie sein sollte“, erklärt sie. „Alle arbeiten zusammen für ein Ziel.“ Es ist und bleibt eine Non-Profit-Veranstaltung oder, wie sie es formuliert, „ein großes Familienfest“, nur dass sich unter die Menschen eben immer auch noch Hobbits, Orks, Elben, Zwerge, Hexen mischen...