An Rhein und Ruhr. Während Bus und Bahn stillstehen, klingeln bei den Sharing-Anbietern die Kassen. Nutzer müssen teils nach einem freien Roller suchen.
Während der ÖPNV in der Region erneut bestreikt wird, suchen sich die Menschen Alternativen, um vom Fleck zu kommen. Wer in der Stadt unterwegs ist, findet eine solche quasi an jeder Straßenecke: E-Scooter, E-Bikes und auch Leihwagen. Gerade an den Streiktagen erfreuen sie sich besonders großer Beliebtheit, wie die Anbieter berichten. Zu Stoßzeiten müssen Nutzer auch weitere Fußwege in Kauf nehmen, um ein freies Fahrzeug zu finden.
Doppelte bis dreifache Nachfrage nach E-Scootern an Streiktagen
„Wir haben einen bemerkenswerten Anstieg in der Nutzung während der Streiktage in verschiedenen Städten beobachtet“, erklärt eine Sprecherin des Anbieters „Bolt“ auf Anfrage. Durchschnittlich seien während der Streiktage mehr als doppelt so viele Fahrten gebucht als gewöhnlich. „Am vergangenen Samstag gab es sogar einen zweieinhalbfachen Anstieg.“
Konkurrent „Voi“ spricht ebenfalls von einer doppelt so hohen Auslastung an Streiktagen in NRW. „Deutschlandweit wurde mit rund 150.000 Fahrten am 1. März sogar ein unternehmensweiter Rekord eingestellt“, berichtet ein Sprecher. „Dasselbe gilt für Dortmund, Bochum und Bonn. Auch hier markiert der 1. März ein Allzeithoch.“
Ein weiterer Anbieter, „Tier Mobility“, spricht im Vergleich zu normalen Tagen sogar von zwei bis drei Mal so vielen Fahrten. Vor einem Streik stelle man die Fahrzeuge auch gezielt an ÖPNV-Haltestellen auf. Der Anbieter „Lime“ derweil spircht von einer bis zu vierfachen Auslastung in Düsseldorf und Köln.
Hohe Auslastung zu Spitzenzeiten
„Bolt“ derweil hatte an den Streiktagen nach eigenen Angaben rund 25 Prozent mehr Fahrzeuge im Einsatz als üblich. Besonders zu Stoßzeiten zwischen 7 und 9 Uhr morgens und zwischen 18 und 21 abends verzeichne man generell eine erhöhte Auslastung, so die Sprecherin.
Regeln für E-Scooter-Fahrer
E-Scooter sind nicht nur kleine Tretroller, sondern richtige Kraftfahrzeuge. Die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) weist daher auf wichtige Regeln für den Betrieb hin. In Deutschland muss man mindestens 14 Jahre als sein, um einen E-Scooter fahren zu dürfen. Auf einem Roller darf dabei nur eine Person fahren.
Der Roller muss auf dem Radweg, Fahrradstreifen oder auf der Straße gefahren werden. Gehwege und Fußgängerzonen sind tabu. Hat das Fahrzeug keinen Blinker, muss beim Abbiegen ein Handzeichen gegeben werden.
Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 Stundenkilometer. Die Fahrzeuge von Sharing-Anbietern haben automatische Bremsen, die das Tempo einhalten. Geparkt werden müssen die E-Scooter in dafür vorgesehenen Bereichen oder, wenn es diese nicht gibt, so, dass Verkehrswege nicht blockiert werden. (dpa)
„Da wir uns auf eine erhöhte Auslastung vorbereitet haben, indem wir möglichst viele Fahrzeuge mit vollen Batterien ausgestattet haben, konnten wir in weiten Teilen die erhöhte Nachfrage bedienen.“ Zu Spitzenzeiten hätten jedoch an manchen Standorten nicht immer genügend Fahrzeuge zur Verfügung gestanden, sagt sie weiter.
E-Scooter werden gezielt an ÖPNV-Stationen abgestellt
„Voi“ sieht die E-Scooter als Ergänzung zum ÖPNV, wie der Unternehmenssprecher sagt. Bereits an normalen Tagen verbinden 70 Prozent der Nutzer die E-Scooter-Fahrt mit dem Nahverkehr. Dies wolle man auch weiter fördern.
„Bei Ausfällen geht es uns eher darum, im Rahmen des Möglichen die Lücken zu schließen“, betont der „Voi“-Sprecher. „Das heißt, dass unsere Teams an den Streiktagen noch aktiver und schon früh unterwegs sind, um Fahrzeuge dort aufzustellen, wo sie gebraucht werden. Vor allem an Sharing- und S-Bahnstationen.“
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Die extrem hohe Auslastung der Streiktage sei für die Jahreszeit eine absolute Seltenheit, so der Sprecher weiter. „Für uns ist das ein Beleg dafür, dass E-Scooter inzwischen nicht nur eine tragende Stütze im täglichen Verkehrsangebot sind, sondern auch, wenn Ausfälle zu kompensieren sind.“
„Voi“ ist nach eigenen Angaben in neun NRW-Städten aktiv. Darunter Düsseldorf und Essen, wo auch „Bolt“, wie in 15 weiteren Städten in NRW, E-Scooter betreibt. „Lime“ ist ebenfalls in 17 Städten in NRW aktiv. Angaben zur Flottengröße wollte keiner der Anbieter machen.
Carsharing: Nutzer haben längere Laufwege zum nächsten Auto
Doch nicht nur die Anbieter der kleinen Flitzer profitieren vom ÖPNV-Streik. Auch die Betreiber von Carsharing-Angeboten, also Leihwagen, die in den Städten spontan genutzt werden können, sprechen von einer höheren Nachfrage.
Das Unternehmen „Miles Mobility“ berichtet besonders für die Zeiten morgens, nachmittags und abends von einer hohen Auslastung. „Also zu den Zeiten, zu denen der ÖPNV für gewöhnlich eine hohe Auslastung erlebt“, sagt eine Sprecherin. „Dadurch kam es zu längeren Laufwegen zum nächsten freien Fahrzeug.“ Eine vermehrte Pendelbewegung habe man zuletzt vor allem zwischen Düsseldorf und Köln sowie von Düsseldorf nach Solingen und Wuppertal gesehen.
Mehrere Tausend Sharing-Autos in NRW-Städten
Konkurrent „Share Now“ spricht von einer 50 Prozent höheren Auslastung am vergangenen Donnerstag. Am Freitag seien sogar 60 Prozent mehr Buchungen eingegangen, berichtet eine Sprecherin. Eine komplette Auslastung der Fahrzeugflotte habe es jedoch nicht gegeben. Das Carsharing-Modell basiere darauf, dass ein Auto nach der Benutzung abgestellt und sofort vom nächsten Mieter gebraucht werden könnte. „Damit ist es in dem Sinne nahezu unmöglich, ausgebucht zu sein“, so die Sprecherin.
„Miles Mobility“ hat nach eigenen Angaben in NRW mehr als 2700 Fahrzeuge in den Städten Köln, Düsseldorf, Duisburg, Wuppertal und Solingen im Einsatz. „Share Now“ ist derweil in Düsseldorf und Köln aktiv und betreibt 1150 Fahrzeuge, die von rund 330.000 Kunden genutzt werden.