Essen. Beim 2. Tag im ÖPNV-Warnstreik rufen die Gewerkschaft und die Klima-Aktivisten zu gemeinsamen Demos auf. Der Streik läuft noch bis Mitternacht.

  • Der zweitägige Warnstreik in rund 30 kommunalen Verkehrsbetrieben in NRW führt auch an diesem Freitag, 1. März, zu erheblichen Einschränkungen für Millionen Menschen.
  • Verdi ruft mit Fridays for Future zu gemeinsamen Demos auf.
  • Die Gewerkschaft Verdi hatte zu den Arbeitsniederlegungen in NRW am Donnerstag, 29. Februar, und Freitag, 1. März, aufgerufen.
  • Gleichzeitig hat Verdi auch die Beschäftigten im Handel zu Warnstreiks aufgerufen.

Der zweitägige Warnstreik in rund 30 kommunalen Verkehrsbetrieben von Nordrhein-Westfalen führt auch an diesem Freitag zu erheblichen Einschränkungen für Millionen Menschen. Bereits am Donnerstag blieben vielerorts die Straßenbahnen und U-Bahnen in den Depots. Nur ein kleiner Teil der Linienbusse fährt erfahrungsgemäß in den Streikregionen, die von privaten Subunternehmen betrieben werden. Zu den Arbeitsniederlegungen hat die Gewerkschaft Verdi NRW aufgerufen.

Gemeinsam mit Fridays for Future will der Verdi-Landesbezirk NRW ein Zeichen setzen, um mehr Geld für den Nahverkehr einzufordern. Fridays for Future hat in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens für diesen Freitag zu Kundgebungen und Demonstrationen aufgerufen und geht davon aus, dass sich etwa in Köln auch Beschäftigte der kommunalen Nahverkehrsbetriebe daran beteiligen werden.

„KIimastreik“-Aufrufe von Verdi mit Fridays for Future in NRW am 1. März 2024

  • Düsseldorf (14 Uhr, DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Straße)
  • Duisburg (16 Uhr, vor dem Forum)
  • Dortmund (12 Uhr, Hauptbahnhof Süd-Seite)
  • Essen (15 Uhr, DGB-Haus)
  • Bochum (14 Uhr, Rathausplatz)
  • Gelsenkirchen (17 Uhr, Heinrich-König-Platz)
  • Wesel
  • Bocholt (12.30 Uhr, Bustreff
  • Münster (12 Uhr, Hafenplatz)
  • Köln (12 Uhr, Dom/Hbf)
  • Bonn (11 Uhr, Magdalenenplatz)
  • Wuppertal (13 Uhr, Lichtscheider Wasserturm)
  • Viersen
  • Jülich
  • Düren
  • Aachen (15 Uhr, Marktplatz)
  • Würselen
  • Lindlar
  • Bergisch-Gladbach (12 Uhr, Konrad-Adenauer-Platz)

ÖPNV-Streik in NRW: Hohe Streikbeteiligung, mehr als 200 Kilometer Stau auf den Autobahnen

In mehreren Regionen berichteten Vertreter der Gewerkschaft am Donnerstagmorgen von einer hohen Streikbeteiligung der Beschäftigten. Nahezu alle großen kommunalen Nahverkehrsbetriebe in Nordrhein-Westfalen wie KVB (Köln), Rheinbahn (Düsseldorf), DSW21 (Dortmund), die Stadtwerke Münster und moBiel (Bielefeld) werden wieder bestreikt. Der rund 48-stündige Warnstreik in kommunalen Verkehrsbetrieben endet nach Angaben von Verdi am Freitagabend oder in der Nacht zum Samstag mit dem jeweiligen Schichtende.

Laut ADAC Nordrhein hat sich der Nahverkehr-Warnstreik am Donnerstag innerstädtisch stärker ausgewirkt als auf den NRW-Autobahnen, auf denen es zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr in der Spitze mehr als 200 Kilometer Stau gegeben habe. Das sei für einen Donnerstagmorgen aber nicht außergewöhnlich viel. Stark betroffen war demnach der Kölner Autobahnring. Stau-Hotspots im Ruhrgebiet seien die A40 und die A3 zwischen Duisburg und Oberhausen gewesen. Auf den Einfallstraßen in die Großstädte sei es zum Beispiel in Köln und Düsseldorf zu vielen Verzögerungen von in der Regel fünf bis 15 Minuten gekommen, teilweise auch länger.

ÖPNV-Streik in NRW: Verdi ruft zu Warnstreiks in ganz Deutschland auf

Bundesweit hat Verdi in der Woche von Montag, 26. Februar, bis Samstag, 2. März, zu Warnstreiks aufgerufen. Die Rede war von einem „Wellen-Streik“. Konkret hieß das laut Mitteilung, dass in einzelnen Bundesländern – mit Ausnahme von Bayern – an unterschiedlichen Tagen in diesem Zeitraum gestreikt wird. Vornehmlich werde ganztägig und überwiegend mehrtägig gestreikt. Bundesweiter Hauptstreiktag ist der Freitag. An diesem Tag haben Verdi, Beschäftigte des Nahverkehrs und die Klimabewegung Fridays for Future zum Klimastreiktag aufgerufen. Die kommunalen Verkehrsbetriebe weisen bei den Arbeitsniederlegungen ihre Fahrgäste immer wieder darauf hin, dass der Bahnverkehr mit den RE-, RB- und S-Bahn-Linien nicht von den Warnstreiks betroffen ist.

Erstmals testet Verdi am Donnerstag und Freitag seine angekündigte neue Streikstrategie, mehrere Branchen gleichzeitig auf die Straße zu schicken. Die Gewerkschaft rief zeitgleich die Beschäftigten des Einzelhandels sowie des Groß- und Außenhandels in NRW zu erneuten Warnstreiks auf. Dieser Tarifkonflikt dauert nun schon neun Monate. Die beiden Branchen verbinde die hohe Arbeitsbelastung, die Arbeit im unmittelbaren Kundenkontakt sowie entgrenzte Arbeitszeiten, begründet Verdi den gemeinsamen Streik.

Tarifverhandlungen um bessere Arbeitsbedingungen

Hintergrund des erneuten Warnstreiks sind die laufenden Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten im kommunalen ÖPNV in über 130 kommunalen Unternehmen. In NRW sind rund 30.000 Menschen in den Nahverkehrsbetrieben beschäftigt. In den Tarifverhandlungen geht es nach Gewerkschaftsangaben hauptsächlich um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Entlastung der Beschäftigten.

In NRW fordert Verdi insbesondere Entlastungstage für alle Beschäftigte sowie, dass Fahrerinnen und Fahrer am selben Ort ihren Dienst beginnen und beenden können. Übernehmen Beschäftigte auch nur vorübergehend höherwertige Aufgaben, solle ab dem ersten Tag eine Zulage gezahlt werden. Im Forderungskatalog finden sich auch Schicht- und Wechselschichtzulage für den Fahrdienst sowie die Zusage, dass Überstunden ab der ersten Minute erfasst werden. Die zweite Verhandlungsrunde ist vergangene Woche ergebnislos geblieben.

Das ist ein Schlag ins Gesicht all unserer Kolleginnen und Kollegen, die durch die Schichtarbeit und die hohe Anzahl von Überstunden ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.
Andrea Becker - Fachbereichsleiterin bei Verdi NRW

Verdi NRW wirft den Arbeitgebern vor, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. „Statt für attraktive Arbeitsbedingungen im ÖPNV zu sorgen, um auch zukünftig ausreichend Personal zu finden, sollen die Arbeitsbedingungen - unter anderem durch Arbeitszeitverlängerungen – noch verschlechtert werden“, ärgert sich Andrea Becker, Fachbereichsleiterin bei Verdi NRW. „Das ist verantwortungslos und ein Schlag ins Gesicht all unserer Kolleginnen und Kollegen, die durch die Schichtarbeit und die hohe Anzahl von Überstunden ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.“

Es bestehe ein dramatischer Arbeitskräftemangel und ein starker Druck auf die Beschäftigten bestehe. Täglich würden in allen Tarifbereichen Busse und Bahnen ausfallen, weil es nicht genug Personal gebe. Becker kritisiert, dass die Arbeitgeber bisher kein Angebot vorgelegt hätten.

Arbeitgeberverband: Streik schadet dem Ansehen des Nahverkehrs

Der Arbeitgeberverband KAV NRW wirft der Gewerkschaft vor, völlig unangemessen vorzugehen und der Attraktivität des Nahverkehrs zu schaden. Er verweist auf einen engen finanziellen Spielraum und darauf, dass zum 1. März die Gehälter, wie bereits vor längerer Zeit vereinbart, deutlich steigen. Zusätzliche freie Tage würden aus Arbeitgebersicht bei dem bestehenden Fahrermangel dazu führen, dass die dann noch vorhandenen Fahrer mehr belastet würden. Die Arbeitgeber zeigen sich optimistisch, in der dritten Verhandlungsrunde am 11. und 12. März ein „Gesamtpaket“ mit der Gewerkschaftsseite vereinbaren zu können.

Durch die frühe Ankündigung des 48-stündigen Streiks wolle man Menschen ermöglichen, sich rechtzeitig auf die Ausfälle einstellen zu können, lies die Gewerkschaft verlauten. Zu einem großen Chaos dürfte der Streik aber am Freitagabend in Gelsenkirchen führen. In der Veltins Arena treffen der FC Schalke und St. Pauli aufeinander. Erwartet werden bis zu 62.000 Fans, von denen normalerweise ein Viertel per Bus und Bahn anreist. Eine Bitte um Verschiebung des Spiels lehnte die DFL ab.

Nach Einschätzung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen nutzen durchschnittlich fünf Millionen Fahrgäste am Tag den kommunalen Nahverkehr. Da es oft Hin- und Rückfahrten sind, könnten es etwa 2,5 Millionen Betroffene sein. Zuletzt am 2. Februar bestreikte Verdi den öffentlichen Personennahverkehr nahe bundesweit. (mit dpa)

Diese Nahverkehrsbetriebe sind in NRW zum Streik aufgerufen:

  • Duisburger Verkehrsgesellschaft Aktiengesellschaft (Duisburg)
  • Rheinbahn AG (Düsseldorf)
  • WSW mobil GmbH (Wuppertal)
  • Stadtwerke Solingen GmbH (Solingen)
  • Stadtwerke Remscheid GmbH (Remscheid)
  • Bahnen der Stadt Monheim GmbH (Monheim)
  • MVG Märkische Verkehrsgesellschaft GmbH (Lüdenscheid)
  • Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr mbH (Ennepetal)
  • Hagener Straßenbahn Aktiengesellschaft (Hagen)
  • Kölner Verkehrs-Betriebe Aktiengesellschaft (Köln)
  • Stadtwerke Bonn GmbH (SWB) – Bonn
  • Stadtwerke Bonn Dienstleistungs-GmbH (SWBD) – Bonn
  • Stadtwerke Bonn Verkehrs-GmbH (SWBV) – Bonn
  • wupsi GmbH (Leverkusen)
  • WestVerkehr GmbH (Geilenkirchen)
  • Beteiligungsgesellschaft Kreis Düren mbH (BTG) – Düren
  • Niederrheinische Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft NIAG (Moers)
  • SWK Mobil GmbH (Krefeld)
  • NEW mobil und aktiv Mönchengladbach GmbH (Mönchengladbach)
  • NEW mobil und aktiv Viersen GmbH (Viersen)
  • Dortmunder Stadtwerke Aktiengesellschaft (Dortmund)
  • Vestische Straßenbahnen GmbH (Herten)
  • Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen Aktiengesellschaft (Bochum)
  • Ruhrbahn GmbH (Essen)
  • STOAG Stadtwerke Oberhausen GmbH (Oberhausen)
  • Straßenbahn Herne - Castrop-Rauxel GmbH (Herne)
  • Stadtwerke Hamm GmbH (Hamm)
  • Verkehrsbetrieb Hamm GmbH (Hamm)
  • Stadtwerke Gütersloh GmbH (Gütersloh)
  • Stadtwerke Münster GmbH (Münster)
  • REVG Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft mbH (Kerpen)
  • moBiel GmbH (Bielefeld)