An Rhein und Ruhr. Ein Landrat in Thüringen will Asylsuchende zur Arbeit verpflichten. Auch Essen prüft, ob das möglich ist. Andernorts herrscht Skepsis.
In Essen sollen Asylsuchende künftig zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Die Stadt prüft derzeit, wie eine solche Arbeitspflicht umgesetzt werden kann, berichtet der dortige Sozialdezernent Peter Renzel. Es ist ein Vorhaben, das in die aktuell mitunter aufgeregt geführte Debatte um die Steuerung von Zuwanderung hineinspielt, und das in Nordrhein-Westfalen kontrovers diskutiert wird.
Angestoßen worden ist die Diskussion um eine Arbeitspflicht für Asylbewerber bereits im vergangenen Oktober. „Die bestehenden Regelungen müssen so verändert werden, dass die Pflicht zur Arbeitsaufnahme besteht, sobald arbeitsfähige Geflüchtete aus der Erstaufnahmeeinrichtung an die Kommunen zugewiesen werden“, forderten die SPD-geführten Bundesländer in einer Beschlussvorlage für den Migrationsgipfel im November.
Arbeitspflicht für Sylbewerber: Landrat in Thüringen prescht vor
In die Beschlüsse dieses Gipfels ist die Forderung nicht eingeflossen. Dort heißt es lediglich, dass „die bestehenden Regelungen zu Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in breiterem Maße genutzt werden sollten“. Laut Paragraf 5 dieses Gesetzes „sollen, soweit wie möglich, Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient“.
Neuer Schwung ist in die Debatte durch den CDU-Landrat des thüringischen Saale-Orla-Kreises gekommen, der jetzt 150 Flüchtlinge zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten will. Geplant ist, dass sie pro Tag vier Stunden arbeiten, für einen Stundenlohn von 80 Cent. Lehnen sie die Arbeit ab, drohen ihnen Sanktionen. Der Kreis Weseler Landrat Ingo Brohl, ebenfalls CDU, hält das für grundsätzlich sinnvoll. Arbeit habe einen „positiven Mehrwert für die Menschen, die sie verrichten“, trage zur Integration bei und erhöhe die gesellschaftliche Akzeptanz für die Menschen, die sie verrichteten.
Weseler Landrat für bundesweit einheitliches Vorgehen bei Arbeitspflicht
Jedoch fordert Brohl ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen, verbunden mit einer Unterstützung der Kommunen. Schließlich müssten diese die entsprechenden Angebote vor Ort schaffen und Ressourcen und Personal zur Verfügung stellen. Ähnlich argumentiert Peter Hinze, Bürgermeister von Emmerich. Auch der Sozialdemokrat hält die Verpflichtung von Flüchtlingen zu gemeinnütziger Arbeit für prinzipiell „in Ordnung“, fordert aber eine einheitliche Lösung und sieht offene Fragen: Etwa, welches Personal die Flüchtlinge anleiten soll oder wie Sprachbarrieren überwunden werden sollen.
Bei den kommunalen Spitzenverbänden herrscht Skepsis. Der Städtetag NRW hat das Vorhaben bereits im November rundum abgelehnt. Viel wichtiger sei es, dass Asylbewerber leichter eine reguläre Arbeit aufnehmen könnten.
Auch der Städte- und Gemeindebund NRW hält es für hilfreicher für die Wirtschaft und für die Integration, wenn Flüchtlingen ein schnellerer Zugang zum regulären Arbeitsmarkt ermöglicht würde. „Die meisten Menschen wollen arbeiten. Das gilt auch für Geflüchtete. Die Möglichkeit, sie zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, ist daher in der Praxis kaum relevant“, so Sprecher Philipp Stempel. Zudem wäre die Umsetzung einer Arbeitspflicht „mit großem Aufwand und Bürokratie verbunden“, warnt Stempel.
Essens Sozialdezernent: Arbeit ist hilfreich für den Spracherwerb
Olaf Gericke, Präsident des Landkreistags NRW, hält eine Arbeitsverpflichtung zwar „neben vielen anderen Maßnahmen“ für einen möglichen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen, gibt aber zu Bedenken, dass „die praktische Umsetzung nicht ganz einfach sein dürfte“.
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Essens Sozialdezernent Peter Renzel hingegen hält die Einführung der Arbeitspflicht für arbeitsfähige Flüchtlinge auch ohne bundeseinheitliche Regelung für umsetzbar. Bereits jetzt leisteten viele Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften in der Stadt freiwillig gemeinnützige Arbeit, beispielsweise in der Grünpflege oder der Reinigung der Einrichtungen. Arbeit diene der Tagesstruktur und helfe beim Spracherwerb. „Es ist der richtige Weg, das verpflichtend zu machen.“