Nordrhein-Westfalen. Zuletzt hatte sich die Hochwasser-Lage in NRW etwas entspannt, doch in den kommenden Tagen könnte sich die Situation wieder verschärfen.
Es scheint, als wolle der Regen in NRW gar nicht mehr aufhören, das Wasser in den Flüssen steigt an vielen Stellen über die Warnmarken, teilweise über Stufe zwei hinaus. Straßen wurden gesperrt, Keller liefen voll Wasser, mitunter mussten sogar Einwohner evakuiert werden.
Nachdem sich die Lage in den vergangenen Tagen etwas beruhigt hatte, hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) bis Donnerstag Dauerregen angekündigt, der die Lage wieder verschärfen könnte.
Hochwasser sorgt für kreative Lösungen
Vor allem in Südwestfalen und im Bergischen Land könnten dadurch die Pegelstände von Bächen und kleineren Flüssen ansteigen. Auch Überflutungen von Straßen seien möglich, warnte der DWD. In einigen Regionen könnten bis Donnerstagmorgen 60 bis 80 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fallen. Die Hochwasservorhersagezentrale erwartet am Rhein von Mittwoch an wieder steigende Pegelstände.
In Voerde hat die Feuerwehr bereits drei mobile Toilettenwagen aufgestellt, weil die Kanalisation überlastet ist. Die Feuerwehr und die Stadt suchen nach einer schnellen Lösung, die Anwohner hatten sich schon Ausweichmöglichkeiten ausgeguckt.
In Dinslaken sorgte ein Anwohner mit einer Benzinpumpe dafür, dass die überflutete B8 wieder befahrbar war. Die Behörden waren nicht zuständig oder im Urlaub. Die Sorge, dass die Unterführung an der Brinkstraße wieder voll Wasser laufen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Im besten Fall ist der für das überschüssige Wasser vorgesehene Abflussschacht wieder frei.
Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), die aktuelle Pegelstände und Prognosen auf dem Portal „Elwis“ teilt, erwartet für den Rhein an der Messstelle Duisburg-Ruhrort am Samstag Pegelstände von über neun Metern. Das entspricht einer Steigerung von rund zweieinhalb Metern gegenüber dem jetzigen Stand. Im Laufe der kommenden Tage könnten die Zahlen aber auch variieren, zunächst ging der WSV gar von 9,50 Meter aus.
LANUV beobachtet Hochwasserlage intensiv
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sei bereits seit einer Woche vor Weihnachten intensiv mit der Hochwasserbeobachtung beschäftigt, sagt Pressesprecherin Birgit Kaiser de Garcia. Die Mitarbeitenden im hydrologischen Dienst beobachteten den ganzen Tag über die Lage und die Pegelstände, mindestens zweimal am Tag gebe es einen Lagebericht, „sodass wir das im Blick haben“, erklärt die Pressesprecherin.
Im hydrologischen Dienst seien mindestens sieben Personen im Einsatz, „die immer in Bereitschaft sind und für diesen Hochwasserdienst aktiviert werden.“ Diese würden dann zum Beispiel herausfahren, um Grundwasserstände zu messen oder gegebenenfalls Störungen an Pegelmessgeräten zu beheben.
Letzteres sei allerdings bei dem Hochwasser im Ahrtal öfter vorgekommen, in den vergangenen Wochen aber nicht, denn die Fließgeschwindigkeit der Gewässer sei aktuell deutlich niedriger, betont Kaiser de Garcia. Generell sei das LANUV mit der aktuellen Hochwasserlage aber sehr beschäftigt.
Die Pegelstände steigen in den nächsten Tagen wieder, im Rhein komme das Ganze durch die vielen Zuflüsse mit etwas Verzögerung an, sagt Kaiser de Garcia. Kritisch sei die Lage aktuell an der Weser, wo an vielen Stellen immer noch deutlich erhöhte Pegelstände vorliegen.
„Es ist alles aufgeweicht. Die Leute, die dort die Deiche beobachten, sind in Alarmstimmung.“ Die größten Niederschlagsmengen sollen in der Eifel und im Sauerland herunterkommen, sagt Kaiser de Garcia. Außerdem sei auch der Norden von NRW stärker betroffen.
Deichgräf hadert mit Auswirkung auf die Weiden
Ingo Hülser, Deichgräf beim Deichverband Mehrum in Voerde, berichtet: „Wir waren am Deich und haben größere Treibholzstücke klein geschnitten, damit die den Deich nicht beschädigen.“ Da die Vorhersage des Pegelstands bereits reduziert wurde, „habe ich die Hoffnung, dass der Wasserstand hier weiterhin keine Probleme macht“, sagt Hülser.
Aus landwirtschaftlicher Sicht sei das Hochwasser natürlich kontraproduktiv: „Die Grasnarbe leidet und es wird Schlick auf die Weiden gespült. Außerdem steht das Wasser sehr lange da drauf. Da muss man mal schauen, wie es im Frühjahr aussieht.“
Die Zäune zu reparieren und das Treibgut aus den Weiden herauszuräumen, sei jedes Jahr ein Riesenaufwand, erklärt der Landwirt, der direkt am Rhein in Spellen einen Hof betreibt.
ADAC warnt vor Gefahren im Straßenverkehr
Der ADAC in NRW rät Autofahrern aufgrund der Wettervorhersage zu besonderer Vorsicht und warnt vor Aquaplaning. „Durch eine angepasste Fahrweise mit reduzierter Geschwindigkeit und mehr Sicherheitsabstand sowie einer Reifen-Profiltiefe von mindestens vier Millimetern kann die Gefahr bereits im Vorfeld reduziert werden“, sagt Verkehrsexperte Roman Suthold.
Auch beim Abstellen des Fahrzeugs gilt besondere Vorsicht: Wer sein Auto in einem Hochwasser-Gefahrengebiet parkt, sollte entsprechende Warnungen vor Überschwemmung im Auge behalten und das Fahrzeug rechtzeitig entfernen.
Ist ein Auto überflutet, rät der ADAC von Startversuchen im Wasser ab. Unter Umständen kann der Wagen wieder funktionieren, aber nur, wenn er nach der Havarie nicht gestartet wird. Ansonsten droht ein kapitaler Motorschaden.