An Rhein und Ruhr. Ärzte in NRW behandeln wieder mehr Corona-Patienten. Für wen lohnt sich eine Booster-Impfung? Welche Nebenwirkungen sind möglich? Ein Überblick.

Husten, Schnupfen, Fieber und zwei rote Striche auf dem Schnelltest: Patienten mit einer Covid-Erkrankung zu behandeln, ist für Hausärztin Petra Voßbeck aktuell Alltag. Seit August suchen wieder mehr Corona-Erkrankte ihre Praxis in Duisburg-Buchholz auf, zurzeit seien es rund 30 pro Woche. „Im Winter werden es bestimmt noch mehr“, sagt sie, denn: „Die neue Welle läuft schon lange.“

Nicht nur in Voßbecks Praxis sitzen wieder mehr Menschen mit einem positiven Test. In ganz Deutschland steigt die Zahl der Arztbesuche mit Covid-Diagnose, wie der „Pandemieradar“ des Bundesgesundheitsministeriums zeigt. Auch Todesfälle und neue Krankenhaus-Patienten wegen Corona steigen, wenn auch auf einem niedrigen Niveau.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) rät, sich impfen zu lassen, „um eine Basisimmunität aufzubauen“. Doch auf wen trifft das zu? Wann ist eine vierte oder fünfte Impfung sinnvoll? Welche Nebenwirkungen können auftreten? Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Corona-Impfung.

Wer sollte sich jetzt gegen Corona impfen lassen?

Allen Erwachsenen ab 18 Jahren rät die Ständige Impfkommission (Stiko) zur Basisimmunität. Diese wird erreicht, indem man dreimal Kontakt zu Corona-Erregern hatte, entweder durch Impfungen oder Infektionen. Dabei gelten zwei Einschränkungen: Mindestens zwei der Kontakte sollten durch Impfungen erfolgt sein und eine Infektion sollte nur gezählt werden, wenn drei Monate zwischen Infektion und Impfung liegen.

Die Stiko plädiert weiterhin dafür, sich nach ihrer Empfehlung impfen zu lassen, da dadurch die Zahl der schweren Krankheitsverläufe, Langzeitfolgen und Todesfälle reduziert werde. Zudem würden Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitsbereich geschützt. Nach Angaben des RKI haben 76,4 Prozent der Bevölkerung mindestens zwei Impfungen erhalten. In NRW sind es drei Prozentpunkte mehr.

Für wen ist eine vierte oder fünfte Impfung sinnvoll?

Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Verläufe empfiehlt die Stiko, die Basisimmunität einmal im Jahr durch eine weitere Impfung aufzufrischen. Zu dieser Gruppe zählt sie folgende Personen:

  • alle ab 60 Jahren,
  • Bewohner in Pflegeeinrichtungen,
  • Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Adipositas sowie Krankheiten der Atmungsorgane, Leber, Niere und des Herkreislaufsystems,
  • Beschäftigte des Pflege- und Gesundheitsbereichs mit direktem Patientenkontakt sowie
  • Angehörige von Menschen, bei denen eine Impfung „vermutlich keine schützende Immunantwort erzielt“.

Diese Menschen sollten sich also ein viertes oder fünftes Mal impfen lassen. Für alle anderen sei eine Auffrischungsimpfung nicht nötig, da der Großteil der Bevölkerung mehrfach geimpft und durch weitere Infektionen zusätzlich geschützt sei.

Wann sollte eine Auffrischungsimpfung erfolgen – und mit welchem Impfstoff?

Eine zweite oder dritte Booster-Impfung sollte jeweils zwölf Monate nach der letzten Impfung oder Infektion erfolgen – wenn möglich im Herbst, „damit vulnerable Personen auch bei möglicherweise steigenden Infektionszahlen im Herbst und Winter bestmöglich geschützt sind“, so die Stiko.

Dabei sollte am besten ein Impfstoff verwendet werden, der gegen aktuelle Corona-Varianten angepasst ist. Bisher hat die EU-Kommission zwei Stoffe zugelassen, die besonders gegen die Omikron-Sublinien schützen: Comirnaty von Biontech/Pfizer und Spikevax von Moderna. Beide können „sowohl für die Grundimmunisierung als auch für Auffrischimpfungen eingesetzt werden“, teilt das Paul-Ehrlich-Institut mit.

Welche Nebenwirkungen können nach Impfungen auftreten?

Kurz nach einer Impfung gegen Corona können Nebenwirkungen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen abklingen. Am häufigsten schmerzt die Impfstelle, sie kann rot werden und anschwellen, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Zudem fühlen sich manche Geimpften müde, auch Kopfschmerzen und Fieber sind möglich. Schwerere Reaktionen sind extrem selten.

Das gilt auch für die Impfstoffe, die an neue Corona-Varianten angepasst sind. Nach den Daten, die das RKI in einem Bericht beschreibt, seien diese Stoffe ähnlich sicher und gut verträglich wie die anderen Auffrischungsimpfstoffe.

Wie kommen Menschen an eine Impfung?

Wer sich jetzt impfen lassen will, wendet sich in aller Regel am besten an den Hausarzt, da es keine zentralen Impfzentren mehr gibt. Die meisten Menschen werden aktuell von den niedergelassenen Ärzten geimpft, sagt das Bundesgesundheitsministerium. Zudem können Betriebsärzte in öffentlichen Apotheken Impfungen durchführen.

Warum sollten sich Kinder nicht impfen lassen?

Gesunde Kinder und Jugendliche sollen sich überhaupt nicht mehr impfen lassen, wenn es nach der Stiko geht. Die Expertengruppe des RKI hat die Impfempfehlung für unter 18-Jährige im Frühjahr zurückgezogen.

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Kinder würden zu wenig von einer Impfung profitieren, begründet das RKI. Zwar sei sie für Kinder weiterhin sicher, „doch potenzielle unerwünschte Ereignisse wie Myokarditiden können auch in dieser Altersgruppe nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden“, heißt es. Dabei würden die meisten Infektionen bei Kindern mild verlaufen.

Keine Impfungen für Kinder: Das sagt der Kinderärzteverband

Dass Impfungen für gesunde Kinder nicht zwingend nötig sind, sagt auch Axel Gerschlauer, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Nordrhein: „Die aktuelle Variante ist für Kinder nicht über die Maßen gefährlich.“ Nur bei schweren Vorerkrankungen wie zum Beispiel Herzfehlern, einer Lungenerkrankung oder einem schwachen Immunsystem sollten Kinder seiner Ansicht nach geimpft werden.

Nur wenige Eltern wollen gesunde Kinder impfen lassen. Das stellt Gerschlauer auch in seiner eigenen Kinderarztpraxis in Bonn fest: „Maximal jede zweite Woche fragt jemand nach einer Kinder-Impfung.“ Einige Ärzte verzichten sogar ganz darauf, weil es den Impfstoff nur in Fläschchen mit mehreren Dosen gebe. „Wer ein Kind impft, muss dann fünf Dosen wegschmeißen, und das wollen einige nicht.“

Kinder-Impfung: Dürfen Ärzte die Eltern und ihre Kinder abweisen?

Wenn sich gesunde Kinder trotzdem impfen lassen möchten, um zum Beispiel einen gefährdeten Angehörigen vor einer Infektion zu schützen, müssen sie mit ihren Eltern teilweise mehrere Praxen abfahren. Einige Ärzte weisen gesunde Kinder ab – und das dürfen sie rechtlich auch, wie das NRW-Gesundheitsministerium dieser Redaktion erklärt.

Die Entscheidung, eine medizinische Handlung wie eine Impfung durchzuführen, obliege dem Arzt. „Eine Pflicht, eine bestimmte gewünschte Leistung durchzuführen, besteht nicht“, sagt ein Ministeriumssprecher. Selbst, wenn das Kind vorerkrankt ist und damit laut Stiko-Empfehlung geimpft werden sollte, sei ein Arzt nicht dazu verpflichtet, „da es sich bei einer Impfung nicht um einen Notfall handelt“.

Trotzdem sollten Eltern bei Praxen nach Impfungen für ihre Kinder fragen, rät der Apothekerverband Nordrhein: „Für Kinder ist der erste Ansprechpartner der Kinderarzt“, sagt Vorsitzender Thomas Preis. Zudem könnten Kinder ab zwölf Jahren in Apotheken geimpft werden.