An Rhein und Ruhr. 938 Meisterabsolventinnen und -absolventen begrüßt die Handwerkskammer Düsseldorf in ihren Reihen. Diese Forderungen gibt es an die Politik.

Das Handwerk an Rhein und Ruhr hat die Coronajahre gut überstanden. Zu dieser Einschätzung kommt Andreas Ehlert, der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf. „938 Meisterabsolventinnen und -absolventen brachte das Jahr 2022 hervor. Damit sind wir wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. Und besonders positiv stimmt mich die Tatsache, dass zwei Drittel der Jungmeisterinnen und -meister nun bereit für eine eigene Gründung sind.“ 89 Prozent der befragten Absolventen wollen zudem ihr frisch erworbenes Wissen weitergeben und selbst ausbilden. Viel Hoffnung setzt Ehlert etwa in engagierte Nachwuchskräfte wie Hanna Kießler (Malerin und Lackiererin) und Robert Baumann (Kälteanlagenbauer), die in ihrem Fachhandwerk als Jahrgangsbeste ausgezeichnet wurden.

Kein „Musterschüler“

Der Reeser Robert Baumann, nach eigenem Bekunden „kein Musterschüler“, begann nach der mittleren Reife an der Realschule auf der Berufsschule aufzublühen. „Auch da fiel es mir noch nicht so leicht mit dem Lernen, aber durch die praktischen Anteile konnte ich mir viele Dinge erarbeiten.“ Die Ausbildung im „Technischen Modellbau“ lag ihm, schon früh in der Kindheit hatte er auf dem Bauernhof, auf dem er groß geworden ist, Spaß am Reparieren und Montieren.

Mit 26 Jahren hat er den Meistertitel als Kälteanlagenbauer, auf diesen Bereich ist er inzwischen umgesattelt, in der Tasche. Und könnte schon bald zusammen mit einem Partner den Betrieb seines derzeitigen Chefs in Hamminkeln übernehmen. „Das ist eine Idee, über die wir nachdenken.“ Wichtig ist Baumann dabei das Thema Ausbildung. Nachdem es einige Zeit lang keine Azubis gab, werde es künftig wieder Stellen geben – mit ihm als Ausbilder, der sein Wissen weitergibt.

Kein direkter Weg zum Handwerk

Für Hanna Kießler führte ihre Karriere nicht auf direktem Wege zum Handwerk – dabei ist ihr Vater Malermeister mit eigenem Betrieb. „Meine Eltern hatten das nie für mich vorgesehen.“ Die Düsseldorferin begann nach dem Abitur 2012 im Jahr 2013 eine kaufmännische Ausbildung inklusive staatlich geprüftem BWL-Abschluss bei Ikea, startete im Anschluss ein Studium des Bauingenieurwesens. „Ich merkte aber, dass das nicht ich bin.“ Sie entschied sich für das Malerhandwerk, machte ihren Gesellenabschluss mit Bestnote und nun auch ihren Meister.

Übrigens: Auch auf dem sozialen Netzwerk „Instagram“ hat sich die 30-Jährige einen Namen gemacht. Ihrer Seite „fraeulein_handwerk“ folgen bereits fast 7300 Menschen und erleben dort Einblicke in den Maler- und Lackierer-Alltag. „Auf die Idee bin ich gekommen, als ich einen Abend zusammen mit Freundinnen in einer Kneipe saß. Die schauten mich an und wollten wissen, warum ich so kaputt aussehen würde. ‘Ja weil ich den ganzen Tag auf dem Boden gekrochen bin und Teppich verlegt habe’, antwortete ich und schaute in fragende Gesichter.“ Dass sie eben nicht nur mit Farben hantiert, sondern zum Malerberuf noch viel mehr gehört, sei eine Neuigkeit gewesen. Das sei der Antrieb gewesen, mit kurzen Videobeiträgen zu zeigen, wie vielfältig ihre Tätigkeit sei.

Beruf und Familie vereinbaren

Stark macht sich Hanna Kießler ebenfalls für Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Wenn ich als Selbstständige während der Schwangerschaft nicht arbeiten kann, verdiene ich kein Geld.“ Sich aber überlegen zu müssen, die eigene Gesundheit oder die des ungeboren Kindes riskieren zu müssen, sei ein riesiges Problem.

In Kammerpräsident Horst Ehlert hat Kießler bei diesem Thema einen Verbündeten. „Es ist ein Skandal, dass wir nicht weiter sind. Gesellschaft und Politik müssen endlich Lösungen auf den Weg bringen.“ Und diese hätte es längst gegeben. „Ich war Mitglied einer Enquetekommission im Landtag, alle Parteien stimmten zu, dass etwas getan werde müsse.“ Noch sei zu wenig geschehen.

Zahl der Handwerksbetriebe ist konstant

Auch wenn die Zahl der Handwerksbetriebe im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer Düsseldorf (der gesamte Regierungsbezirks Düsseldorf) konstant sei und bei etwas um die 60.000 Unternehmen liegt, gebe es in vielen Bereichen Handlungsbedarfe. „Neun von zehn Kommunen mit den höchsten Gewerbesteuersätzen im Bundesgebiet liegen in NRW“, führt Ehlert an. Die Last der Sozialabgaben steige beständig, die diskutierten Änderungen beim Gebäudeenergiegesetz (Stichwort: Gasheizungen) sind ein mögliches Bürokratiemonster.

Der Kammerpräsident klagt zudem über mangelnde Gewerbeflächen. „Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, geeignete Gelände zu finden.“ Die Handwerksunternehmen unterstützen das politische Ansinnen, den Individualverkehr mit dem eigenen Auto zu verringern. „Aber Handwerker müssen weiterhin mit ihren Wagen vorfahren können.“

In insgesamt 31 Handwerksberufen haben Handwerkerinnen und Handwerker im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer Düsseldorf Meisterprüfungen abgelegt. Nachdem in den Vorjahren die Absolventenzahl aufgrund der Coronapandemie deutlich niedriger lag, als im langjährigen Schnitt (786 im Jahr 2020, 826 im Jahr 2021), zog sie für den Jahrgang 2022 mit 938 wieder deutlich an. Kfz-Technikerinnen und -Techniker stellen als größter Meisterberuf alleine 166 Absolventen. In den „Top 5“ folgen das Friseurhandwerk mit 117, die Installateure und Heizungsbauer mit 90, das Tischlerhandwerk mit 89, die Elektro- und Informationstechnik mit 70 und das Maler- und Lackiererhandwerk mit 68 bestandenen Prüfungen. Im Lebensmittelgewerbe gab es dagegen nur drei Absolventen. Nur jeder fünfte erfolgreiche Absolvent ist weiblichen Geschlechts (19,1 Prozent; gegenüber 22,9 Prozent im Jahr 2021).