Rheinberg. Der TerraZoo Rheinberg hat ein neues Highlight. Das traurige Schicksal von Alligator „Ophelia“ bewegt Besucher in NRW. Wir haben sie besucht.

Ophelia wirkt tiefenentspannt. Ihre Schnauze legt die Albino-Alligator-Dame auf der Brücke in ihrem Terrarium ab, den Rest ihres schneeweißen Körpers lässt sie im Wasserbecken treiben. Bei derartiger Lässigkeit glaubt man kaum, dass das Jungtier erst seit zwei Wochen im TerraZoo in Rheinberg zuhause ist. „Sie hat sich super eingewöhnt, ist gar nicht mehr scheu und ist sehr interessiert an den Besuchern“, berichtet Tierpfleger Niklas Schumacher stolz. Dabei würde es bei ihrer traurigen Vorgeschichte nicht verwundern, wenn Ophelia Menschen gegenüber deutlich abgeneigter wäre.

Eingewickelt in Frischhaltefolie, kaum in der Lage zu atmen, hat der Zoll am Münchener Flughafen das auf zwei Jahre geschätzte Tier im Koffer eines Geschäftsmannes gefunden. Der wollte Ophelia lebend von den USA nach Singapur schmuggeln, wo nach Angaben des Zolls bis zu 75.000 Euro für Albino-Alligatoren gezahlt würden. Nur 60 Tiere dieser Art gibt es weltweit, der Zoo in NRW kann also eine echte Seltenheit in seinen Terrarien begrüßen.

Albino-Alligator im TerraZoo: Worauf die Pfleger bei Ophelia achten müssen

Der schlechte Gesundheitszustand, in dem Ophelia gefunden wurde, ist glücklicherweise Vergangenheit. Knapp über einen Meter misst sie nun, auf bis zu drei Meter soll sie noch wachsen. Nachdem sie in der Münchener Tierauffangstation aufgepäppelt worden ist, hält sie nun die Pfleger in Rheinberg auf Trab. Dreimal wöchentlich bekommt sie Leckerbissen wie Mäuse, Eintagsküken und Fisch.

Schrecklicher Anblick: So fand der Zoll Albino-Alligator Ophelia im Gepäckstück eines Schmugglers. Nun ist sie wohlauf im TerraZoo angekommen.
Schrecklicher Anblick: So fand der Zoll Albino-Alligator Ophelia im Gepäckstück eines Schmugglers. Nun ist sie wohlauf im TerraZoo angekommen. © HAUPTZOLLAMT MÜNCHEN

„Außerdem müssen wir bei ihr auf das UV-Licht achten, denn ihre Augen sind deutlich empfindlicher als die von anderen Alligatoren“, erklärt Schumacher. „In der freien Natur wäre sie als Jungtier kaum überlebensfähig, da sie durch ihre weiße Farbe leichter für Fressfeinde erkennbar ist.“

Seltener Gendefekt: Wie entsteht Albinismus bei Tieren?

In ihrem Rheinberger Privatterrarium hat Ophelia aber sogar Vorteile durch ihre außergewöhnliche Färbung: regelmäßigere Beauty-Behandlungen durch die Tierpfleger als ihre grüngrauen Artgenossen. „Grünspan und Algen sieht man bei ihr natürlich schneller. Also müssen wir sie häufiger schrubben“, sagt Niklas Schumacher lachend. Wie bei anderen Lebewesen entsteht der Albinismus bei Alligatoren durch eine zufällig auftretende Genmutation. Bei der Paarung ist dieses Gen rezessiv, die „normale“ Färbung des Partners setzt sich also durch. Weiße Baby-Alligatoren lassen sich also nur züchten, indem man zwei Albino-Tiere zusammenbringt.

Diesem Auftrag geht zurzeit Ophelias Vorgängerin Betty nach, die über viele Jahre die Besucher in Rheinberg begeisterte. In einem Reptilienpark in der Bretagne, nahe Bordeaux, soll sie Albino-Alligator-Nachwuchs zur Welt bringen. Ihre alten Pfleger im TerraZoo sind gespannt, ob dieser Plan von Erfolg gekrönt ist: „Betty war immer unsere kleine Diva. Aber ihr Partner hat eine gute Größe, um sie in Zaum zu halten.“ Eine Rückkehr nach Rheinberg ist unwahrscheinlich.

TerraZoo Rheinberg: Besucherandrang dank seltenem weißem Alligator

Anders sieht es bei Ophelia aus, die über Jahre zum Markenzeichen des TerraZoos werden soll. „So ein besonderes Tier hat nicht jeder Zoo“, sagt Schumacher. Das honorieren offenbar auch die Besucher. Seit die Meldungen des geretteten Neuzugangs durch die Medien gingen (auch die NRZ berichtete), zieht es wieder mehr Gäste in das Exotenhaus. Ohnehin seien die kalten Monate die besucherstärkste Zeit des Jahres.

Der langjährige Zooleiter Uwe Ringelhan, der die Verantwortung mittlerweile an seine Lebensgefährtin und vorherige Stellvertreterin Silvana Czok weitergereicht hat und den Zoo nur noch im Hintergrund unterstützt, hatte erst im Oktober in dieser Zeitung die Zukunft des TerraZoos angesichts verzwölffachter Gaskosten offengehalten. Und nun? „Die Energiekrise belastet uns noch immer“, so Schumacher. „Aber wir kommen über die Runden. Und das ist zurzeit das Wichtigste.“