Moers. Das Grafschafter Gymnasium Moers hat seine Türen zum Lehrerzimmer geöffnet. Die NRZ durfte sich umsehen. Wofür die Lehrer eine Strichliste haben.

Die Stärke ihres Kaffees kann Dr. Astrid Czubayko-Reiß in Ruhe auswählen. Um sieben Uhr drängelt noch niemand hinter ihr an der Kaffeemaschine. Eine knappe Stunde vor Unterrichtsbeginn wirkt das Lehrerzimmer des Grafschafter Gymnasiums Moers noch ziemlich verwaist. Die Schulleiterin und ihr Stellvertreter Michael Gräfen haben gerade das Licht angeknipst, sie sind wie immer die Ersten, die restlichen Plätze sind noch leer.

„Die meisten Kolleginnen und Kollegen kommen eher kurz vor knapp“, sagt Czubayko-Reiß, während sie einen Strich auf der Liste bei ihrem Namen macht. Hier, im Lehrerzimmer, hat eben alles seine Ordnung. Da wird jeder gekochte Kaffee ganz genau nachgehalten.

Moerser Lehrer haben ihre festen Plätze im Lehrerzimmer

Um kurz nach sieben geht die Tür dann doch schon einmal auf. Der erste Lehrer steuert zielgerichtet auf eine der vier großen Tischgruppen im hinteren Teil des Raums zu. „Kein Lehrerzimmer ohne Sitzordnung“, sagt die Schulleiterin grinsend. Eigentlich gäbe es keine, doch jeder Lehrer habe seinen festen Platz – und auf den bestehe er oder sie auch. „Wenn der belegt ist, gibt es schon mal einen bösen Blick.“ Meist sitzen Lehrer zusammen, die die gleichen Fächer unterrichten – außer die Religionslehrer. Die sitzen nach Konfession getrennt. „Das ist aber eher ein Zufall und keine Frage des Glaubens“, betont Czubayko-Reiß.

Noch 30 Minuten bis zum Unterricht. Mittlerweile geht die Tür des Lehrerzimmers immer häufiger auf. Drei jüngere Kollegen betreten den Raum und grüßen in die Runde. Angekommen auf ihren Plätzen sortieren sie ihre Unterlagen: dicke Ordner, Biologie- und Deutschbücher liegen schon vor ihnen auf dem Tisch. Von Hektik oder Stress ist hier aber auch kurz vor dem Schulstart nichts zu spüren. Was gleich im Unterricht gelehrt wird, steht schon längst fest.

Die Lehrerinnen Melissa Niederhauser (links) und Andrea Deveci besprechen im Lehrerzimmer den anstehenden Unterricht.
Die Lehrerinnen Melissa Niederhauser (links) und Andrea Deveci besprechen im Lehrerzimmer den anstehenden Unterricht. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Für Andrea Deveci ist dieser Morgen ebenfalls ein ruhiger. Bisher muss sie kaum Änderungen am Vertretungsplan vornehmen. Da bleibt sogar noch Zeit für einen kleinen Plausch mit ihrer Kollegin. Um kurz nach halb acht klingelt dann doch das Telefon. Ein Kollege meldet sich krank. Davon sind gleich mehrere Stunden betroffen. Deveci eilt zurück an ihren Rechner. Ein paar Klicks später ploppt die Veränderung schon auf dem Fernseher im Lehrerzimmer und zeitgleich auch in den Apps der Schüler auf. In der Oberstufe fällt die erste Stunde Biologie aus, für eine sechste Klasse organisiert die Planerin eine Ersatzlehrerin, die den Unterricht in der zweiten Stunde übernimmt.

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35 Änderungen, darunter Raumverlegungen, Prüfungen oder Ausfälle stehen schon auf dem digitalen Vertretungsplan. 15 davon kamen allein in der ersten Stunde vor Unterrichtsbeginn dazu. „Früher wurde der Vertretungsplan ausgedruckt und verteilt. Heute aktualisieren wir ihn per Knopfdruck. Das ist viel effizienter“, erklärt Deveci, die jeden Morgen für die Pläne zuständig ist.

2000 bis 3000 Kopien am Tag für den Unterricht

Ganz ohne Papier geht es dann aber doch nicht, wie ein Blick in den Nebenraum zeigt. Am Kopierer hat sich mittlerweile schon eine kleine Schlange gebildet. Französisch- und Spanischlehrerin Stefanie Voisin kopiert ihr Unterrichtsmaterial. Das große Gerät spuckt eine Seite nach der anderen aus. Ihre Kolleginnen warten schon. Die Buchseiten, die sie kopieren wollen, schon aufgeklappt.

Warten am Kopierer: Die Lehrerinnen Stefanie Voisin, Katja Jenner und Eva Meiwes (v.l.).
Warten am Kopierer: Die Lehrerinnen Stefanie Voisin, Katja Jenner und Eva Meiwes (v.l.). © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

2000 bis 3000 Kopien werden am Grafschafter Gymnasium pro Tag gemacht. „Wir hoffen, den Papierverbrauch langfristig um die Hälfte reduzieren zu können“, betont Michael Gräfen. Aus Umweltschutzgründen, aber auch um den schulischen Geldbeutel zu schonen. Das Druckerpapier sei in den vergangenen Monaten mehr als 100 Prozent teurer geworden.

Um 7.50 Uhr ertönt der Schulgong dann zum ersten Mal. Noch fünf Minuten. Die ersten der gut 25 Lehrer, die an diesem Tag zur ersten Stunde starten, packen ihre Unterlagen zusammen, nehmen noch einen großen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. Zum ersten Mal wird es etwas unruhig im Lehrerzimmer.

7.55 Uhr: Es klingelt erneut. Aus dem Fenster sieht man noch ein paar Schüler im gegenüberliegenden Gebäude in die Klassenräume verschwinden. Der Unterricht beginnt. „Bis nachher in der Pause“, hört man eine Lehrerin zu ihrer Kollegin sagen. Beide verlassen das Lehrerzimmer. Die eine biegt rechts, die andere links auf die langen Flure ab.