Moers. iPad statt Schulbuch: Das stimmt nicht ganz, denn am Moerser Gymnasium Adolfinum geben sich digitales und analoges Lernen die Hand. Ein Besuch.

Am Gymnasium Adolfinum in Moers sieht der Unterricht für die siebten Klassen seit knapp zwei Wochen ganz anders aus: Statt Schulbüchern und kopierten Übungszetteln arbeiten die Schülerinnen und Schüler in einigen Fächern mit dem iPad. Der smarte Tablet-Computer soll künftig den Unterricht bereichern. Schulleiter Thorsten Klag: „Eine Balance zwischen analogem und digitalem Unterricht ist das Ziel.“

Es ist Freitagmorgen, und der Englischunterricht von Eva Redeker in der 7d kommt so richtig in Fahrt. Nebensätze sind das Thema der Stunde. Vorn schreibt Redeker etwas mit Kreide an die Tafel, daneben prangt ein QR-Code von einem riesigen Bildschirm. Den können die Schülerinnen und Schüler mit dem iPad scannen, um sich eine Übung zu den Nebensätzen auf den Bildschirm zu laden.

Mit einem digitalen Stift, der ebenso zur Grundausstattung gehört wie das Gerät und eine Schutzhülle, füllen sie die Felder aus. Wenn alles richtig ist, färbt sich das digitale Übungsblatt grün. Wer während der Übung mehr Informationen braucht, klickt auf ein Dialog-Feld und erhält nützliche Hinweise wie: „Was ist ein Nebensatz?“

An der Art und Weise, wie Redeker technischen Problemen begegnet, hätten Computerfreaks ihre Freude: Geht der Bildschirm aus, zieht sie den Stecker, wartet zehn Sekunden und steckt ihn wieder in die Buchse. Natürlich funktioniert der Bildschirm dann wieder und generell sind solche Probleme eher selten, Eigeninitiative ist aber auch an anderer Stelle angesagt.

Im Unterricht ergänzen sich die klassische, grüne Tafel und der riesige, digitale Bildschirm.
Im Unterricht ergänzen sich die klassische, grüne Tafel und der riesige, digitale Bildschirm. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Übungen wie die zu den Nebensätzen werden von Lehrerinnen und Lehrern nicht selten selbst konfiguriert, oder zumindest werden die Vorlagen aus dem Internet geprüft. „Von den Schulbuchverlagen kommt nur langsam etwas“, sagt Redeker. Die Schülerinnen und Schüler selbst stört das nicht, sie sind mit Spaß und Konzentration bei der Sache – im Fach Englisch und auch im Fach Deutsch, das Redeker praktischerweise auch unterrichtet.

„Wir haben eine Einführung bekommen, jetzt arbeiten wir mit dem iPad. Die Auto-Korrektur ist nicht unbedingt hilfreich“, sagt eine. „Manchmal ist das Lesen auf dem iPad zu klein, ein größerer Bildschirm wäre besser“, sagt ein anderer. Doch viele in der 7d möchten den Tablet-Computer im Unterricht schon jetzt nicht mehr missen, und auch privat können sie das Gerät nutzen, denn es gehört ihnen.

Der Umgang mit dem iPad ist einfach, die Schülerinnen und Schüler können sich gut konzentrieren.
Der Umgang mit dem iPad ist einfach, die Schülerinnen und Schüler können sich gut konzentrieren. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

„Die Eltern waren bereit, das Gerät, den Stift und die Hülle zu kaufen, wir haben bei der Menge einen Rabatt bekommen“, sagt Schulleiter Thorsten Klag. Nicht nur bei der Beschaffung, auch bei der Einführung ist das Adolfinum offenbar gezielt und umsichtig vorgegangen. Schüler, Eltern und Lehrer wurden gehört. So ist zum Beispiel die Entscheidung gefallen, das iPad erst ab der 7. Jahrgangsstufe einzusetzen.

Im kommenden Schuljahr soll es wieder iPads für die siebten Klassen geben, die Schulleitung spricht bereits mit Eltern der jetzigen Sechser. Wie überlegt dieser Zugang zum digitalen Lernen ist, ist auch an einer App erkennbar, die während des Unterrichts einige der viele Funktionen einschränkt. So bleibt der Fokus aller Beteiligten stets auf den schulischen Themen. Nachmittags, zuhause, ist das iPad dann wieder voll nutzbar.

Auch interessant

„Wir möchten den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihren eigenen Weg zu finden“, sagt Klag, und das gilt auch fürs Lehrpersonal. So entscheiden zum Beispiel die Fachlehrerinnen und -lehrer am Adolfinum individuell, ob sie das iPad einsetzen und, wenn ja, in welchem Umfang. Der Prozess ist lange nicht abgeschlossen, aus der aktuellen Phase werden neue Erkenntnisse gewonnen. Pädagoge Klag formuliert das so: „Das Projekt wächst, das ist wichtig für den Schulentwicklungsprozess.“

>>Info: So viele iPads gibt es an Moerser Schulen

Das digitale Lernen findet Schritt für Schritt seinen Platz neben klassischen Methoden. Wichtig ist die Ausstattung mit den Geräten. Am Adolfinum, sagt Schulleiter Thorsten Klag, hat jede Lehrerin und jeder Lehrer einen Tablet-Computer zur Verfügung gestellt bekommen.

Mit Beginn der Corona-Pandemie hat das Thema Fahrt aufgenommen, weil der Unterricht zuhause möglich sein sollte. Dazu teilt die Stadt Moers jetzt mit: „Insgesamt gibt es an den Moerser Schulen aktuell 3171 iPads, die wir über den Fachdienst Schulen und Sport technisch betreuen. Über das damalige Sofortprogramm sind 920 Geräte für Lehrkräfte und 1400 Schülerinnen und Schüler angeschafft worden. Danach gab es noch Mittel aus dem Digitalpakt, aus denen die Schule wahlweise auch weitere iPads anschaffen konnte. Zudem gibt es einige Geräte, wie die in den iPad-Klassen, die durch die Eltern finanziert wurden.“

Darüber hinaus hat die Stadt zurzeit rund 300 iPads für Schülerinnen und Schüler, die noch lizenziert werden müssen und in Kürze in die Schulen gehen.