Am Niederrhein. Der Niederrhein wird 1672 zum Aufmarschgebiet. Die Niederländer öffnen die Deiche, um die angreifenden Franzosen zu stoppen.

Das Katastrophenjahr – mit dieser Bezeichnung wird in den Niederlanden der Beginn des Französisch-Holländischen Krieges vor 350 Jahren benannt. „Het rampjaar“ begann mit der Vollendung einer anti-niederländischen Koalition aus Frankreich, England und Schweden, der sich am 4. Januar 1672 noch die Fürstbischöfe von Köln und Münster anschlossen.

Diese Koalition war auf Betreiben des französischen Königs Ludwig XIV. zustande gekommen, der Teile der Spanischen Niederlande auf dem Gebiet des heutigen Belgien und Luxemburg unter seine Krone bekommen wollte. Die anderen Partner waren aus unterschiedlichen Gründen der Koalition beigetreten, hatten aber auch territoriale Interessen gegenüber den Niederlanden.

Allianz gegen die Niederlande

Allein der Kurfürst von Brandenburg versprach ein Kontingent zur Unterstützung der Niederlande zu schicken – eine Allianz, die wesentlich vom niederländischen General und brandenburgischen Statthalter in Kleve, Johann Moritz von Nassau-Siegen auf den Weg gebracht wurde.

Im März erklärten England und Frankreich den Niederlanden den Krieg. Die englische Marine sollte in erster Linie den Seekrieg gegen die Niederlande führen, während Frankreich die Republik zu Land bekämpfte. Die Maas wurde im Mai überschritten, erst vor Orsoy stieß Ludwig XIV. auf Widerstand, denn der Ort war damals eine ausgebaute Garnison und Festung, deren niederländischer Kommandant eine kampflose Übergabe verweigerte.

Angriff des Sonnenkönigs

Die französischen Truppen, die vom „Sonnenkönig“ höchstpersönlich geführt wurden, begannen am 2. Juni mit der Belagerung und der Beschießung der Stadt. Nach einer Nacht mussten die Verteidiger einsehen, dass sie der französischen Übermacht weder standhalten noch mit Unterstützung aus den Niederlanden rechnen konnten. Gegen die Zusicherung von freiem Abzug mit Gepäck für die Offiziere, der Wahrung von Leben und Eigentum für die Soldaten und dem Schutz vor Plünderung für die Stadt wurde die Kapitulation unterzeichnet. Nach der Öffnung der Tore stellte sich jedoch heraus, dass die Zusicherung des „allerchristlichsten Königs“ wertlos war und die Soldaten ausgeraubt und verprügelt sowie die Stadt geplündert wurden.

Nach diesen Erfahrungen vermieden die niederländischen Verteidiger weitere Auseinandersetzungen und übergaben z. B. die Festung Wesel kampflos, um Militär und Zivilbevölkerung vor weiteren Übergriffen zu verschonen.

Streit unter den niederländischen Eliten

Auch die benachbarten westfälischen Territorien gerieten so schnell in französischen Besitz. Derart ungebremst erreichte der französische Monarch bereits am 12. Juni Lobith, wo er den Rhein überquerte und seine Truppen zusammenführte. Von dort zog er weiter ins Gelderland und konnte schon bald Arnheim und Utrecht einnehmen. Auch weil die niederländischen Eliten sich über die angemessene Verteidigung gegen Frankreich heillos zerstritten hatten, waren die Verteidigungsbemühungen zunächst erfolglos.

Der Volksmund kommentierte: „De regering radeloos, het volk redeloos, het land reddeloos“ (ins Deutsche übertragen etwa „Die Regierung ratlos, das Volk unvernünftig, das Land rettungslos [verloren]“). Angesichts der drohenden Einnahme von Amsterdam öffneten die Niederländer nun die Deiche, um den drängenden Feind aufzuhalten. Vom südlichen Ufer der Zuiderzee (heute Ijsselmeer) bis zum Fluss Waal wurde ein breiter Landstrich überflutet und das Vordringen der Franzosen damit zum Stehen gebracht.

Wortbruch und Prügel

Deren Versuche, die Wasserlinie zu überwinden, scheiterten und den Niederländern gelang es unter Wilhelm III. von Oranien in der Folgezeit, einige militärische Erfolge zu erzielen. Diese führten zu einem Auseinanderbrechen der Koalition, so dass Ludwig XIV. seine Ziele nur in den Spanischen Niederlanden erreichen konnte. Auch das brandenburgisch-niederländische Bündnis fiel auseinander, da die Brandenburger den Niederländern nicht zu Hilfe kommen konnten und diese daraufhin die Zahlung der vereinbarten Subsidien verweigerten.

Der Kurfürst strebte deshalb einen Separatfrieden mit Frankreich an, der im Juni 1673 geschlossen wurde. Darin verpflichtete sich Friedrich Wilhelm von Brandenburg, den Niederlanden nicht weiter beizustehen; er behielt sich aber vor, das Reich zu verteidigen, sollte dieses von Frankreich angegriffen werden. Mit Ausnahme der Festung Wesel und der Forts von Lippstadt und Rees gab Frankreich alle besetzten Orte im Herzogtum Kleve und im Westfälischen wieder frei. Damit verlagerte sich das Kriegsgeschehen weg vom Rhein.

Der Niederrhein blieb aber im Blickfeld des „Sonnenkönigs“, denn in dem im Bau befindlichen Schloss von Versailles wurden die Auseinandersetzungen des Feldzugs festgehalten. Die Eroberung Orsoys findet sich auf einem Prunkgemälde wieder, und auf einem Deckengemälde im Spiegelsaal ist ein besiegter brandenburgischer Adler zu sehen, der die Festungspläne Wesels in seinen Fängen hält.