Kranenburg. Das Familienunternehmen Aurora aus Kranenburg stellt jährlich 1,3 Millionen Kilo Käse aus regionaler Biomilch her. Ein Blick hinter die Kulissen.
Mit einem schnellen Happs landet der aufgespießte Käsewürfel im Mund. Mmmh, schmeckt intensiv, cremig, ja fast etwas fruchtig! „Das liegt am Apfelkraut“, erklärt Manon ten Dam. „Damit wird der Rotkulturkäse affiniert.“ Und weil bei solchen Begrifflichkeiten schon mal das ein oder andere Fragezeichen aufploppen kann, nimmt sie mit zu dem Ort, an dem das niederrheinische Familienunternehmen mit niederländischen Wurzeln jährlich 1,3 Millionen Kilogramm Käse herstellt: die Biokäserei Aurora. Dabei starteten ihre Eltern im Jahr 1980 eigentlich mit einem anderen Namen: De Dageraad. „Aber das war für unsere Kunden zu schwierig, auszusprechen“, sagt die 48-Jährige und lacht. Also gibt’s nun die etwas leichtere Variante von „Morgendämmerung“, die sich übrigens in den drei neuen Produkten – genau, ebenjenen, bereits schnabulierten Rotkulturkäsesorten – widerspiegelt. Aber dazu später mehr.
Zunächst einmal gibt’s ein fluffiges Haarnetz und einen leichten Kittel, einmal drüberziehen bitte, bevor es zur Hygieneschranke geht. Manon ten Dam steckt routiniert ihre Hände in die zwei Öffnungen, ein leises „Pffft“ ertönt und schon sind die Hände desinfiziert. Die Füße befinden sich derweil in einer kleinen Schuhwaschanlage, Bürsten schrubben die Sohlen und dann, endlich, geht das grüne Licht an. Die Geschäftsführerin, die sich das Amt übrigens mit ihren drei Geschwistern teilt, führt durch die Halle, über die Treppe bis hin zu den Tanks. „Wir haben 18 Milchbauern aus der Region, die uns jährlich mit insgesamt zwölf Millionen Litern Rohmilch beliefern“, erklärt sie. Dabei wird die Kuh-, aber auch Ziegen- oder Schafmilch zunächst erhitzt, bevor sie anschließend gerührt wird. Das Ziel: Das Feste vom Flüssigen trennen.
Wieso ist der Käse rund?
Kurz mal die Luke öffnen, doch so richtig viel zu erkennen ist noch nicht. Macht aber nix, denn gleich ist es soweit: „Dann fließt alles nach unten in die Vorpresswanne“, sagt Manon ten Dam. Und tatsächlich, nur wenige Minuten später sprudelt eine gelbe Fontäne ins längliche Becken. Das Flüssige, die Molke, wird später für Babynahrung verwendet. Das Feste, der Bruch, wird zum Käse. „Die weißen Stücke werden ausgesiebt und in Blöcke geschnitten, bevor sie dann in Form gepresst werden.“ Und die ist, ganz klassisch, rund. Aber wieso eigentlich? Wären eckige Laibe nicht viel praktischer? Tim ten Dam, einer der anderen Geschäftsführer, schüttelt den Kopf. „Die runde Form ist optimal für die Reifung“, antwortet der 35-Jährige. „In den Ecken würde der Käse zu schnell austrocknen.“ Doch bis er in Ruhe vor sich hin reifen kann, muss er noch ein paar Stationen absolvieren…
Übers blaue Fließband geht’s für die Laibe in den nächsten Raum, wo sie nun ein ausgiebiges Pökelbad nehmen. Zwei bis drei Tage liegen sie in der Salzlake, um so eine feste Rinde bilden zu können. Wobei die noch ziemlich hell ist. „Dunkler wird sie erst durch die Reifung“, weiß Manon ten Dam. Dazu wandern sie in den nächsten Raum, in dem sie mit einer weißen Schicht überzogen werden. „Coating“ ist der Fachbegriff für die Kunststoffrinde, die den Käse haltbarer macht. Und jetzt endlich klärt sich auch die Frage, was es denn mit dem „affinierten Rotkulturkäse“ auf sich hat. „Wir hatten den Wunsch, einen anderen Käse als Gouda zu entwickeln“, erzählt sie. Gouda ist zwar der absolute Liebling, ihn gibt’s daher in zig verschiedenen Sorten – jung, mittelalt, alt oder mit Steinpilzen, Brennnessel-Zwiebel, Rosmarin – viele Kundinnen und Kunden aber hätten aber auch mal Lust auf etwas Neues gehabt.
Käse mit niederrheinischem Apfelkraut
So ist die Idee zum Rotkulturkäse entstanden. Statt mit einer Kunststoffrinde überzogen zu werden, wird jeder Laib während der Reifung mehrmals mit einem speziellen Sud eingerieben – eben „affiniert“. Die eine Sorte heißt „Ostaras Morgenröte“, die andere „Freyas Klee“ und die letzte „Iduns Äpfel“ – mit niederrheinischem Apfelkraut, das für den fruchtigen Geschmack oder, wie die Familie selbst sagt, „für den göttlichen Funken“ sorgt. Deshalb auch die Namen aus der germanischen und nordischen Mythologie, die natürlich wunderbar zu Aurora, der Göttin der Morgenröte, passen. Fehlt eigentlich nur noch das Etikett, damit der „Iduns Äpfel“ auch ja nicht mit dem milden Gouda verwechselt wird. Es rattert, piepst, brummt… Ja, die Maschinen sind wichtig – „aber hier gibt’s auch noch ganz viel Handarbeit“, hält die Geschäftsführerin fest. Die Etiketten beispielsweise müssen einzeln aufgeklebt werden.
35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Biokäserei angestellt, einer von ihnen fährt gerade einen Gabelstapler und befördert ein Brett voller zehn Kilogramm-Laibe in den Lagerraum. Hier reifen sie nun je nach Sorte mehrere Wochen, bevor sie in den Verkauf gehen – oder bei der Familie selbst auf dem Tisch landen. Denn ja, das muss Manon ten Dam zugeben, sie essen natürlich alle liebend gern Käse, vielleicht „manchmal etwas zu viel“, wie sie lachend sagt. Aber wenn’s auch einfach so gut schmeckt…
>>> Biokäse vom Niederrhein
Harry und Janny ten Dam gründeten im Jahr 1980 ihre Käserei in den Niederlanden, die 2019 nach Kranenburg zog. Mittlerweile haben ihre vier Kinder Manon, Joris, Tim und Daan die Geschäftsführung übernommen.
Der Familienbetrieb verarbeitet regionale Biomilch zu Käse mit EU-Bio-, Bioland-, Demeter- und FairBio- Zertifizierungen. Über 30 verschiedene Sorten hat Aurora im Angebot, darunter auch einige Saisonprodukte – wie aktuell den „Aurora Gold Herbst“.
Die Biokäserei beliefert verschiedene Biomärkte. Kundinnen und Kunden können die Produkte aber auch vor Ort, Im Hammereisen 55 in Kranenburg, kaufen. Geöffnet ist der Verkaufsraum donnerstags und freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr.