Köln. Bibliotheken, Kitas, Wohnen: Der 30. Kirchbautag der Evangelischen Kirche diskutierte in Köln über die Umwidmung und den Neubau von Gebäuden.
Erst vor ein paar Monaten öffnete in Duisburg-Homberg die Rheinkirche nach einem 3,5 Millionen Euro teuren Umbau als Freies Kolumbarium mit Platz für 6000 Urnen. Der Architekt Andreas Knapp hatte das denkmalgeschützte, leerstehende Gotteshaus 2018 von der evangelischen Kirche für für einen symbolischen Euro gekauft. Die Evangelische Gemeinde konnte sich das sanierungsbedürftige Bauwerk nicht mehr leisten. „Für uns ist das ein Sechser im Lotto“, sagte Pfarrer Matthias Immer über den neuen Besitzer und sein Vorhaben, aus der Rheinkirche ein Kolumbarium zu machen und das Gebäude so für die Menschen im Stadtteil zu erhalten. Die Gemeinde trifft sich nun in einem neuen Gemeindehaus, an das sogar ein Glockenturm gebaut wurde.
Jede zehnte Kirche entwidmet
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie Kirchen in Zeiten von schwindenden Mitgliederzahlen und Finanzmitteln mit ihren Gotteshäusern umgehen. Noch gibt es in Nordrhein-Westfalen rund 6000 evangelische und katholische Kirchen. Auf längere Sicht werden deshalb etwa 2000 Gotteshäuser nicht mehr gebraucht. In der evangelischen Kirche im Rheinland, der zweitgrößten evangelischen Landeskirche, wurden bereits ungefähr jede zehnte Kirche entwidmet. Doch was passiert dann mit den Gebäuden?
Über die Zukunft des Kirchenbaus diskutierten jetzt 500 Teilnehmer – darunter Bauexperten, Theologen und Architekten – des 30. Evangelischen Kirchbautages, der sich in Köln traf. Motto: „Mut baut Zukunft.“ Stand in den 50er- und 60er-Jahren noch der Wiederaufbau im Vordergrund der Kirchbautage, wie Gudrun Gotthardt, Landeskirchenbaudirektorin der rheinischen Kirche, betont, so lag diesmal der Fokus auf der Umwidmung von Kirchen. Nicht immer muss es der Abriss sein.
„Wir sind mittendrin im Viertel“
Es gebe viele kreative Ideen für Umwidmungen, die aus den Gemeinden selbst kommen. In einigen Kirchen sind Bibliotheken eingerichtet worden, Jugendtreffs, Cafés, Ausstellungsräume. Üppige Bauten werden zu Wohnhäusern umgebaut oder durch kleine Gemeindehäuser ersetzt. Es wurden Übernachtungsmöglichkeiten für Pilger geschaffen. Und manchmal auch neu gebaut. Neugebaut? Ja. „Es entstehen auch heute noch Kirchenbauten“, sagt Prof. Andreas Barner, Präsident des Evangelischen Kirchbautags.
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Beispielsweise dort, wo alte und sanierungsbedürftige Kirchengebäude aus Kostengründen aufgegeben werden müssen. So hat im Kölner Norden eine Gemeinde „wagemutig“, wie Markus Zimmermann, stellvertretender Stadtsuperintendent in Köln, berichtet, den Neubau einer Kirche mit Gemeinderäumen, Kindertagesstätte und Wohnungen beschlossen. „Wir wollten nicht mehr nur eine neue Kirche bauen, sondern dem Ganzen eine Offenheit geben. Wir sind mittendrin im Viertel“, erklärt Markus Zimmermann. Die Gemeinde steht allen Nachbarn offen – egal, ob sie in der Kirche sind oder nicht.
Gudrun Gotthardt betont: „Wichtig ist uns die Botschaft, dass wir nicht in Depressionen versinken, sondern nach vorne blicken und offen sind für Innovationen.“