Aus den Niederlanden. Ab sofort gelten in den Niederlanden keine Coronamaßnahmen mehr. Maskenpflicht und 1G endgültig verfallen. Neben Zustimmung gibt es auch Kritik.

Der "Freedom day" ist da: Ab dem heutigen Mittwoch, 23. März, gelten in den Niederlanden keine Coronamaßnahmen mehr. Mit der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und der Testpflicht für Events mit mehr als 500 Gästen in Innenräumen sind somit auch die letzten Coronauflagen gefallen. Was bleibt, sind Empfehlungen der Regierung wie regelmäßiges Händewaschen oder Abstandhalten zu möglichen Risikogruppen wie älteren Menschen.

Zu den Lockerungen gehören auch Erleichterungen bei der Fahrt über die Grenze: So entfällt auch die 3G-Pflicht bei der Einreise ins Nachbarland – etwa für einen Urlaub am Meer oder auf dem Campingplatz. Wie die niederländische Regierung bereits vergangene Woche ankündigte, müssen Einreisende aus der EU und dem Schengenraum – also auch Touristinnen und Touristen aus NRW – keinen Nachweis über Impfung, Genesung oder ein negatives Testergebnis beim Grenzübertritt mehr bei sich haben.

Lockerungen trotz steigender Aufnahmen auf Intensivstationen

Die Entscheidung von Ministerpräsident Mark Rutte genießt einen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Im vergangenen Jahr hatten große Proteste und teils gewaltsame Ausschreitungen die Regierung immer wieder zu neuen Lockerungen veranlasst. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt im Nachbarland inzwischen bei bei 1.784,8 (Quelle: Gesundheitsinstitut RIVM, Stand: 22. März), doch es wurden erneut steigende Aufnahmen auf den Intensivstationen für die vergangenen sieben Tage gemeldet.

Die Regierung hält die letzten Lockerungen aber für vertretbar. Doch im Vorfeld wurde neben Zustimmung auch Kritik laut - vor allem von medizinischen Fachleuten über Twitter. „Das Kabinett tut so, als würde Corona nicht mehr existieren“, schrieb der Epidemiologe Marino van Zelst von der grenznahen Uni Wageningen in einem Tweet. Und fragt: „Wo ist die Opposition?“

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In einem Brandbrief an das Gesundheitsministerium zeigte sich auch die Interessenvereinigung für Risikogruppen „Vergeet ons niet“ deutlich besorgt: Die Lockerungen fühlten sich an, als ob Risikogruppen „für vogelfrei erklärt“ würden. „Umso mehr, weil wir wissen, dass es Optionen gibt, um uns zu schützen, diese aber nicht eingesetzt werden.“ Auch Internistin Chantal Bleeker-Rovers vom Uniklinikum Nimwegen meldete sich angesichts der angekündigten Lockerungen über Twitter kritisch zu Wort: Ihr habe beim Pressestatement der Regierung die nötige „Aufmerksamkeit für Long-Covid als ein guter Grund, um eine Infektion zu vermeiden und andere nicht anzustecken“ gefehlt.

Die Medizinerin hinterfragte zudem, warum die Regierung erneut nicht alle Empfehlungen des beratenden Fachgremiums Outbreak Management Team (OMT) umgesetzt habe. Das OMT hatte dafür plädiert, die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr beizubehalten. Dem folgte die Regierung nicht. (red./dpa)