An Rhein und Ruhr. Die hohen Spritpreise könnten die Nachfrage nach Elektroautos ankurbeln. Doch die Ladeinfrastruktur birgt Probleme – vor allem für Mieter.

2,35 Euro 1 Liter Diesel, 2,26 Euro 1 Liter Benzin: Eine Momentaufnahme gestern Mittag an einer Tankstelle in Duisburg. Nicht nur angesichts solch hoher Spritpreise steht für viele Autofahrer die Frage im Raum: Wird der nächste Wagen noch einmal ein Verbrenner – oder doch besser ein Elektroauto. Die Freundin denkt schon lange darüber nach, ihren kleinen Twingo, der nicht mehr der jüngste ist, gegen einen kleinen, hybriden Neuwagen einzutauschen. Nur, wo das Auto aufladen? Ihr Vermieter, eine Duisburger Wohnungsgesellschaft, kündigte jüngst an, Ladestationen für Elektroräder im Keller zu installieren. Auf die Nachfrage, ob dies denn auch für E-Autos angedacht sei, kam die Antwort: „Wallboxen können in der Tiefgarage nicht installiert werden. Man kann sein E-Auto ganz normal über die Steckdose aufladen. Das geht aber auch nur für einige Mieter, weil die Kapazitäten hinsichtlich Stromversorgung begrenzt sind.“ Zur Zukunft der Aufladung von E-Autos konnte die Genossenschaft noch nichts sagen.

Eigenheimbesitzer haben es vergleichsweise leicht, eine Ladesäule ans Haus anzuschließen. Für Mieter oder Wohnungsbesitzer in größeren Gebäude-Komplexen schaut die Sache komplizierter aus. Zwar steigt die Anzahl der öffentlichen Ladestationen in NRW laut Statistik der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz stetig von 8951 im Dezember 2020 auf 11.493 im Dezember 2021.

Ziel: Bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte

Im Schnitt kommen 210 neue Ladepunkt pro Monat dazukommen. In Deutschland gibt es laut Bundesnetzagentur mehr als 51.000 öffentliche Ladepunkte (Stand: Dezember 2021). Und die Bundesregierung will die Ladesäuleninfrastruktur massiv ausbauen. Bis 2030 soll es eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte geben.

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Doch dies hilft nicht, wenn derzeit die Überlegung im Raum steht, auf Elektro umzusteigen. Seit Dezember 2020 haben zwar Wohnungseigentümer und Mieter einen Rechtsanspruch für den Einbau einer Ladevorrichtung in der Tiefgarage oder an einem Parkplatz auf dem Gelände der Wohnanlage. Doch so einfach ist es nicht. „Dafür müssen auch erst einmal die Begebenheiten geschaffen sein“, sagt Wilhelm Krechter, Geschäftsführer der Wohnbau Dinslaken GmbH, die nicht nur als Vermieter mit 6000 Wohnungen im Bestand agiert, sondern auch Eigentumsgemeinschaften verwaltet. Auch Krechter stellt fest: „Die Anfragen nach individuellen Ladestationen steigen“, auch wenn es noch nicht der große Ansturm ist.

Man müsse einiges bedenken. Wilhelm Krechter rechnet vor: Ein E-Auto lädt bis zu 21 Kilowatt pro Stunde aus der Steckdose, soviel wie kein anderes Haushaltsgerät in der Regel. Wenn nun jeder Mieter in einem Mehrfamilienhaus sein E-Autos aufladen wollte, „dann glüht der Hausanschluss.“ Dies weiß Krechter auch aus Erfahrung mit dem Fuhrpark der Wohnbau Dinslaken. Acht E-Autos gibt es im Bestand. Um eine Überlastung der Stromversorgung zu vermeiden, wenn die Mitarbeiter die Autos gleichzeitig laden wollen, „haben wir ein Lastenmanagement angeschafft“. Dies reguliert die Stromzufuhr je nach Anzahl der gleichzeitigen Ladevorgänge selbstständig. Die Batterien werden zwar alle geladen, jedoch langsamer, da weniger Strom durch die einzelnen Kabel fließt.

Lösung für einen oder mehrere Mieter?

Wilhelm Krechter fragt auch: „Wo setze ich die Prioritäten? Schaffe ich nur für den einzelnen Mieter einen Anschluss? Oder versuche ich in einem Quartier für viele Mieter eine Lösung zu finden?“ Die Wohnbau Dinslaken sei mit den Stadtwerken darüber im Gespräch, wo öffentliche Ladesäulen errichtet werden können.

Und es stelle sich auch die Frage, ob es immer gleich eine Wallbox sein muss. Bei einer 55 kWh-Batterie im E-Auto, würde eine 11 kW-Wallbox maximal fünf Stunden brauchen. Wenn aber beispielsweise ein Nutzer nicht täglich die volle Batterieleistung für ca. 350 km benötigt oder ihn auch länger aufladen kann, reiche vielleicht auch der Strom aus der Steckdose mit 2 kW Leistung.

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Auch die Vonovia, mit rund 400.000 Wohnungen einer der größten Vermieter in Deutschland, prüft den „Aufbau und Angebot privat vermietbarer Wallboxen. Seit 2018 haben wir 30 öffentlich-zugängliche Ladesäulen für E-Pkw in NRW aufgebaut“, teilt eine Pressesprecherin auf Nachfrage mit.

Noch verhaltene Resonanz

Die Duisburger Baugesellschaft Gebag hat bislang fünf Wallboxen installiert. Noch „ist die Resonanz eher verhalten“, teilt Lisa Melchior von der Gebag mit. Anfragen der Mieter werden aber daraufhin geprüft, ob es technisch und wirtschaftlich machbar ist, „in der direkten Umgebung zum jeweiligen Wohnhaus eine Ladesäule aufzustellen.“ Gegebenenfalls sei ein Garagen- oder Stellplatzwechsel erforderlich. Die Kosten für den Einbau trage die Gebag, für den Mieter erhöhe sich jedoch die monatliche Miete für Stellplatz oder Garage zwischen fünf und 15 Euro.

Darüber hinaus strebe man im Rahmen einer Kooperation mit Stadtmobil, einem Carsharing-Unternehmen, die Einrichtung von Pkw-Stellplätzen mit Ladesäulen an voraussichtlich fünf Pilot-Standorten an.

Der Freundin hilft das erst mal nicht weiter. Sie wird ihren Twingo noch einmal über den Tüv bringen und auf eine bessere Ladensäulen-Infrastruktur warten.