An Rhein und Ruhr. Die schlechte Nachricht: Die Zahl der Autos im Land wächst immer noch. Die etwas bessere fürs Klima: Die Zahl der E-Autos wächst am schnellsten.

Die Bilanz des Umweltbundesamtes ist einigermaßen ernüchternd: Die Autos werden dank Partikelfilter und Katalysatoren immer sauberer – aber der Zuwachs an Fahrzeugen und Fahrleistungen macht alle Bemühungen um eine bessere Klimabilanz wieder zunichte. „Das Mehr an Verkehr hebt die bislang erreichten Verbesserungen im Klima- und Umweltschutz zum Teil wieder auf“, heißt es aus der Berliner Behörde.

Die Jahresbilanz für 2021 des Kraftfahrtbundesamtes scheint da durchaus hoffnungsvoll. Von den 2,62 Millionen neu zugelassenen Fahrzeugenwaren 37,1 Prozent Benziner (Vorjahr 46,7 Prozent), Jedes fünfte Neufahrzeug war ein Diesel (-8,1 Prozentpunkte). Damit wurde der Diesel erstmals von den Hybridfahrzeugen überholt: Diese machten 28,8 Prozent aus. Der Anteil reiner Elektroautos lag bei 13,6 Prozent, hier hat sich die Zulassungszahl um 6,4 Prozentpunkte fast verdoppelt.

Düsseldorf liegt vorn, in der Region folgen Essen und Mettmann

Blickt man auf die Straßen in der Region, wird allerdings klar: Noch machen die schadstoffarmen Autos nur einen geringen Anteil im Bestand aus. Düsseldorf darf sich rühmen, die Stadt mit dem höchsten Anteil von Autos mit alternativem Antrieb zu sein. Knapp 26.000 E-Autos und Hybride sind in der Landeshauptstadt zugelassen, was einem Anteil von gut acht Prozent entspricht, E-Autos machen davon knapp die Hälfte aus.

Auf dem Land und in Städten mit geringerem Pro-Kopf-Einkommen sind die Werte noch einmal deutlich geringer. In Essen machen E-Autos und Hybride 6,3 % aller Kraftfahrzeuge aus (Stand Oktober 2021), in Mülheim sind es 5,7, in Duisburg 5,3, in Oberhausen 5%. Die Kreise Kleve (5,9%), Wesel (5,6) und Borken (5,4%) liegen fast gleichauf. Etwas besser fährt Mettmann (6,1%) Schlusslicht in NRW ist der Kreis Olpe mit 4,1 Prozent Anteil von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb. Sind E-Autos dank der Zuschüsse eher ein grünes Spielzeug der Besserverdienenden mit Ladestation in der eigenen Garage? „Das ändert sich zum Glück gerade, da immer mehr Kommunen und auch Supermarktketten Ladesäulen einrichten“, ist ein Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland überzeugt.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat vor zehn Jahren zuletzt seine Empfehlungen herausgegeben zum Thema „Neues kaufen oder altes Weiterfahren“. Heute, so Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher, rät eher zum Ausstieg: „Wenn man das Auto verkauft, einfach mal ausprobieren, ob es nicht auch ohne geht. Das gelingt oft besser als man denkt.“ Nun ja. Für unsere beiden Protagonisten, Berufspendler in die Essener Zentralredaktion, aus Wuppertal (Martin Korte) bzw Köln (Michael Minholz) geht es nicht ohne Auto.

Und, wie sind ihre Erfahrungen?

Der E-Golfer Martin Korte:

„Mir gibt es ein gutes Gefühl, emissionsfrei und geräuschlos zu fahren. Seit ich mein E-Auto fahre, geht mir der Motorlärm anderer Autos noch mehr auf den Geist. Ich bin sehr zufrieden, hab mit dem Wagen nie Probleme. Ich finde das eine gute Sache.

Vorher hatte ich einen VW Polo, einen Diesel mit sehr geringem Schadstoffausstoß. Der war einfach auf und es hat sich gezeigt, dessen Katalysator hat nicht mehr gut gefiltert. Ich hätte dafür länger und öfter Vollgas fahren müssen. Dafür habe ich mir den aber nicht gekauft. Der Golf ist ein bewährtes, solides Auto.

Werden mehr am Straßenrand, auf Supermarktparkplätzen und in der heimischen Garage: Ladestationen fürs E-Auto.
Werden mehr am Straßenrand, auf Supermarktparkplätzen und in der heimischen Garage: Ladestationen fürs E-Auto. © dpa | Marijan Murat

Da VW vor zwei Jahren mehr E-Autos verkaufen wollte, haben sie den Golf als Auslaufmodell im Preis um 4000 Euro gesenkt. Dazu gab es damals eine Prämie von 6000 Euro. Damit kostete mich der E-Golf ungefähr genauso viel wie ein vergleichbarer Benziner, das waren so etwa 23.000 Euro.

Jetzt nach zwei Jahren hat der E-Golf rund 33.000 Kilometer auf dem Tacho. Die Reichweite liegt im Sommer ungefähr bei 280 und im Sommer bei rund 200 Kilometern. Wenn ich nur Autobahn fahre, dann reicht es für rund 130 Kilometer. Der Akku damals war halt noch kleiner.

Zuhause in der Garage habe ich eine Wallbox, quasi die Steckdose fürs Laden. Die kosten heute so rund 500-600 Euro, plus Installation, auch da gibt es die Hälfte Zuschuss. Aber nur, wenn man zuhause grünen Strom hat. Der kostet mich derzeit so rund 30 Cent pro Kilowattstunde. Und auf 100 Kilometer brauche ich so etwa 15 kwh, also etwa 4,50 bis fünf Euro. Strom ist zwar teurer geworden, aber die Preise sind nicht so rasant gestiegen wie die für Benzin.

Hinzu kommt: Reparaturen und Inspektionskosten sind nur halb so hoch: kein Ölwechsel, kein kaputter Auspuff, kein Getriebe. Allerdings merke ich, dass der Akku allmählich schwächer wird. Aber ich würde jederzeit wieder ein E-Auto kaufen. Und der Wiederverkaufswert ist durchaus stabil. Derzeit gäbe es knapp 18.000 Euro.“

Benz-Fahrer Michael Minholz:

„Mein Benz ist ein altes Schätzchen, das ich 2014 einem seriösen, älteren Herrn abgekauft habe, der selber nicht mehr fahren konnte, ihn aber in guten Händen wissen wollte. Es ist eine alte Mercedes Benz C-Klasse, Baujahr 1998. Das Auto heißt übrigens Horst-Dieter. Und von mir aus bleibt der bei mir, bis der Rost uns scheidet. Der Tag wird leider sicher kommen.

Er hat 1500 Euro gekostet. Ein Schnäppchen. Aber er ist natürlich jetzt wirklich, wie vom Vorbesitzer gewünscht, in guten Händen. Der Wertverlust? Tja, irgendwann 1500 Euro, denke ich. Ich bin jetzt mit ihm so alles in allem um die 200.000 Kilometer. gefahren. Ich habe eine Autogasanlage einbauen lassen. Die kostet zwar um die 2000 Euro, das rentiert aber, weil der Literpreis quasi die Hälfte des Benzinpreises beträgt. 100 Kilometer kosten mich vom Kraftstoff her keine acht Euro.

Olle Autos haben einfach Flair. Horst-Dieter ist nicht mein erster alter Benz. Ich hatte mal einen, den hab ich mit 704.000 Kilometern auf der Uhr und der ersten Maschine nur wegen des Rostes abgestellt. Solche Autos sind ein Statement, sie stehen für einen gewissen Fahr- und Lebensstil. Und sie bieten einfach Qualität.

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© FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

Frag mal einen altgedienten Autoschrauber nach solchen Fahrzeugen. Die kriegen dann einen Blick wie ein Gourmet, der einen alten Rotwein öffnet. Man kann an diesen Autos noch etwas reparieren. Sie haben eine hohe Lebensdauer und müssen nicht nach ein paar Jahren buchstäblich auf den Müll geworfen werden. Und durch das Autogas stoße ich immerhin gut zehn Prozent weniger CO2 als im Benzinbetrieb.“

Klar, das E-Auto wird kommen, klar, ich hätte allerdings größere Sympathien dafür, wenn die Reichweite der Fahrzeuge besser und der Ladevorgang beschleunigt würde. Außerdem finde ich für meinen Geschmack noch viel zu viele Lücken bei den Ladestellen. Deswegen lohnt es sich wohl noch etwas zu warten. Und außerdem hat Horst-Dieter noch lange nicht fertig.“

Rückfahrt zum VCD

Nun womöglich fänd Horst-Dieter Gnade vor dem kritischen Blick des VCD-Experten. Michael Müller-Görnert räumt auch ein, man müsse jeden Einzelfall prüfen, aber unter Klimagesichtspunkten gebe es doch einige Leitplanken: Die härteste: Ist’s ein Diesel, muss er weg. Die zweite: Ist es ein Benziner, hängt es vom Verbrauch ab. Rund zehn Prozent des Klimagases eines automobilen Lebens entstehen bei der Produktion, weitere zehn Prozent beim Verschrotten. Dazwischen liegt das automobile Leben. Da ist für ihn die Bilanz ganz einfach: Je geringer der Verbrauch, je seltener es genutzt wird, umso besser. Also: Kein fettes SUV, egal ob Strom oder Benzin.

Deswegen ja auch sein Plädoyer für die automobile Fastenzeit, wenn man sein Auto mal abgibt. „Vielleicht geht es doch mit dem öffentlichen Nahverkehr, dem Fahrrad oder den immer häufiger verfügbaren Car-Sharing-Modellen“, appelliert er.

Die unfehlbare Instanz in automobilen Fragen, der ADAC, mag zu diesem Fall nichts sagen. Was denn nun besser ist: Immer mit dem neuesten E-Auto unterwegs sein – oder eine olle Karre bis zum Ende fahren, weil ja auch jeder Neuwagen schon mit einem CO2-Fußabdruck im Autohaus ankommt.