Düsseldorf. Nach Messerattacken an Karneval in Düsseldorf: Warum solche Angriffe immer wieder geschehen, aber welche Maßnahmen helfen könnten.
Die Sonne strahlt über den Burgplatz in Düsseldorf. Vereinzelte Jogger, Fahrradfahrer und Spaziergänger sind an diesem Freitagmorgen am Rheinufer unterwegs, genießen das Flussrauschen des Rheins und das Zwitschern der Vögel in den frühen Morgenstunden. Nichts erinnert mehr an das, was hier vor einer Woche geschehen ist.
Am Karnevalssonntag hatte ein 17-Jähriger in der Altstadt mit einem Messer drei junge Männer teils lebensgefährlich verletzt. Am Rosenmontag kam es wenige Hundert Meter entfernt zu einer weiteren Messerattacke gegen einen 18-Jährigen. Geschehnisse, die in der Düsseldorfer Altstadt leider nicht zur Seltenheit gehören. Mehr als 4300 Straftaten hat es im vergangenen Jahr in der Düsseldorfer Altstadt gegeben. Im Oktober vergangenen Jahres stirbt ein 19-Jähriger, weil ihm mit einer abgebrochenen Glasflasche in die Brust gestochen wird. Eine Woche später wird ein Jugendlicher lebensgefährlich verletzt, als jemand mit einem Messer auf ihn einsticht. Die Stadtspitze reagiert, erklärt die Altstadt im Dezember 2021 zur Waffenverbotszone. 633 Personen seien seitdem kontrolliert worden, so das Innenministerium NRW. Nur 15 Verstöße wurden geahndet. Doch wie kann es dann, nur zwei Monate später, erneut zu solch blutigen Attacken kommen?
Waffenverbotszone erlaubt Düsseldorf Polizei niederschwellig kontrollieren zu dürfen
„Wenn mehrere 1000 Leute an Karneval unterwegs sind, kann man nicht jeden von ihnen kontrollieren“, sagt Oliver Huth, NRW-Landesvorsitzender vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Die Beamten hätten „einen guten Job gemacht“, aber unter Kostümen könne auch nicht jedes Messer entdeckt werden. „Verkleidungen sind natürlich tatfördernd“, so der Landesvorsitzende. War damit an Karneval nicht aber auch zu rechnen? Ja, sagt Huth, „und durch die eingeführte Waffenverbotszone ist es den Kollegen auch möglich, niederschwellig kontrollieren zu dürfen. Man weiß auf welche Verhaltensweisen geachtet werden muss und fischt die richtigen Menschen auch raus“. Generell, so der Kriminalbeamter, seien diese Messerattacken aber nicht zu verhindern.
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Der Grund dafür sei für ihn ganz klar: „Die Jugendlichen sind pandemiemüde. Sie haben die Faxen dicke.“ Es habe sich viel Aggressionspotenzial aufgebaut. Zudem sei es unter jungen Männern – „man wird keine Frau finden, die einen solchen Angriff mit einem Messer verübt“ – schick geworden, ein Messer bei sich zu tragen. Genau da müsste man aber ansetzen, sagt Huth. Messer seien schnell und einfach zu bekommen. Er halte die Überlegung diese mit einer Altersstufe zu belegen, für durchaus sinnvoll, denn: „Die Täter sind Jugendliche bis Mitte 20.“ Außerdem regt er an, vermehrt Aggresssionstrainings für Jugendliche zu etablieren. „Nicht jeden Täter erreicht man mit den Maßnahmen, aber die Polizei alleine kann einfach nicht alles lösen“ und „jedes Opfer ist eins zu viel.“
Straftaten mit Messern während der Pandemie in NRW gesunken
Zwar seien die Zahlen von Straftaten mit Messern, durch Lockdown und Ausgangssperre, in den vergangenen Pandemiejahren gesunken (in 2019 wurden in NRW 6.827 Fälle mit dem Tatmittel Messer erfasst, 2020 wurden 5.411 Fälle gemeldet), dennoch sagt Huth: „Messerangriffe nehmen generell wieder zu.“
Es sei nun vor allem wichtig, den Bürgern das Gefühl von Sicherheit wieder zu geben. Er nennt ein Beispiel: Vermeide man nachts alleine durch einen Park zu gehen, habe man das Risiko, sich einer möglichen Straftat auszusetzen, selbst in der Hand. „Bei solch unkontrollierten Angriffen mit einem Messer beim Karnevalfeiern ist die Opferrolle aber nicht steuerbar“, erklärt der Kriminalbeamte. Menschen entwickelten dadurch „Hilflosigkeit und Kriminalitätsfurcht“. Er befürworte deshalb, dass die Polizei, gerade wenn nun auch wieder Bars und Clubs geöffnet sind, ihre Präsenz weiter verstärke.
Düsseldorfer Polizei will, falls nötig, Altstadtbesucher in Gewahrsam nehmen
Hierbei werde die Polizei der Landeshauptstadt auch durch Beamte der Bereitschaftspolizei unterstützt. „Die Düsseldorfer Polizei wird an ihrer Null-Toleranz-Strategie gegenüber Straftätern und gewalttätigen oder gewaltbereiten Personen festhalten und entsprechende Einsatzmaßnahmen sogar weiter verstärken. Nur so können die Sicherheit in der Altstadt gewährleistet und Straftaten verhindert werden. Die Polizei wird erneut konsequent einschreiten und unfriedliche Besucher, falls erforderlich, frühzeitig in Gewahrsam nehmen“, betonten die stellvertretende Polizeipräsidentin Silke Wehmhörner und Leitender Polizeidirektor Dietmar Henning.