Düsseldorf. Janine Winkler und Carolin Heller haben sich mit „Beer Kong“ einen langen Traum erfüllt. Dass Brauen als Männersache gilt, ist besonderer Ansporn.
Mit breiter Brust und geballter Faust ragt King Kong über dem Düsseldorfer Fernsehturm. Die Stadtsilhouette wirkt im Vergleich zur monumentalen Größe des beliebten Kino-Monsters beinahe mickrig. „Wir sind große Trashfilm-Fans“, erklärt Janine Winkler die Idee hinter dem auffälligen Flaschen-Etikett. Gemeinsam mit Carolin Heller hat die Düsseldorferin ein eigenes Craft-Bier auf den Markt gebracht. Der Name: Beer Kong. Für ausschweifende Partynächte sei das Bier aber nicht geeignet. „Dafür ist es auch etwas zu teuer“, sagt die Sozialpädagogin schmunzelnd. „Bei uns geht es eher um den Genuss.“
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Was die beiden Bierbrauerinnen mit King Kong verbindet: die Reise nach Amerika. „Das war unsere Erleuchtung“, berichtet Heller. „In jeder Ortschaft haben die Leute in ihrer Garage ihr eigenes Bier gebraut. Wir waren sofort Feuer und Flamme.“ In den Jahren der Prohibition in den USA geboren, hat die Craft-Bier-Bewegung längst auch in Deutschland Fuß gefasst – wenn auch mit etwas Verzögerung. Wollten die Amerikaner ursprünglich mit ihrem selbst produzierten Bier lediglich das Alkoholverbot umgehen, stehen heutzutage in der Craft-Bier-Szene vor allem das unabhängige Brauen und die Leidenschaft für lokale Biersorten im Mittelpunkt.
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Auch Heller und Winkler legten nach ihrer Rundreise entlang der amerikanischen Ostküste sofort mit dem Brauen los. „Wir hatten einen Vorlauf von etwa zwei Jahren“, sagt Heller. In dieser Zeit experimentierten die beiden Freundinnen in ihrer Küche mit verschiedensten Zutaten. „Es gab auch Chaos-Tage, an denen wir uns gefragt haben: Wie soll das gehen?“, gibt Heller, die parallel eine Weiterbildung zur Bier-Sommelière abschloss, offen zu. „Das war eine kontinuierliche Wissensanhäufung.“ Mit Erfolg: Mittlerweile haben die Hobby-Brauerinnen drei verschiedene Biersorten in ihrem Sortiment.
Kampf gegen unliebsame Geschlechterrollen
Doch nicht nur bei ihrem Flaschen-Etikett haben sich die Freundinnen tagelang die Köpfe zerbrochen und sogar die Unterstützung eines befreundeten Tätowierers und eines Düsseldorfer Grafikdesigners hinzugezogen. Auch die Namen der Biersorten waren gut überlegt: So erinnert „Citrus Hill“, ein hopfenbetontes Pale Ale mit leichtem Zitronengeschmack, an die US-amerikanische Band „Cypress Hill“. „Funky Brown“, ein schokoladiges, malzbetontes American Brown Ale, ist an den Disco-Klassiker „Funkytown“ angelehnt. Das India Pale Ale „Hopped on a feeling“ geht auf den nahezu gleichnamigen Pop-Song „Hooked on a feeling” zurück.
Jede Biersorte bekam zudem ihr eigenes Farbdesign, damit die Flaschen bereits auf den ersten Blick unterschieden werden können. Mit einem unbeabsichtigten Nebeneffekt: „Es hat wirklich ewig gedauert, bis die Namen feststanden. Und dann bestellen die Leute ein Bier und sagen nur: Gib mir mal das Rote“, erzählt Heller. „Oder dat jelbe“, ergänzt Winkler mit einem breiten Grinsen. Die beiden Bierbrauerinnen fänden es aber nicht so schlimm, falls einige Kneipengäste ihre Anspielungen nicht sofort verstehen. „Trotzdem ist es cool, wenn die Leute zusammensitzen und plötzlich jemand anfängt, das passende Lied zu unseren Biersorten zu summen“, sagt Heller.
Dass es neben den beiden Düsseldorferinnen nur wenige Frauen gibt, die ihr eigenes Bier brauen, sehen Heller und Winkler als besondere Motivation. „Die Bier-Craft-Szene ist männlich dominiert. Das hat den Reiz schon auch ein bisschen ausgemacht“, so Heller. Bier gelte nach wie vor als Männergetränk, also sei auch das Bierbrauen in den Köpfen einiger Menschen reine Männersache. „Wir selbst sehen uns gar nicht als etwas Besonderes – andere schon“, sagt die Sozialpädagogin. „Es gibt super viele Frauen, die genauso gerne Bier trinken“, erzählt Winkler. Aber da heiße es dann schnell: „Trink du mal lieber ein Radler.“
Heller: „Unser Bier kriegst du nur in Düsseldorf“
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Wenn Kinder mitbekämen, dass der Vater immer zum Bier und die Mutter zur Schorle greift, würden sich Rollenbilder verfestigen. „Diese konstruierten Geschmäcker aufzubrechen, ist schwierig“, so Heller. Andersherum gebe es aber auch genug Männer, die nur Bier trinken würden, um als „richtiger“ Mann zu gelten. Deshalb wollen die beiden Düsseldorferinnen mit ihren Biersorten Aufklärungsarbeit leisten. „Frauen stehen genauso am Pott und brauen Bier. Also können sie sich auch mal ein Bier gönnen“, sagt die ausgebildete Sommelière.
Wirtschaftlich wollen die Gründerinnen mit ihren Biersorten genug verdienen, um ihr „teures Hobby“ finanzieren zu können. „Es wäre natürlich auch schön, irgendwann anteilig davon leben zu können“, so Heller. Der Fokus liege aber eindeutig auf Düsseldorf. Auch auf einen Online-Vertrieb haben die beiden Bier-Brauerinnen bewusst verzichtet. „Unser Bier kriegst du nur in Düsseldorf. Nicht per Mausklick, nur hier.“ Schließlich sei es genau das, was Craft-Bier nun mal ausmache. „Wir sind kein Industrieprodukt“, betont Heller. „Bei uns ist alles echte Handarbeit.“
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Die Bierszene am Niederrhein ist über die Jahre immer größer, immer vielfältiger geworden. Einige wie das Brauprojekt 777 aus Voerde testen völlig neue Rezepturen, andere wie die Hensen Brauerei aus Mönchengladbach lassen alte Traditionen wieder aufleben. Im neuen NRZ-Podcast „An der Theke“ probieren sich Bierliebhaber Marcus Lenzen und Redakteurin Sara Schurmann durchs Gebräu, das übrigens gerne auch mal alkoholfrei sein darf, unserer Region.
Die beiden lassen es sich allerdings nicht alleine schmecken, sondern stoßen in jeder Folge mit einem interessanten Menschen vom Niederrhein an. Ihr erster Gast ist Stefan Reichmann, Gründungsmitglied und künstlerischer Leiter vom Haldern Pop Festival. Und er hat direkt so einiges zu erzählen. Zum Beispiel, wie 14 Messdiener den Grundstein für ein international renommiertes Festival legen konnten. Oder wie ein ganzes Dorf mit anpackt, damit sich sowohl die Stars als auch die Fans bei ihnen wohlfühlen. Dafür musste auch schon mal schnell – nein, nicht etwa Bier –, sondern Diätschokolade herbeigeschafft werden.
Nur ums Lieblingsgetränk dreht sich dagegen die zweite Folge, in der Biersommelière Anja Kober-Stegemann ein kleines Tasting veranstaltet. Nebenbei erzählt sie von ihrer eher zufälligen Begegnung mit Craft-Bier, die eine Kündigung ihres alten Jobs und den Kauf einer neuen Brauanlage zur Folge hatte. Außerdem erklärt sie, wieso Geschlechterklischees bei der Getränkeauswahl immer noch eine so große Rolle spielen.
Gerade erst erschienen ist die aktuelle Folge, für die Poetry-Slammer Johannes Floehr extra aus Hamburg in seine alte Heimat an den Niederrhein gereist ist. Er erzählt, wieso er selbst genau sein Humor ist und in welcher Beziehung er zu Günther Jauch steht. Zu trinken gibt’s auch wieder etwas, dieses Mal ein Krefelder Lagerbier. Und, so viel sei schon einmal verraten, für die kommenden Folgen stehen ebenfalls noch leckere Biere und spannende Gäste bereit.