Straelen. Nur mit einem negativen Corona-Test darf man aus den Niederlanden nach NRW einreisen. An den Grenzübergängen sorgt die neue Regel für Probleme.
Der Beamte der Bundespolizei hebt die rot-weiße Polizeikelle. Der schwarze Kleinwagen mit niederländischem Kennzeichen biegt daraufhin rechts in die Niederdorfer Straße in Straelen ein, hält direkt gegenüber dem Landesschild mit dem NRW-Wappen: „Willkommen in Nordrhein-Westfalen“.
Der Schriftzug begrüßt jeden Tag die aus den Niederlanden stammende Meghan Löbhard. „Ich habe meine zwei Pferde in Deutschland stehen und fahre jeden Tag über die Grenze“, erklärt sie. Doch an diesem Dienstagmorgen wird sie von den Polizisten abgewiesen, denn: Unmittelbar nach Ende der Osterfeiertage sind die Niederlande wegen der vielen Corona-Infektionen zum Hochinzidenzgebiet geworden.
Seit Mitternacht müssen Einreisende aus dem Nachbarland beim Grenzübertritt einen Testnachweis vorzeigen können, der höchstens 48 Stunden alt sein darf. Die Einhaltung der Testpflicht wird durch die Bundes- und Landespolizei überprüft, wie hier an dem Grenzübertritt in Straelen im Kreis Kleve.
Polizeikontrolle im Kreis Kleve geschieht stichprobenartig
Kontrolliert werden die Autofahrer stichprobenartig und „ohne Schema“, erklärt Uwe Eßelborn, Sprecher der Bundespolizei in Kleve. Mehrere Streifenwagen seien an den Grenzübergängen der Autobahnen, aber auch an den Bundesstraßen, unterwegs. Offiziell weise die Bundespolizei „keinen Reisenden an der Grenze zurück“, wie ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presseagentur betonte. Vielmehr würden die Daten des Reisenden aufgenommen, und er werde aufgefordert, umgehend in Deutschland einen Test nachzuholen und das Ergebnis zu mailen.
Am Grenzübergang in Straelen werden jedoch nur diejenigen über die Grenze gelassen, die eine Einreiseanmeldung mit sich führen und einen negativen Corona-Test bei sich haben, der von medizinischem Fachpersonal durchgeführt wurde. Ein einfacher Schnelltest aus der Drogerie reicht bei der Einreise nach Deutschland nicht aus.
Ein Test kostet 150 Euro in den Niederlanden
Löbhard kann nichts davon vorweisen. „Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll. Ich muss nach NRW. Ich muss meine Pferde jeden Tag verpflegen. In Holland kostet ein Test 150 Euro, den kann ich doch nicht alle paar Tage machen“, klagt Löbhard. Anders als in Deutschland gebe es in den Niederlanden nämlich „kein freies Testsystem. Die wenigen kommerziellen Testzentren verlangen dann auch kommerzielle Preise“, erklärt Heidi de Ruiter, Sprecherin der Euregio Rhein-Waal.
Die neue Testpflicht, um ins Nachbarland einreisen zu können, stoße bei vielen Niederländern auf Unverständnis. „Wir bekommen hunderte Mails und Anrufe, in denen viele Menschen wirklich aufgebracht reagieren und die Regelung für absurd halten“, sagt de Ruiter.
Die Euregio selbst sei froh, dass für Pendler nach NRW die 72-Stunden-Regel gelte. Sie sollen den Test nach der Einreise unverzüglich, etwa nach der Ankunft am Arbeitsplatz, nachholen können. Für sogenannte Transporteure, zum Beispiel Lokführer oder Lastwagenfahrer, gelten noch einmal andere Regelungen. Sie können testfrei bleiben, wenn sie sich weniger als 72 Stunden in Deutschland aufhalten. Ihre Ankunft muss aber im Internet als Einreise angemeldet werden.
Den Grenzverkehr zwischen NRW und Niederlande einschränken
„Durch die neuen Regeln soll ganz klar der kleine Grenzverkehr eingeschränkt werden“, macht auch Eßelborn noch einmal deutlich. Es solle verhindert werden, dass viele aus dem Nachbarland „mal eben einen Kaffee trinken oder im Blumenhandel einkaufen gehen und die Tanke direkt hinter der Grenze nutzen“.
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Die neue Strategie scheint aufzugehen. Die Mitarbeiter der Aral-Tankstelle im Ort Herongen, der unmittelbar vor der Grenze liegt, beklagen sich am Dienstag über fehlende Kundschaft. Ein „kleiner Schwung“ habe am Morgen noch für Betrieb gesorgt. Nun aber flache der Kundenverkehr merklich ab: „Unsere Holländer fehlen uns“, sagt eine Mitarbeiterin.
Einreisende sind über Testpflicht nicht informiert
Auch die niederländischen Nachbarn scheinen Sehnsucht nach ihren deutschen Freunden zu haben. Viele wollen am Dienstagmorgen nach Deutschland einreisen, in das Land, das so nah scheint und doch in weiter Ferne liegt. Die Beamten der Bundespolizei müssen mehrere Autofahrer abweisen. Viele von ihnen geben an, von der Testpflicht nichts zu wissen. Dennoch bleibt ihnen nichts anderes als die Rückfahrt.
Doch nicht nur für die zahlreichen Autofahrer, die an diesem Morgen nach Deutschland einreisen wollen, scheinen die strengen Kontrollen an der Grenze, die sonst ohne Probleme überquert werden kann, eigenartig zu sein. Selbst eine der insgesamt vier Beamt(inn)en, die in Straelen am Grenzübergang stehen, schüttelt nur den Kopf: „Das sind doch einfach nur noch verrückte Zeiten.“