Am Niederrhein. Bis Ende Februar soll der präzise Zuschnitt der “Roten Gebiete“ feststehen. Rheinische Bauern hoffen auf “sachgerechte Anpassungen“.
Dicke Pfützen auf den Äckern, das Wasser läuft nicht ab: Ab diesem Montag (1. Februar 2021) dürfen Landwirte in Nordrhein-Westfalen eigentlich wieder Dünger ausbringen, sprich: Gülle ausfahren - wenn, ja wenn der Boden die Nährstoffe auch aufzunehmen vermag. Davon aber kann aktuell keine Rede sein.
Der Start der neuen Düngesaison wird wohl noch mindestens eine Woche warten müssen, wenn nicht länger. Es wird eine Saison unter neuem Vorzeichen sein. Die Düngeverordnung war - auf Druck der EU - einmal mehr verschärft worden. In Gebieten, wo das Grundwasser besonders stark mit Nitrat belastet ist ("rote Gebiete"), darf nur 20% unter Bedarf gedüngt werden.
Neue Berechnungen des Lanuv
"Die Minderdüngung wird Einbußen bei Ertrag und Qualität zur Folge haben", fürchtet Paul-Christian Küskens, Bauer aus Niederkrüchten und Kreislandwirt für Krefeld-Viersen. "Die roten Gebiete sind für die Bewirtschaftung ein echtes Problem", sagt auch sein Kreis Klever Kollege Michael Seegers. NRW-weit war die Nitratbelastung laut Messungen zuletzt zurückgegangen. Am Niederrhein gibt es aber nach wie vor viele "rote Gebiete", vor allem linksrheinisch - in den Kreisen Viersen und Kleve.
Zwar vermag das Landesumweltamt (Lanuv) die Grundwasserbelastung dank neuer Berechnungen deutlich stärker einzugrenzen. Durch die sogenannte, wissenschaftlich gestützte "Binnendifferenzierung" hatte sich die Gesamtfläche der "roten Gebiete" landesweit um etwa zwei Drittel reduziert, auf noch rund 350.000 Hektar. Am Niederrhein ist dennoch viel rot geblieben. Bei den Rheinischen Bauern setzt man auf weitere "sachgerechte Anpassungen", so Verbandssprecherin Andrea Hornfischer.
Landwirtschaftskammer informiert
Der präzise Zuschnitt der Gebiete soll Ende dieses Monats vorliegen, aktuell werden noch regionale Nährstoffbilanzen eingearbeitet. Noch gibt es viele Fragen, Unsicherheit. "Linksrheinische Gebiete bei uns, die noch im Frühjahr grün waren, sind jetzt plötzlich rot", wundert sich Wesels Kreislandwirt Johannes Leuchtenberg. Und sein Klever Kollege Seegers meldet an, dass örtlich auch über landwirtschaftsfremde Einflüsse - etwa von Kläranlagen - gesprochen werden müsse.
Die Landwirtschaftskammer bietet zur neuen Düngesaison (corona-konform) Digitalveranstaltungen an, bei denen die Berechnungen des Landesumweltamtes regional, teilweise sogar auf Kreisebene erklärt werden. Kammersprecher Bernhard Rüb zeigt im Gespräch mit der Redaktion ausdrücklich Verständnis für die Lage der betroffenen Landwirte.
Folgen für die Viehbestände
"Wenn ausgerechnet meine 50 Hektar 'rot' sind, habe ich ein Problem", sagte Rüb. Versuche der Kammer zeigten, dass die Auswirkungen vermutlich nicht so gravierend sein werden wie vielleicht befürchtet: "Ja, es wird durch die Minderdüngung Ertragseinbußen geben - aber die liegen nicht bei 20 Prozent."
Abzuwarten bleibt freilich, welche Folgen die neue Düngeverordnung für die Viehhaltung hat. Denn: Wo die 20%-Minderdüngung dazu führt, dass die Gülle aus dem eigenen Stall nicht mehr vollends auf eigene Felder verteilt werden kann, muss diese - gegen Geld - an andere Betriebe abgegeben werden. Gelingt das nicht, bleibt die Verkleinerung der Viehbestände.