Im Zoo. Mit Zuchtprogrammen versucht auch der Arnheimer Burgers’ Zoo, bedrohte Tierpopulationen zu erhalten. Doch wie genau werden die Arten ausgewählt?
Wie wohl jeder Tierpark kann auch der Burgers’ Zoo in Arnheim regelmäßig Pressemitteilungen mit der Meldung einer besonderen Geburt rausschicken. Oft geht es dabei um vom Aussterben bedrohte Arten, wie etwa ein junges Breitmaulnashorn oder eine neugeborene Seekuh, über die wir uns sehr freuen.
Leider steht es um die Weltnatur nicht gerade gut, und jährlich werden neue, dicke Rapporte über das Schwinden von Tierpopulationen veröffentlicht. Im Rahmen von koordinierten Erhaltungszuchtprogrammen hoffen Zoos, wichtige Reservepopulationen in Menschenobhut aufzubauen. Andererseits leben in der ‚Arche Noah Zoo‘ nicht nur sehr bedrohte Tierarten. Davon zeugen etwa Erdmännchen, Böhmzebras oder Rosaflamingos, die man oft in den zoologischen Einrichtungen antrifft.
Arnheimer Tierpark: So funktioniert das Zuchtprogramm
Wie wählt ein Zoo die Arten aus, die er halten und zeigen will? Zwei Nashornweibchen, die vor mehr als zwei Jahren in der Savannenlandschaft des Burgers’ Zoos geboren wurden, ziehen in den kommenden Wochen in einen anderen Tierpark um. Da diese bedrohte Tierart im Rahmen eines europäischen Erhaltungszuchtprogramms – kurz EEP – gezüchtet wird, brauchen wir uns selber gar nicht nach einem anderen geeigneten Tierpark für unsere ‚Mädels‘ umzuschauen.
Dies ist die Aufgabe des Koordinators des Zuchtprogramms für Breitmaulnashörner. So ein Koordinator schaut sich die Blutlinien und Verwandtschaftsverhältnisse zwischen allen Breitmaulnashörnern in Europa an. Zusammen mit einem Komitee von anderen Nashorn-Experten aus der Zoowelt wird entschieden, wann und wohin ein jungerwachsenes Nashorn umsiedelt.
Zuchtprogramme: Nicht alle Tigerarten sind gleich
Es gibt jedoch keineswegs für alle gefährdeten Säugetierarten koordinierte Zuchtprogramme in europäischen Zoos. In anderen Tiergruppen – wie bei Fröschen oder bei Süßwasserfischen – ist sogar nur eine sehr kleine Minderheit der bedrohten Arten, für die bisher eine solche sichere Reservepopulation eingerichtet wurde. Bei so einem Zuchtprogramm werden für eine längerfristig gesunde Tierpopulation im Normalfall einige hundert Individuen benötigt.
Es macht daher weniger Sinn, von zwanzig bedrohten Arten je zehn Tiere zu halten, als mit den Kollegen zusammenzuarbeiten und gemeinsam von einer einzigen Art zweihundert Exemplare zu pflegen. Das bedeutet also: Qual der Wahl! Pumas oder Panther? Steppen- oder Mantelpaviane?
Keine natürliche Selektion: Europäische Zoos entscheiden
Für alle Arten ist kein Platz, daher erfolgt eine gar-nicht-so-natürliche Selektion. Nicht der stärkste oder anpassungsfähigste kriegt dann den Vorzug, sondern diejenigen, für die es ein gemeinschaftliches EEP gibt. Wer aber entscheidet, für welche Tiere ein solches EEP geschaffen wird? Und damit auch, welche Tierarten die Besucher mittelfristig in den größeren europäischen Zoos sehen werden?
Nicht alle Tiger sind gleich… Alle sind sie mehr oder weniger orange und gestreift, aber es gibt doch Unterschiede: Derzeit werden fünf Unterarten von Tigern unterschieden. Alle fünf Unterarten von Tigern sind vom Aussterben bedroht, aber in Zoos klappt die Nachzucht relativ einfach. Leider gibt es absolut nicht genug Zoogehege für Populationen aller fünf Tigerunterarten. Immerhin ist die Anzahl der Zoos begrenzt. Und ein Tierpark findet normalerweise einen Tigertyp ausreichend, meist will man dem Besucher nicht drei oder vier Tigerunterarten zeigen.
Nachzucht: Tierexperten geben Empfehlungen für Arten ab
Jetzt kommt der ‚regionale Kollektionsplan‘ ins Spiel. Kollektion, das klingt eher nach Modeschau oder Museum, aber die Gesamtheit der Tierarten im Zoo heißt auch so. Im regionalen Kollektionsplan einigt sich eine Gruppe von Biologen aus europäischen Zoos darauf, für wen es ein Zuchtprogramm geben wird, und für wen nicht.
Katzenexperten beschließen über die Katzenarten, Knorpelfischexperten über Haie und Rochen und so weiter. Arten, die als ‚nicht empfohlen‘ kategorisiert sind, werden schlussendlich durch Aussterben aus europäischen Zoos verschwinden. Unter den Tigern etwa haben sich die europäischen Zoos für den Sumatra- und den Sibirischen Tiger entschieden. Die amerikanischen Zoos konzentrieren sich auf die Malaysischen Tiger. So hoffen wir zusammen, von drei Tigerformen längerfristig gesunde Reservepopulationen zu erhalten.
Tierauswahl: Halsbandpekaris statt Pustelschweine
Die Zoos von Europa arbeiten erst seit dreißig Jahren seriös mit Zuchtprogrammen zusammen, und der Ansatz, auch die regionale Kollektionsplanung gemeinsam zu machen, ist sogar erst ungefähr ein Jahrzehnt alt. Dies ist zweifelsohne ein wichtiges Element für den Artenschutz. Aber es macht die Kollektionsplanung für den eigenen Zoo nicht immer einfach.
Besonders wenn man, wie der Burgers’ Zoo, auf das Nachbauen von gewissen Lebensräumen spezialisiert ist und dem Besucher Tiere und Pflanzen einer bestimmten Region nahebringen möchte. Auf der Wunschliste stehen dann auch schon mal Tiere, für die es (noch) kein EEP gibt. Der europäische Kollektionsplan wird zurate gezogen – aber dennoch werden wir in unserer amerikanischen Felsenwüste vorzugsweise die dorthin passenden Halsbandpekaris zeigen – und nicht etwa die von den Schweineexperten der Zoos empfohlenen philippinischen Pustelschweine!