Kamp-Lintfort. Wohnen und arbeiten mit Blick auf die Fördertürme: In Kamp-Lintfort entsteht auf dem Zechengelände ein neues Viertel. Das ist der Zeitplan.

Der Zechenpark ist schon wieder öffentlich zugänglich, die Landesgartenschau ist Geschichte, und bald rücken schon wieder Bagger an. Aus der Fläche des ehemaligen Bergwerks West soll das neue Wohnquartier „Friedrich Heinrich“ werden. Der Park, der bis Ende Oktober Teil der Laga war, bleibt den Kamp-Lintfortern erhalten. Nach Angaben von Nina Meise, Pressesprecherin der Laga, sind die Rückbauarbeiten weitgehend abgeschlossen, der große Spielplatz in Bergbau-Optik, der Park rund um den kleinen und großen Fritz sowie die Rundwege wieder begehbar. Erstmals dürfen jetzt auch Radfahrer und Hundebesitzer den Park nutzen und die Ruhe genießen, bevor neue Bauarbeiten starten. „Nur auf der Ausstellerachse müsse noch einiges zurückgebaut werden“, so Meise. „Dann ist unsere Arbeit hier beendet, und wir geben das Gelände zurück an die RAG, so dass die Baustelle für das Quartier eingerichtet werden kann“, sagt Meise.

Bereits 2018 stellten die Stadt und die RAG Montan Immobilien, welche Eigentümerin des Geländes ist, ein im Rahmen eines Wettbewerbs entstandenes Bebauungskonzept vor (siehe Grafik) . Die Stadtverwaltung stellt nun einen Bebauungsplan auf, damit es im kommenden Jahr losgehen kann. Für Bürgermeister Christoph Landscheidt ist es ein einzigartiges, zukunftsweisendes Projekt. „Der Stadtteil Lintfort ist Anfang des 20. Jahrhunderts rund um das Bergwerk entstanden, es liegt also sehr zentrumsnah“, erklärt er. Als 2012 die Zeche stillgelegt wurde, sei die Fläche mit der Mauer rundherum zu einer No-Go-Area geworden. „Sie ist aber ein integraler Part der Stadt“, so Landscheidt.

Bis zu 3000 Menschen können in dem neuen Viertel leben

Rund um die beiden Fördertürme am Quartiersplatz entsteht der neue Stadtteil.
Rund um die beiden Fördertürme am Quartiersplatz entsteht der neue Stadtteil. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Dieser wird jetzt wieder zum Leben erweckt. Insgesamt sollen auf 17 Hektar Fläche 800 bis 1000 Wohneinheiten für bis zu 3000 Menschen auf dem Gelände entstehen. Das Zentrum bildet der bereits bestehende Quartiersplatz mit den beiden Fördertürmen, rundherum entstehen Ein- und Mehrfamilienhäuser und in den denkmalgeschützten ehemaligen Betriebsgebäuden Büros für Firmen und Start-ups, Wohnungen und Co-Working-Spaces. Letztere könnten sich als besonders zukunftsträchtig erweisen, da auch nach der Corona-Krise viele Menschen weiterhin von zuhause arbeiten werden.

Der größte Vorteil für alle, die hier bald leben und arbeiten: Es liegt sehr zentral und trotzdem im Grünen, fußläufig sind die Innenstadt, die Hochschule und der Bahnhof, an dem bald auch Züge halten sollen, erreichbar. Nicht bei allen bereits bestehenden Gebäuden ist die Nachnutzung jedoch einfach, beispielsweise bei der denkmalgeschützten Lohnhalle. „Sie ist äußerst problematisch für jedwede Nutzung, Wohnungen sind dort undenkbar“, erklärt der Bürgermeister. Büros und Räumlichkeiten für Start-ups kommen aber in Frage, auch in Kooperation mit der Hochschule Rhein-Waal. Die historischen Gebäude erfreuen sich schon jetzt großer Beliebtheit bei Unternehmen, die das historische Ambiente schätzen, so Landscheidt.

Arbeiten in der Industriekulisse ist beliebt

Im Ruhrgebiet gibt es mit dem Stadtquartier Mont Cenis in Herne-Sodingen auf dem Areal der früheren gleichnamigen Zeche, der neuen Mitte in Dortmund-Eving rund um die ehemalige Zeche Minister Stein, oder dem Kreativ.Quartier Lohberg in Dinslaken auf dem Areal des Bergwerkes Lohberg/Osterfeld mittlerweile viele Beispiele für die erfolgreiche Revitalisierung und Quartiers-Entwicklung inmitten des urbanen Stadtgefüges.

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„Arbeiten in der Industriekulisse ist für viele sehr reizvoll. Da gibt es schon einige Anfragen“, sagt er. Und die denkmalgeschützten Gebäude mit Blick auf die Fördertürme sind auch die ersten, die nun umgewandelt werden, sie sind bereits an einen Investor veräußert worden. „Ich gehe davon aus, dass diese Ende 2021 auf den Markt gehen“, sagt Landscheidt. Ähnlich begehrt seien die geplanten Häusern und Wohnungen. „Bei allen vorherigen Wohngebieten, die in den vergangenen Jahren in Kamp-Lintfort freigegeben wurden, hatten wir wesentlich mehr Nachfrage, als wir bedienen konnten“, erklärt der Bürgermeister. Das werde voraussichtlich auch beim Wohnquartier Friedrich Heinrich so sein.

Bald auch Unesco-Weltkulturerbe?

Ein zusätzlicher Pluspunkt: Wer hierher zieht, könnte bald mitten im Unesco-Weltkulturerbe leben. Derzeit gibt es einen neuen Anlauf, die Industriekultur des Ruhrgebiets zum Weltkulturerbe erklären zu lassen . In Kamp-Lintfort geht es dabei um genau das Areal, wo jetzt das neue Viertel entsteht. „Das wäre für die ganze Stadt toll“, so Landscheidt.

So soll es aussehen: Oben ist die Friedrich-Heinrich-Allee zusehen, darunter die Reihe von Bestandsgebäuden und neuen Häusern, darunter in der Mitte der zentrale Quartiersplatz mit den beiden Fördertürmen, rechts und links die geplanten Wohnhöfe.
So soll es aussehen: Oben ist die Friedrich-Heinrich-Allee zusehen, darunter die Reihe von Bestandsgebäuden und neuen Häusern, darunter in der Mitte der zentrale Quartiersplatz mit den beiden Fördertürmen, rechts und links die geplanten Wohnhöfe. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Kamp-Lintfort sei eine wachsende Stadt, was neben der Hochschule auch daran liege, dass Kitaplätze für die Drei- bis Sechsjährigen kostenlos sind und es in den neuen Wohngebieten Nachlässe auf die Grundstückspreise für Familien mit Kindern gibt. „Das macht Kamp-Lintfort ausgesprochen attraktiv für Familien“, so Landscheidt.

Auch altersgerechte Wohnungen geplant

Bis die ersten Wohnungen außerhalb der Bestandsgebäude im neuen Stadtteil fertig sind, wird es aber wohl noch bis Ende 2022 dauern. Wie viel sie kosten werden, ist noch nicht klar. Es werde aber auch altersgerechte Wohnungen geben, zudem ist sozialer Wohnungsbau geplant. Das sei mit externen Investoren oft schwierig, „zur Not werden wir da aber als Stadt selbst tätig“, so der Bürgermeister.