An Rhein und Ruhr. Steigende Corona-Fallzahlen sorgen bei den Gesundheitsämtern für viel mehr Arbeit. Behörden steuern mit Zusatzpersonal nach – so ist die Lage.

Die Corona-Fallzahlen steigen weiter an. Die derzeitige Situation ist nicht nur eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, sondern besonders für das Gesundheitswesen belastend. Davon sind auch die Gesundheitsämter nicht ausgenommen, die sich unter anderem um die Nachverfolgung der Infektionen kümmern müssen – und dabei an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gehen. Doch wie sieht die Lage in den Gesundheitsämtern in der Region aktuell aus?

Die Stadt Duisburg war schon zu Beginn der Pandemie zu einem „Hotspot“ ernannt worden. Derzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt bei rund 250. Daher wurde beim Personal aufgestockt: 40 Bundeswehrsoldaten, 31 neu eingestellte Bachelor-Absolventen und Mitarbeiter aus anderen Bereichen der Stadtverwaltung unterstützen das Team des Gesundheitsamtes. Mehr als 160 Personen arbeiten derzeit allein an der Nachverfolgung der Fälle.

Gesundheitsämter: Verstärkung durch neue Einstellungen und Soldaten

Auch interessant

Auch in anderen Gesundheitsämtern in der Region hat man das Stammpersonal verstärkt: So hat die Corona-Krise das stark geforderte Gesundheitsamt des Kreises Viersen auf bald dreifache Personalstärke anschwellen lassen – jedenfalls, was die reine Zahl der Personen betrifft. Wie ein Kreissprecher auf Nachfrage der Redaktion berichtete, sind aktuell 145 Mitarbeiter im Einsatz. Das Stammpersonal liegt bei 58 Personen, und wurde mehrfach verstärkt – durch 25 Soldaten der Bundeswehr, zuvor aber auch schon durch Umbesetzungen im Kreishaus (36 Personen), externe Coronahelfer, Neueinstellungen und Fachkräfte vom Robert-Koch-Institut.

Ähnliches gilt auch für Mülheim : In Nicht-Coronazeiten, sprich: im Regelbetrieb, sind dort 74 Personen tätig. Aktuell sind 44 weitere dort beschäftigt, wie Stadtsprecher Volker Wiebels berichtet. Und: Es ist weitere Verstärkung geplant – speziell für die Kontaktnachverfolgung. Diese sei im Zusammenhang mit Gemeinschaftseinrichtungen extrem arbeitsaufwendig. Für diese Aufgabe spricht die Stadt gezielt Personen mit medizinischer Vorbildung an, die dann geschult werden. „Ausgebildete Gesundheitsaufseher, welche dies im Rahmen ihrer Ausbildung erlernt haben, sind auf dem Markt nicht zu bekommen“, sagt Wiebels.

Nachverfolgung treibt Gesundheitsämter an ihre Grenzen

Auch interessant

Ein Mitarbeiter des Altenheims misst bei einem Besucher die Temperatur. In Zukunft soll bei Altenheimen flächendeckend Coronatest durchgeführt werden.
Von Florian Langhoff und Dennis Freikamp

Beim Gesundheitsamt des Kreises Wesel stockt man das Personal stufenweise auf. „Grund hierfür ist die durchgehend zu erfolgende Kontaktnachverfolgung, sodass nicht alle neuen Mitarbeitenden sofort und gleichzeitig eingearbeitet werden können“, erklärt Pressesprecherin Anja Schulte. Auch hier hat man erst Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Kreishauses abgezogen. Jetzt soll zeitnah mit der Einarbeitung neu eingestellter Kräfte begonnen werden. Auch Oberhausen hat Personal aus anderen Bereichen zur Unterstützung des Gesundheitsamtes abgezogen – weswegen aktuell die Schulbibliotheken und die Stadtbibliothek in Osterfeld geschlossen sind.

Die Nachverfolgung bindet dabei das meiste Personal bei den Gesundheitsämtern. „Die hohen Fallzahlen erschweren die Arbeit des Gesundheitsamtes“, sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung Viersen. Gerade wenn Kitas oder Schulen betroffen sind, sei die Kontaktnachverfolgung eine sehr arbeitsintensive Aufgabe. Wie hoch der Arbeitsaufwand ist, zeigt das Beispiel des Gesundheitsamts in Duisburg: „Im Schnitt geben positiv getestete Personen zwischen fünf und 40 Kontaktpersonen an. Das Arbeitsaufkommen für die Nachverfolgung ist daher wegen des exponentiellen Anstiegs des Infektionsgeschehens immens. Das Team der Nachverfolgung tätigt im Schnitt bis zu 4500 Anrufe am Tag, um Kontaktpersonen zu erreichen“, heißt es aus der Pressestelle der Stadt. Man stoße in diesem Bereich langsam an die Grenzen des Machbaren.

Bürger arbeiten bei der Nachverfolgung meistens gut mit

„In der Regel arbeitet die Bevölkerung bei der Pandemiebekämpfung gut mit“, betont der Mülheimer Stadtsprecher Volker Wiebels. Zum Teil würden aber Kontakte vergessen, später nachgemeldet. Verschwiegene Kontakte könnten seitens der Stadt nur selten nachgewiesen werden. Vereinzelt würden Quarantäneanordnungen missachtet – da werde das Ordnungsamt eingeschaltet. In Duisburg sind die Reaktionen der Bürger gemischt. „Bei unseren Anrufen stoßen wir auf beides, auf Verständnis und Unverständnis. Für manche steht scheinbar die individuelle Freiheit über dem Allgemeinwohl“, heißt es. Die Kooperation der Bürger macht die Arbeit der Ämter etwas leichter – für eine Atempause bräuchte es aber wohl sinkende Fallzahlen.

>>>Das passiert bei einem positiven Corona-Test

Ist der Test positiv, wird die getestete Person vom Gesundheitsamt angerufen. Die Quarantäne beginnt mit dem Tag der Testung. Für Infizierte dauert die Isolation 10 Tage – wenn sie in den letzten 48 Stunden durchgehend symptomfrei sind. Im Kreis Wesel gilt die Quarantäne, sobald das Testergebnis bekannt ist.

Im Telefonat wird dann auch geklärt, wer eine Kontaktperson ersten Grades ist – also ein erhöhtes Infektionsrisiko hat. Dazu zählen neben Haushaltsangehörigen auch Personen, die längeren Kontakt zum Infizierten hatten. Auch diese werden vom Gesundheitsamt benachrichtigt und unter Quarantäne gestellt.