An Rhein und Ruhr. Immer wieder müssen aufgrund von Corona-Fällen Gruppen oder ganze Einrichtungen geschlossen werden. Das sagen Gewerkschaft, Träger und Eltern.

Die steigenden Corona-Fallzahlen machen nicht nur den Schulen und Universitäten in der Region zu schaffen. Auch Kindertagesstätten sind betroffen. Immer wieder müssen einzelne Gruppen oder ganze Einrichtungen geschlossen werden, weil Erzieherinnen oder Kinder positiv auf Corona getestet wurden. Eine Situation, die für alle Beteiligten anstrengend ist – Träger, Erzieherinnen, Eltern und Kinder.

Marlene Seckler von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in NRW bezeichnet die Situation in den Kindertagesstätten als „Katastrophe“. „Das Personal ist am Limit“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Erzieher müssen aktuell viel Kraft und Geduld aufwenden, in vielen Einrichtungen seien die Hygienematerialien bereits aufgebraucht. Und: „Uns fehlen schlichtweg die Kapazitäten“, erklärt Seckler. „Die Gruppen werden immer größer, das Personal immer weniger.“

Offener Brief der Gewerkschaft an das Familienministerium NRW

Die Gewerkschafterin betont, dass die Kindertagesstätten die Empfehlungen des Ministeriums gerne umsetzen würden. „Wir haben aber einen so hohen Personalmangel, der auf die Kosten der Beschäftigten geht“, klagt sie. In einem offenen Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) schilderte Verdi am Freitag die Situation in den Einrichtungen und stellt klare Forderungen. Dazu gehören unter anderem ein eingeschränkter Regelbetrieb sowie ein Appell des Ministers an die Arbeitgeber, Schutzmaterialien zur Verfügung zu stellen. „Es ist notwendig, das Personal und damit die Einrichtungen für Kinder arbeitsfähig zu halten, und dies kann nur über Entlastung gehen“, heißt es in dem Brief.

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Von Stephanie Weltmann und Matthias Korfmann

Den Personalmangel beklagt auch Pfarrer Albrecht Holthuis vom Evangelischen Kirchenkreis Wesel. „Die Personalsituation ist angespannt“, sagt er – wohl auch, weil sich in der aktuellen Corona-Lage keine neuen Nachwuchskräfte finden. „Wir versuchen trotzdem, alles für die Kinder möglich zu machen“, sagt er. Allerdings sei man aufgrund steigender Fallzahlen mittlerweile dazu übergegangen, die Corona-Maßnahmen intern zu verschärfen.

„Die Eltern dürfen die Kitas nicht mehr betreten und es gibt Maßnahmen, um die Gruppen möglichst zu trennen“, erklärt Holthuis. Bisher hatte der Kirchenkreis zwei Einrichtungen wegen Corona-Fällen komplett schließen müssen.

Auch bei der Evangelischen Kinderwelt, die Einrichtungen in Dinslaken, Voerde, Duisburg-Walsum, Hünxe, Schermbeck und Dorsten hat, mussten schon einige Einrichtungen und Gruppen schließen. „Es wurden dann jeweils die ganzen Gruppen oder Einrichtungen getestet“, sagt Reimund Schulz, Geschäftsführer der Kinderwelt. „Unsere Mitarbeiter fühlen sich mit den derzeitigen Maßnahmen soweit sicher – und ich denke die Eltern auch“, sagt er.

Er ist sich aber auch durchaus bewusst, dass die Mitarbeiterinnen derzeit sehr viel mehr leisten, als sonst ohnehin schon – auch um den Ausfall von Risikogruppen innerhalb des Personals zu kompensieren. „Alle sind total engagiert und es ist toll, was die Mitarbeiterinnen leisten“, sagt Schulz.

Beständige Sorge um neue Schließungen wegen Corona

Doch nicht nur aus Sicht von Trägern und Erzieherinnen ist die Lage angespannt. Auch die Eltern leben in ständiger Sorge, dass es „ihre“ Einrichtung oder Gruppe treffen könnte. „Man hofft jeden Tag, keinen Anruf zu bekommen, dass die Kita geschlossen wird“, berichtet Anja Sadat vom Elternbeirat der Stadt Kleve.

Bisher sei in der Kita noch alles, wie gewohnt – abgesehen von den Hygieneregeln und natürlich von der Absage von Veranstaltungen. „Wenn die Kita schließen müsste, könnte ich ins Homeoffice wechseln. Aber ich denke, es gibt genug Eltern, die diese Möglichkeit nicht haben“, sagt sie. Zumindest soll den Eltern eine erneute landesweite Schließung der Kitas und Kindertagespflege erspart bleiben. Dieses Versprechen hat Familienminister Joachim Stamp bekräftigt.

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Im Laufe des Monats Oktober kam es in 630 Einrichtungen in NRW zu Schließungen aufgrund von Verdachts- oder Infektionsfällen. Das meldet das NRW-Familienministerium und beruft sich auf Meldungen der Landesjugendämter. 339 Einrichtungen mussten demnach zum Teil geschlossen werden, 291 komplett.

NRW-Familienminister Joachim Stamp erklärte, dass sein Ministerium mit Trägern und Beschäftigten der Kitas im permanenten Austausch sei. „Um die Einrichtungen zusätzlich zu unterstützen, werden wir über die Träger weitere zwei Millionen FFP-2-Masken zu Verfügung stellen“, sagte er.