An Rhein und Ruhr. Clarissa Engels hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Bis heute leidet sie an Spätfolgen – und möchte andere mit ihrer Geschichte warnen.

Am Tulpensonntag feierte sie noch ausgelassen Karneval, das Coronavirus war zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt kein Thema. Am Rosenmontag zeigten sich erste Symptome. „Ich war platter als sonst, hatte Kopf- und Gliederschmerzen“, erklärt Clarissa Engels im Gespräch mit dieser Redaktion.

Die 26-Jährige kommt aus dem Kreis Heinsberg, dem Kreis, der zu Beginn der Pandemie traurige Berühmtheit erlangte. Zwar feierte Engels nicht auf der berüchtigten Karnevalsfeier in der Gemeinde Gangelt, vor einer Infektion hat sie es dennoch nicht bewahrt. Mit den Spätfolgen ihrer Erkrankung kämpft sie bis heute – und möchte andere warnen.

Wie stark sind junge Menschen von den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion betroffen? Die F acebook- Gruppe „COVID-19 Langzeitbeschwerden“ , in der auch Clarissa Engels Mitglied ist, hat mittlerweile über 1100 Mitglieder. „Die Gruppe wurde ins Leben gerufen, um Covid-19-Langzeitbetroffenen eine Plattform für den Austausch von Informationen und Erfahrungen mit den Spätfolgen der Erkrankung zu ermöglichen“, erklären die Gründer der Gruppe auf Anfrage.

Rund 30 Prozent der Mitglieder seien jünger als 35. Ein Ort zum Austauschen und gegenseitigen Unterstützen. „Der Austausch hilft vielen Langzeitbetroffenen dabei nicht mit ihren Symptomen allein zu sein und diese im Zusammenhang mit den Post-Covid-19-Erfahrungen anderer zu verstehen und bestätigt zu bekommen“, so die Gründer.

Corona-Langzeitfolgen: Die gleichen Symptome kamen wieder

Am 5. März ließ Clarissa Engels sich auf das Virus testen. Der Test war positiv. Bis zum 5. April musste sie sich in Quarantäne begeben. „Die Kopf- und Gliederschmerzen gingen schnell wieder weg“, sagt sie. „Allerdings kam danach ein trockener Schnupfen.“ Engels Nase war zu, lief aber nicht. „Ich hatte gar keinen Geschmackssinn mehr, alles hat nach Pappe geschmeckt.“ Hinzu kamen anhaltende Erschöpfung, Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, Atemnot.

„Die Symptome waren schlimmer als bei einer starken Grippe“, schildert Engels. Nachts schlafen fiel ihr schwer, möglich war es zum Teil nur mit geöffnetem Fenster und im Sitzen. Es ging bergauf. Nach ihrer Zeit in Quarantäne fühlte sich Engels besser. Im Mai kam der schwere Rückschlag: „Ich hatte exakt die selben Symptome“, erklärt sie.

Clarissa Engels (26) spricht über ihre Covid-19-Erkrankung
Clarissa Engels (26) spricht über ihre Covid-19-Erkrankung © Daniel Schriek | Daniel Schriek

Ein weitere Corona-Test folgte. Ergebnis: negativ. Die Folgen ihrer Infektion spürt die 26-Jährige noch heute. „Vorher war ich 15 Kilometer joggen, das war nie ein Problem. Daran ist aktuell gar nicht zu denken.“ Vor einigen Tagen ist sie mit Arbeitskollegen in die Stadt gegangen, ein Fußweg von fünf Minuten. „Danach war ich so fertig, dass ich eine Stunde Pause machen musste.“

Ihr Geruchssinn ist bis heute beeinträchtigt, bei Waschmittel, welches sie immer genutzt hat, riecht sie nur die unangenehmen Stoffe. „Das ist echt gruselig“, sagt sie. Und auch ihr Kurzzeitgedächtnis macht ihr nach wie vor Probleme, zum Teil vergisst sie manche Sachen einfach.

Ursachen für Corona-Langzeitfolgen: Ärzte konnten Clarissa Engels nicht helfen

Woran es liegt – genaue Antworten auf diese Frage hat Engels nicht. Seit Februar hat sie zahlreiche Ärzte aufgesucht, darunter auch Fachärzte. „Irgendwann war ich so verzweifelt, dass ich heulend in der Arztpraxis stand“, sagt sie. Mittlerweile hat sie das Aufsuchen von Ärzten eingestellt, ihren Hausarzt stellen ihre Langzeitfolgen vor ein Rätsel. Engels hat einen Antrag für eine Reha gestellt, noch heute wartet sie auf einen Platz.

Langzeitfolgen bei Covid-19-Erkrankten können ganz unterschiedlich ausfallen, die Gründer der Facebook-Gruppe konnten mittlerweile über 100 verschiedene Symptome ausmachen. „Dazu gehören anhaltende und neu auftretende Probleme mit Herz, Lunge, Leber, Niere, Nerven- und Immunsystem, Haut, Gefäße, Magen und Darm, Muskeln und Knochen“, erklären sie.

Betroffenen-Gruppe: Die Verläufe fallen unterschiedlich aus

Auch die Verläufe fallen unterschiedlich aus. Manche Mitglieder seien seit ihrer Erkrankung komplett eingeschränkt, andere berichten von Wochen und Monaten ohne Symptome. „Wiederum andere Betroffene erleiden alle zwei bis drei Wochen Rückfälle, bei denen sie wieder tagelang ans Bett gebunden sind und sich selbst nicht adäquat versorgen können.“

Im August hat die Gruppierung einen öffentlichen Brief an die Bundesregierung geschickt. Darin fordern sie unter anderem die Einrichtung von regionalen, fachübergreifenden Ambulanzen zur Akut- und Nachbetreuung der Langzeitbetroffenen sowie die Förderung von Studien, um die Grundlage der Erkrankung weiter zu erforschen.

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Die Bereitschaft vieler Gruppenmitglieder mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu treten sei in den vergangenen Wochen gesunken. „Langzeitbetroffene berichten in fast allen Fällen von Unverständnis, Verleumdung, persönlichen Anfeindungen und Hassrede in Reaktion auf ihre Beiträge zu Medienberichterstattungen zum Thema Post-Covid-Beschwerden“, erklären die Gründer.

Covid-19-Langzeitbeschwerden: Webseite gibt Informationen

Neben der Facebook-Gruppe haben die Gründer mittlerweile die Webseite www.c19langzeitbeschwerden.de online gestellt. Die Seite dient dazu, „Betroffene, Angehörige, behandelnde Ärztinnen und Ärzte, Politik und Öffentlichkeit über die möglichen gesundheitlichen Langzeitbeschwerden nach einer COVID-19-Infektion zu informieren“, heißt es.

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