Am Niederrhein. Auf dem Grünland ist nicht genügend Winterfutter gewachsen, Bauern müssen teuer zukaufen. Gerade auch der Niederrhein ist betroffen.

Das dritte trockene Jahr in Folge stellt Milchbauern in Nordrhein-Westfalen vor erhebliche Probleme. Auf dem Grünland ist erneut nicht genug Winterfutter gewachsen, Landwirte müssen teuer zukaufen. "Bei Erzeugerpreisen von 32 von 35 Cent je Liter können viele nicht kostendeckend produzieren", berichtete Paul Christian Küskens, Fachsprecher der Milchlandwirte bei den Rheinischen Bauern, gegenüber der Redaktion (28. Oktober 2010).

Küskens hat selbst einen Hof mit 65 Tieren in Niederkrüchten (Kreis Viersen). Er nannte die Lage "desaströs". Nach dem zweiten Schnitt sei das Gras in diesem Jahr nicht mehr gewachsen. Es gebe aber große regionale Unterschiede, weil der Regen sehr unterschiedlich, sehr lokal gefallen sei. "Es ist vorgekommen, dass es in Gangelt im Kreis Heinsberg geregnet hat - und bei uns nicht", berichtete Küskens.

Niederrhein ist sowas wie Nordrhein-Westfalens "Milchkanne"

Ausgerechnet der Niederrhein ist aber auf regelmäßige Niederschläge angewiesen, weil die häufig sandigen Böden Feuchtigkeit nur schwer halten. Und ausgerechnet der Niederrhein hat für die Milcherzeugung in NRW besondere Bedeutung. Nirgendwo sonst im Bundesland gibt es so starke Strukturen und so viele Milchkühe wie im Kreis Kleve - nämlich 55 219 Tiere, laut jüngster Viehzählung vom Mai 2020.

In den Kreisen Viersen und Wesel spielen Milchkühe in der Landwirtschaft auch eine wichtige Rolle, ebenso in Borken im benachbarten Westmünsterland. Landesweit hatte die Zählung im Mai 397.824 Tiere ergeben - etwa 1,9% weniger als vor Jahresfrist. Die Zahl der Milchkuhhaltungen ging auf 5244 Betriebe zurück, ein Minus von 4%. Im laufenden Jahr dürfte die Zahl weiter zurückgehen.

Aussetzung der Raten für laufende Kredite

Wie NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) jetzt dem Fachausschuss des Landtags berichtete, verhandeln vermehrt Bauern mit ihren Banken über eine Aussetzung der Tilgung laufender Kredite. Das betreffe insbesondere Milchbauern, die Darlehen in einer Phase niedriger Milchpreise oder für größere Ställe aufgenommen hätten. Das wisse man aus Beratungen dieser Bauern mit der Landwirtschaftskammer.

In etlichen Betrieben seien die Reserven an Grobfuttermitteln zur Ernte 2020 vollständig verbraucht gewesen, heißt es weiter im Bericht. Die Milchleistung dort sei stagnierend bis leicht rückläufig. Die angespannte Futtersituation ist demnach häufig der auslösende Grund für Liquiditätsprobleme, jedoch nicht vorrangige Ursache, betonte die Ministerin. Besondere Dürrehilfen sind laut Heinen-Esser in diesem Jahr nicht vorgesehen, sie sollen die Ausnahme bleiben.

"Bauern fragen sich, ob es noch Sinn macht"

Die Fragen in der betriebswirtschaftlichen Beratung der Landwirtschaftskammer gehen teilweise noch sehr viel tiefer, wie Kammersprecher Bernhard Rüb auf Nachfrage der Redaktion berichtete. Vermehrt ließen sich Bauern eine mögliche Betriebsaufgabe durchrechnen - was mit Blick auf Altersvorsorge und Vermögenssicherung durchaus komplex sei.

Auch interessant

"Bauern fragen sich, ob es noch Sinn macht", so Rüb. Das habe in der Regel mehrere Gründe: "Da können auch Umweltauflagen eine Rolle spielen, die durchaus vernünftig sind, aber Geld kosten und keines einbringen." Seit gut einem Jahr, so Rüb, stellten sich vor allem Milchbauern die Sinnfrage - und zuletzt auch verstärkt Sauenhalter. Deren Zahl hat sich in NRW ohnehin seit dem Jahr 2010 auf zuletzt 1660 praktisch halbiert.

Staatliche Förderung für Versicherungen?

"Ich fürchte, dass in den nächsten Jahren vermehrt Milchkuhhalter in meiner Größenordnung aufgeben", sagt der Niederkrüchtener Paul Christian Küskens. Er meint, das könne nicht im Sinne der Politik sein, die ja kleine und mittlere Strukturen auf dem Land erhalten wolle. Küskens regt an, dass es angesichts des Klimawandels eine staatliche Förderung für sogenannte "Mehrgefahrenpolicen" geben solle, mit denen sich Bauern gegen solche Dürreschäden versichern können.