An Rhein und Ruhr. Seit drei Wochen steigen die Aufgriffsmengen an der Grenze zu den Niederlanden. Wollen Drogenbanden noch schnell ihre Lager füllen?

Seit gut drei Wochen, also seit die Corona-Zahlen immer drastischer steigen, registriert der Zoll in Nordrhein-Westfalen vermehrt Schmuggelversuche von Rauschgift in großem Stil. "Möglicherweise versuchen Kriminelle, ihre Drogenlager vor einem von ihnen befürchteten Lockdown aufzufüllen", vermutete Stefan Muhr, der stellvertretende Leiter des Zollfahndungsamtes an diesem Montag (19. Oktober 2020).

Das zurückliegende Wochenende gilt unter den Fahndern als "heftig" - bei diversen Aufgriffen zwischen Münsterland und dem Raum Aachen stellten Beamte von Zoll und Bundespolizei im Grenzgebiet zu den Niederlanden insgesamt 137 Kilo verschiedener Drogen sicher. Der Straßenverkaufswert summiert sich auf mehr als 2,2 Millionen Euro.

Auch 360 Cannabis-Stecklinge entdeckt

So wurden insgesamt mehr als neun Kilo Kokain, über vier Kilo Heroin und 57 Kilo Haschisch von Beamten des Hauptzollamtes Münster und des Grenzüberschreitenden Polizei Teams (GPT) der Bundespolizei Kleve sichergestellt. Die Fahnder des Hauptzollamtes Duisburg und der Bundespolizei Kleve brachten am Niederrhein über 29 Kilo Ecstasy und 23 Kilo Marihuana auf. Den Aachener Zöllnern und Bundespolizisten gingen über ein Kilo Marihuana und 360 Cannabisstecklinge ins Netz.

Und am Flughafen Köln-Bonn wurden durchs Hauptzollamt Köln im auch bei Dealern immer beliebter werdenden Post- und Paketverkehr zusammen fast 13 Kilo Drogen sichergestellt - darunter fast zwei Kilo Heroin, sowie Marihuana und Kaudroge Khat. Die Ermittlungen dauern in allen Fällen an. Zu Festnahmen und den genauen Aufgriffsorten äußerte sich das Zollfahndungsamt noch nicht. Keine Angaben gab es zunächst auch dazu, ob die Drogen nur auf Durchreise oder für NRW bestimmt waren.

So gut wie kein Individualverkehr während des Lockdowns

Die in NRW registrierte Drogenkriminalität steigt seit Jahren an. Während des Lockdowns im Frühjahr war die Grenze zu den Niederlanden zwar nie vollständig zu; es gab aber so gut wie keinen Individualverkehr, in dem Schmuggler hätten untertauchen können. Einige Aufgriffe gab es aber dennoch: Im Mai zum Beispiel entdeckten Zöllner auf einer Landstraße bei Brüggen im Kreis Viersen 100 Kilo Amphetamin in einem aus den Niederlanden eingereisten VW.

Laut Landeskriminalamt ging in diesem Frühjahr die Zahl der polizeilich erfassten Rauschgiftdelikte in NRW während der Lockdown-Monate März, April und Mai zurück - um etwa 40 % gegenüber den Vergleichsmonaten von 2019. "Ausgangsbeschränkungen, einhergehend mit vermehrten Kontrollen zur Einhaltung des Versammlungsverbots sowie die sich daran anschließenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das öffentliche Leben dürften hierfür ausschlaggebend gewesen sein", heißt es beim LKA.

LKA: "Hamsterkäufe" gibt es auch bei Drogen

Gab es Versorgungsengpässe? "Es liegen hier keine Erkenntnisse vor, dass sich an der hohen Verfügbarkeit von Rauschgift, insbesondere im Internet, seit dem Beginn der Corona-Pandemie etwas verändert hat", so die Experten vom LKA auf Nachfrage der Redaktion. Ganz im Gegenteil gehen die Fachleute davon aus, dass sich der Handel mit Rauschgift weiter in den digitalen Raum verlagere.

"Die Zahl der Online-Angebote von Rauschgift wächst", heißt es beim LKA. Der Versand des Rauschgiftes erfolgt dann in der Regel auf dem Postweg. Im Internet wie im Straßenhandel werde drohenden Lieferengpässen - ganz ähnlich wie beim Handel mit legalen Produkten - zum Teil mit Vorratskäufen begegnet.