An Rhein und Ruhr. Das LKA veröffentlicht ein neues Lagebild zur Rauschgiftkriminalität. 2019 wurden in NRW so viele Delikte gezählt wie seit 20 Jahren nicht.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche mit illegalen Drogen erwischt. Das geht aus dem neuen Lagebild "Rauschgiftkriminalität" hervor, welches das Landeskriminalamt (LKA) jetzt veröffentlicht hat. Die jüngsten Tatverdächtigen mit Ecstasy oder Kokain waren keine 14, mit Cannabis sogar keine sechs Jahre alt.
Ein LKA-Sprecher präzisierte die Zahlen an diesem Mittwoch (30. September 2020) auf Nachfrage der Redaktion. 245 erfasste Tatverdächtige im Zusammenhang mit Cannabis waren im Jahr 2019 aus Polizeisicht Kinder, also keine 14 Jahre alt. Im Jahr zuvor waren es 211 gewesen. Im Zusammenhang mit Amphetamin 29, mit Ecstasy 18 und mit Kokain einer.
1,6% mehr Drogendelikte in NRW als 2018
Ein Tatverdächtiger unter 16 Jahren wurde mit Heroin erwischt. "Die Frage, ob die Täter immer jünger werden, kann pauschal nicht beantwortet werden", erklärte der LKA-Sprecher. Gerade im unteren Altersbereich seien die Fallzahlen zu niedrig, um aussagekräftige Angaben darüber tätigen zu können.
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Das Lagebild warnt insgesamt vor einem gefährlichen Konsumverhalten und einem wachsenden Betäubungsmittelmarkt. Im Jahr 2019 registrierte die Polizei in NRW insgesamt 68.872 Rauschgiftdelikte -1,6% mehr als im Vorjahr und so viele wie seit 20 Jahren nicht. Rauschgiftkriminalität gilt allerdings als klassische "Kontrollkriminalität". Je mehr Beamte ermitteln, je mehr Razzien es gibt - desto höher sind die erfassten Fallzahlen.
Crystal hat keine besondere Marktrelevanz
Kokain (10,6% mehr Fälle), Amphetamine (Fallzahl fast unverändert, aber sehr hoch) und Cannabis (2,5% mehr Fälle) dominieren das Bild. Bei Heroin gehen die Deliktzahlen seit zehn Jahren deutlich zurück, 2019 waren sie gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. 292 Menschen verloren infolge von Rauschgift ihr Leben - 52 mehr als im Vorjahr. Laut Lagebild sind vor allem mehr Langzeitkonsumenten verstorben.
Die Sicherstellungsmengen der einzelnen Drogen bei gingen dem Lagebild zufolge teilweise deutlich zurück; was aber damit zu tun hat, dass es im Jahr zuvor einzelne Großfunde gegeben hatte, die die Statistik nach oben getrieben hatte. Das besonders schnell süchtig machende und damit besonders tückische Crystal Meth hat nach Einschätzung des Landeskriminalamtes bislang "in NRW keine besondere Marktrevelanz".
Crystal-Labore in den Niederlanden
Allerdings ist die Sicherstellungsmenge bei Crystal Meth deutlich gestiegen: Die Polizei, insbesondere aber der Zoll konnten in NRW mindestens 211,3 Kilogramm aufgreifen (2018: 129,1 Kilogramm), wie das LKA auf Nachfrage der Redaktion mitteilte. Der allergrößte Teil scheint aber für den Weitertransport bestimmt gewesen zu sein. Der Zoll sieht NRW als Transitland für Crystal Meth, nachdem in den benachbarten Niederlanden offenbar eigens dafür mehrere Drogenlabore entstanden sind.
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Die Wirkstoffgehalte der einzelnen Drogen sind dem Lagebild zufolge teilweise noch weiter gestiegen. Bei Haschisch-Sicherstellungen kamen LKA-Untersuchungen auf einen durchschnittlichen THC-Gehalt von 17,2% (Vorjahr 16,4). Bei Amphetamin- und Kokainsicherstellungen gab es leichte Wirkstoff-Rückgänge, aber immer noch sehr hohe Werte. Ausgerechnet bei Heroin gab es Anstieg von 28,1 auf 31,3%. "der hohe Wirkstoffgehalt ist hier besonders gefährlich, weil er zu einer lebensbedrohlichen Überdosierung führen kann", erklärte der LKA-Sprecher.
LKA sieht hohe Verfügbarkeit von Drogen
Ganz grundsätzlich gilt: "Trotz hoher oder sogar auch steigender Reinheitsgehalte bleiben die Preise stabil", heißt es beim Landeskriminalamt. Auch nach Großsicherstellungen lassen sich keine Preisänderungen feststellen. "Dies deutet auf eine hohe Verfügbarkeit der Drogen hin", erklärte der LKA-Sprecher.
Dazu passt: Immer öfter nutzen Dealer Online-Versand. Rauschgift wird in dunklen Kanälen des Internet ("Darknet") bestellt und auf dem Postweg geliefert. "Der Internet-Handel boomt", heißt es im Lagebild. Passend zur Zeit gibt es auch neue, teilweise sehr gefährliche Konsumformen - so werden synthetische Betäubungsmittel zunehmend und hochwirksam in E-Zigaretten „gedampft“. in einzelnen Fällen hätten Konsumenten schon nach dem ersten Zug einer notärztlichen Behandlung bedurft.