Niederrhein. Hausboote bieten gediegenen Luxus und trotzdem ein naturnahes Erlebnis. Der Niederrhein ist in Corona-Zeiten ein beliebtes Urlaubsziel.

Es weht eine leichte Brise, fast wie an der echten Küste. Die Loggia reicht ins Wasser hinein, ein Getränkekühler am Seil wartet darauf, mit Weinflaschen befüllt zu werden. An der rechten Hausseite hat ein Tretboot festgemacht, an der linken ein Segelbötchen. Romantisch ist es hier am Diersfordter Waldsee, wo es sich Vera und Rainer Rabe aus dem Westerwald gutgehen lassen. Wenn ihr Urlaub zu Ende ist, wollen sie bald wieder kommen an den Niederrhein.

Gediegener Luxus: Das Wasser des Baggersees in Wesel übernimmt die Kühlung des Weins.
Gediegener Luxus: Das Wasser des Baggersees in Wesel übernimmt die Kühlung des Weins. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Das freut Martina Baumgärtner, Geschäftsführerin des Niederrhein-Tourismus in Viersen. Der Niederrhein ist beliebt bei Urlaubern. Selbst Urlauber aus Norddeutschland will die Tourismus-Chefin entdeckt haben. Die waren in der Vergangenheit eher eine Rarität.

Niederrhein ist bei Radtouristen und Wanderern beliebt

Die Touristen kommen vor allem als Fahrradtouristen, aber auch das Wandern erhalte Baumgärtner zufolge neuen Schwung. Die meisten Gäste übernachten in Ferienwohnungen, bei den Hotels könnte es der obersten Niederrhein-Touristikerin zufolge besser laufen. Tourismusverband, Dehoga und Hoteliers arbeiten nun an Ideen und Konzepten, um im Herbst und Winter wieder mehr Gäste in die Gastronomie und Hotels zu bekommen – auch mit Blick auf die Weihnachtsfeiern. Auch die Camping- und Wohnwagenstellplätze seien bei Gästen stark nachgefragt.

Campingurlaub, Übernachtungen in schwebenden Zelten und Höhlen in Hamminkeln

Das bestätigt Stefanie Kurkowiak vom Erholungsgebiet Dingender Heide. Seit der Öffnung im Mai nach dem Lockdown seien die Campingplätze durchweg gebucht.

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In diesem Sommer kommen besonders viele Gäste aus der angrenzenden Region, sie buchen statt einem Kurztrip nun häufiger einen längeren Aufenthalt, so Kurkowiak. Weniger Touristen als sonst kommen in diesem Jahr aus Holland und Belgien, hat sie beobachtet.

Auf dem Campingplatz in der Dingdener Heide in Hamminkeln gibt es schwebende Zelte und seit vergangenem Jahr auch Hütten in Höhlenform.
Auf dem Campingplatz in der Dingdener Heide in Hamminkeln gibt es schwebende Zelte und seit vergangenem Jahr auch Hütten in Höhlenform. © WAZ FotoPool | Volker Herold

Auch Ruth Opgenhoff von der Alten Mühle in Twisteden im Kreis Kleve ist zufrieden mit der Auslastung. Während des Lockdowns habe sie Glück gehabt, weil sie Geschäftsreisende und Monteure unterbringen durfte. „Ab Anfang, Mitte Juni sind wir dann überschüttet worden mit Anfragen“, sagt sie zur NRZ.

Perspektiven für die Herbstferien

Für den Herbst hat sie noch ein paar freie Kapazitäten, doch sie glaubt, dass die Menschen derzeit wegen der Diskussion um die zweite Welle noch etwas zurückhalten seien. Sollte der Schulstart funktionieren, rechnet sie mit weiteren Buchungen in den Herbstferien.

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Frank Willemsen hat erst vor vier Wochen sein besonderes Kanada-Blockhaus in Niederkrüchten zur Vermietung freigegeben. Eigentlich wollte die Familie dort selbst einziehen, doch jetzt wird es zunächst vermietet. Und es wird ihm zufolge bereits gut nachgefragt, „besser als gedacht“, sagt er. Für die Herbstferien gibt es bereits erste Anfragen.

Hausboote in Xanten und Wesel sind enorm gefragt

Beliebte Urlaubs- und Naherholungsgebiete sind auch die Baggerseen am Niederrhein wie die Xantener Nordsee oder eben der Diersfordter Waldsee in Wesel; vor allem, seitdem dort Ferien auf dem Wasser möglich sind. In den Hausbooten lässt es sich gut aushalten und abschalten. Trotz Vollauslastung aller sieben Hausboote ist es am Diersfordter Waldsee ruhig. Die Urlauber nehmen gegenseitig Rücksicht. „Wir sprechen mit gedämpfter Stimme“, sagt Vera Rabe. Sie lächelt beim Gedanken an das Gespräch der Nachbarurlauber, das sie kürzlich aufgeschnappt hat. Es ging um die Frage, wie man „Kniffel“ möglichst leise spielen kann. Außer dem Platschen der Pedale beim Tretbootfahren sind hier kaum Nebengeräusche zu hören – außer die der Natur.

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Bekannt aus der Fernsehsendung „Land & Lecker“

Die ersten warmen Nächte haben die Rabes in einer riesigen Nestschaukel auf der Terrasse zum Wasser hin verbracht. „Ich habe die Gänse gehört“, erzählt Vera Rabe.

Vera und Rainer Rabe aus dem Westerwald genießen die Ruhe in Wesel. Sie kommen gern wieder an den Niederrhein.
Vera und Rainer Rabe aus dem Westerwald genießen die Ruhe in Wesel. Sie kommen gern wieder an den Niederrhein. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Von den Hausbooten am Niederrhein hat sie durch die WDR-Sendung „Land & Lecker“ erfahren, rief bei Familie Dingebauer in Wesel an und bekam zu hören: Ausgebucht! Schade.

Vera Rabe schloss schon fast mit der Urlaubsplanung ab, fügte am Telefon noch hinzu, dass sie und ihr Mann flexibel seien und im Falle von Stornierungsfällen womöglich bereitstünden. Und so kam es dann auch. Nach Absagen eines Skiurlaubs, eines Hochzeitsbesuchs auf Sizilien und einer Wohnwagen-Tour in Kanada haben die Rabes jetzt doch Urlaub.

Sie haben ihr Tandem mitgebracht und erkunden damit den Niederrhein. Sie radeln, lesen, und begeben sich mit dem Tretboot auf Biberbau-Suche. Und das Schönste: Das Hausboot bietet einen Sauna für Zwei mit Panoramablick auf den See. Wem der Sinn nach noch mehr Wärme steht: In der Ferienwohnung gibt es einen offenen Kamin.

360-Grad-Wintergarten auf dem Hausboot, Kamin und Sauna mit Seeblick

Sieben Hausboote stehen Urlaubern zur Verfügung, zwei sind gerade einmal zwei Wochen alt. Sie bieten sogar einen kleinen 360-Grad-Wintergarten. Eigentlich sollten sie schon im April geliefert werden, doch durch geschlossene Grenzen aufgrund der Corona-Krise wurde daraus nichts, erklärt Betreiberin Dorothee Dingebauer. Drei weitere Hausboote sind in Zukunft noch geplant.

In der alten Twistedener Mühle im Kreis Kleve vermietet Ruth Opgenhoff seit rund vier Jahren Ferienwohnungen.
In der alten Twistedener Mühle im Kreis Kleve vermietet Ruth Opgenhoff seit rund vier Jahren Ferienwohnungen. © KB | KB

Auch in Xanten sind die Hausboote gefragt. Bis zum 24. Oktober ist bei Andreas Orlowski alles ausgebucht. „Ab Mitte Mai, direkt nach dem Lockdown gab es einen starken Ansturm auf unser Hausboot und Nachfragen für den Sommer“, sagt Orlowski. „Das waren viele Gäste, deren Auslandsurlaub storniert wurde und sich nun in Deutschland nach einer Alternative umgeschaut hatten. Die Anfragen konnten wir allerdings nicht bedienen, da unser Hausboot über den Sommer in der Regel bereits spätestens im Januar sowieso ausgebucht ist.“ Und trotzdem ist diese Saison keine gute: „Die Corona-Krise spüren wir, da wir die ausgefallenen Monate März bis Mai nicht nachholen können und darüber hinaus alle Zahlungen unserer Gäste kurzfristig erstattet hatten“, so Orlowski. „Insgesamt rechnen wir für 2020 mit 25 bis 30 Prozent weniger Gewinn als in den Jahren davor.“

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Ein ähnliches Bild zeigt sich auf der „Xanten 3“ von bei Dirk Müller-Conrady. „Die Anlage ist seit Bestehen nahezu immer ausgebucht“, schildert er auf NRZ-Anfrage. „Festzuhalten ist, dass die Nachfragen enorm zugenommen haben, seitdem Urlaub nach dem Lock Down wieder möglich ist. Gefühlt erhalten wir derzeit die doppelte Anzahl an Anfragen, können diese jedoch trotzdem nicht bedienen, da wir bereits vorher ausgebucht waren“, sagt er.

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Dass der Urlaub vor der Haustür und der Urlaub in Deutschland auch im kommenden Jahr beliebt sein wird, daran glauben alle Gesprächspartner. Am Stand des Niederrhein-Tourismus auf der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort würden die Infomaterialien stark nachgefragt, schildert Martina Baumgärtner. Sie rät daher: „Interessierte sollten auf jeden Fall frühzeitig buchen!“