An Rhein und Ruhr. Bei in diesem Jahr schon 106 versuchten oder vollendeten Geldautomatensprengungen in NRW entstand Sachschaden von insgesamt fünf Millionen Euro.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen zählt im laufenden Jahr schon mehr als 100 Angriffe auf Geldautomaten. Allein in der Nacht zu diesem Montag (29. Juni 2020) hatten Kriminelle in gleich drei Städten versucht, Automaten in die Luft zu jagen, um sie dann zu plündern - in Königswinter bei Bonn, in Bocholt und in Schmallenberg im Hochsauerland. Wohlgemerkt: Zwei Nächte zuvor war bereits ein Automat in Moers erfolgreich gesprengt worden.

Mit Stand Dienstag (30. Juni 2020) hat das Landeskriminalamt (LKA) für NRW in diesem Jahr bereits 106 Geldautomaten-Sprengungen registriert - mehr als im kompletten Vorjahr (2019: 105); in 62 Fällen davon blieb die Tat im Versuch stecken. Die Sachschäden summieren sich auf mittlerweile rund fünf Millionen Euro; zur Beutesumme machte das LKA auf Nachfrage der Redaktion keine Angaben. So viele Angriffe auf Geldautomaten wie jetzt hatte es in NRW zuvor noch nicht gegeben. Die Täter leiten Gas ein, um die Geräte zu zerstören - oder sie nutzen eigene Sprengstoffmischungen, deren Wirkung schwer bis gar nicht abzuschätzen ist.

Enge Zusammenarbeit mit Polizei in Niederlanden

Nach Einschätzung von LKA-Ermittlern geht ein Großteil der Sprengungen auf das Konto von Kriminellen aus den Niederlanden - und da vor allem aus den Großräumen Utrecht und Amsterdam. Dass die Täter nach NRW ausweichen, wird darauf zurückgeführt, dass Automaten in den Niederlanden anders gesichert seien. Den rasanten Anstieg der Fallzahlen in diesem Jahr sehen Ermittler wesentlich in der Corona-Krise begründet. Die Grenzen nach Belgien (und noch weiter: nach Frankreich) waren wochenlang geschlossen, nach Deutschland hingegen offen.

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Im Kampf gegen die Automatensprenger arbeite "seit langem sehr intensiv und erfolgreich" mit der Polizeikollegen in den Niederlanden zusammen, heißt es beim Landeskriminalamt, wo sich seit 2015 eine eigene Ermittlungskommission namens "Heat" mit diesen Delikten befasst. Aktuell würden die Ermittlungsressourcen in den Niederlanden neu aufgestellt, berichtete ein LKA-Sprecher auf Nachfrage der Redaktion. Auch auf deutscher Seite hat man auf den Anstieg der Fallzahlen reagiert und Fahndungs- und Präventionskonzepte angepasst.

Festnahmen in Den Hoorn und Weert

Mit offenbar ersten Erfolgen: Im laufenden Jahr gab es bereits acht Festnahmen wegen in NRW verübter oder geplanter Taten. Im Mai zum Beispiel waren zwei mutmaßliche Geldautomatensprenger nach rasanter Flucht in den Niederlanden in Weert bei Roermond gestellt worden. Und in der vergangenen Woche klickten ebenfalls in den Niederlanden in Den Hoorn bei Delft bei einem Mann die Handschellen. Dem Festgenommenen wird zwei Automaten-Sprengungen im Frühjahr 2019 vorgeworfen - eine in Wuppertal und eine hessischen Bad Vilbel. Die Ermittler prüfen, ob weitere Taten auf sein Konto gehen.

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Nach Angaben des LKA-Sprechers gibt es in NRW rund 10.000 Geldautomaten. Ein Teil von ihnen wurde in den vergangenen Jahren aufwändig nachgerüstet. Die Frage aber bleibt, ob angesichts der vielen Automaten-Sprengungen wirklich alle Standorte nötig sind. "Das Risiko für ihre Automaten müssen Geldinstitute selbst bewerten", sagte LKA-Sprecher. Die Polizei in NRW hat dazu eine Handlungsempfehlung für Banken und Sparkassen entwickelt.

Geldinstitute bauen zahlreiche gefährdete Automaten ab

Details aus dem Papier verrät der LKA-Sprecher wohlweislich nicht, sagt aber: "Es ist kein Geheimnis, dass wir als Polizei ein Risiko sehen, wenn Geldautomaten in Außenfassaden von Gebäuden angebracht sind." Mehrere Institute haben bereits auf die Handlungsempfehlung reagiert und gefährdete Automaten abgebaut oder angekündigt, dies zu tun - so zum Beispiel die Sparkassen in Essen, Düsseldorf, Bottrop, Siegen, Wuppertal, Köln/Bonn, Aachen, Münsterland-Ost sowie die Volksbank in der Region Aachen.