An Rhein und Ruhr. 66 Geldautomatensprengungen zählte das Landeskriminalamt NRW bereits im Jahr 2020. Nun werden Fahndungs- und Vorsorgekonzepte angepasst.

Noch nie wurden in Nordrhein-Westfalen so viele Geldautomaten von Kriminellen gesprengt wie in diesem Jahr. 66 Fälle hat das Landeskriminalamt (LKA) bis diesen Mittwoch (22. April 2020) registriert, in 43 davon blieben die Täter ohne Beute. Wie das LKA auf Nachfrage der Redaktion bestätigte, setzen die Täter anstelle des sonst üblichen Gasgemisches zunehmend auch Sprengstoff-Eigenmischungen ein, um die Automaten in die Luft zu jagen.

Mit dem Einsatz der Sprengstoff-Eigenlaborate reagierten die Täter auf die technische Aufrüstung der Geldautomaten, hieß es beim LKA. Doch egal, wie Automaten in die Luft gejagt werden: Die Gefahr, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen, besteht immer wieder. Bei einer Sprengung an diesem Montag in Bonn etwa hatte ein Anwohner ein Knalltrauma erlitten. Bei einer Explosion zwei Tage zuvor in Bochum hatte eine 100 Kilo schwere Stahltür eine Rigips-Wand durchschlagen und landete im Ankleidezimmer einer Wohnung - glücklicherweise wurde niemand verletzt.

Grenzen nach Frankreich und Belgien sind zu

Die Fallzahlen sind gegenüber früheren Jahren deutlich angestiegen. Laut LKA wurden in NRW im Vergleichszeitraum 2019 insgesamt 29 Fälle gezählt, 2018 waren es 31, 2017 waren es 30, 2016 insgesamt 39 und 2015 nur 4 Fälle. Die Beamten der zuständigen Ermittlungskommission "Heat" beim LKA ordnen 85% der Fälle professionellen Tätern zu, die aus den Niederlanden einreisen. "Deutsche Tatverdächtige sind nahezu bedeutungslos", hieß es auf Nachfrage der Redaktion.

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Den aktuellen Anstieg der Fallzahlen erklären die LKA-Ermittler damit, dass die Täter aufgrund von Präventionsmaßnahmen in den Niederlanden ins benachbarte NRW ausweichen. Die Grenzen nach Belgien und Frankreich seien wegen der Corona-Pandemie geschlossen, die nach Deutschland nicht. Derzeit passe man Fahndungs- und Präventionskonzepte an, teilten die Beamten der "EK Heat" mit.

Sind alle Standorte wirklich nötig?

Parallel liefen die gemeinsamen Ermittlungen mit den Ermittlungsteams in den Niederlanden gegen identifizierte Tätergruppen weiter - mit Erfolg, wie die LKA-Experten betonen. In der Vergangenheit habe es zahlreiche Festnahmen und Verurteilungen gegeben. An diesem Freitag beginnt am Landgericht Düsseldorf ein großes Verfahren gegen sieben Angeklagte, denen mindestens 15 Geldauto matensprengungen in NRW vorgeworfen werden.

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Banken und Sparkassen haben auch hierzulande mit teilweise hohem Aufwand Geldautomaten technisch aufgerüstet. Die LKA-Experten registrieren freilich, dass sich die Automatensprenger zunehmend Geräte aussuchen, die an Außenfassaden von Gebäuden angebracht sind, die als Einzelgeräte in Bau- oder Supermärkten stehen oder in Pavillons auf Parkplätzen. Solche Geräte lassen sich nach Einschätzung der Beamten mit bisherigen Präventionskonzepten teilweise gar nicht schützen. Die LKA-Experten regen an, zu prüfen, ob wirklich alle Standorte notwendig sind.