Berlin. Bitterliebe-Tropfen sollen es leichter machen, auf Süßigkeiten zu verzichten. Dr. Riedl erklärt, warum Käufer genau hinsehen sollten.
Ein paar Pfunde für die Strandfigur verlieren oder bei starkem Übergewicht drastisch Kilos loswerden: Das Thema Abnehmen treibt zahllose Menschen um. Beim Erfolgsweg sind sich die meisten Ärzte und Ernährungsexperten grundlegend einig: Nachhaltig ohne Jojo-Effekt abzunehmen, gelingt nur durch Zusammenspiel aus regelmäßiger Bewegung beziehungsweise Sport und einer gesunden Ernährung, bei der man weniger Kalorien aufnimmt, als man am Tag verbrennt.
Schwer tun sich viele aber damit, zwischen den Hauptmahlzeiten auf Süßes zu verzichten. Schon kurz nach dem Essen meldet sich der Süßhunger und verlangt nach Zucker. Ein Trick, der den Heißhunger unterdrücken soll, ist das Einnehmen von Bitterstoffen vor oder nach dem Essen. Neu ist die Erkenntnis nicht. Trotzdem sehen hier einige Hersteller eine Marktlücke.
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Zu den bekanntesten in Deutschland zählt Bitterliebe. Das Mannheimer Start-up hat mit seinen „BitterLiebe Tropfen“ durch die Gründer-TV-Show „Die Höhle der Löwen“ 2019 viel Aufmerksamkeit und einen Investor gewonnen. Heute verkauft Bitterliebe neben den bekannten Tropfen ein breites Sortiment an
- Kapseln,
- Saft,
- Spray,
- Tee sowie
- Pulver.
Doch was genau steckt in den Bitterliebe-Tropfen, wie sollen Sie beim Abnehmen unterstützen – und wie schätzt Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl die beworbene Wirkung ein?
Bitterliebe: Was steckt hinter den Tropfen zum Abnehmen?
„Die vielfältige Wirkung von Bitterstoffen auf unser Wohlbefinden ist schon lange bekannt, jedoch spielen sie heute im Leben vieler keine Rolle mehr“, beschreiben die Gründer Jan Stratmann und Andre Sierek ihre Mission. „Gleichzeitig leiden immer mehr Menschen an Problemen. Wir möchten Bitterstoffe wieder zurück in die Ernährung bringen, weil wir von ihrer geballten Kraft überzeugt sind.“
Dank der besagten TV-Show und dem Anschub von Investorin Judith Williams zählte Bitterliebe zu den am schnellsten wachsenden Food-Start-ups Europas. Mit ihrem Kernprodukt Bitterliebe-Tropfen, einem Nahrungsergänzungsmittel mit Pflanzen, Kräuterextrakten und Alkohol, wollen sie dem Süßhunger bekämpfen und das Wohlbefinden im Körper der Kundschaft steigern.
Als Verzehrempfehlung gibt der Hersteller an, „dreimal täglich jeweils 25 Tropfen“ – eine halbe Pipette – vor oder nach dem Essen auf der Zunge zergehen zu lassen. Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrmenge „darf nicht überschritten werden“. Außerdem weist Bitterliebe pflichtgemäß darauf hin, dass sein Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung und für eine gesunde Lebensweise verwendet werden sollte. Nicht geeignet sind die Bittertropfen laut Herstellerangabe für Schwangere, Stillende sowie Kinder.
Die Bitterstoff-Produkte der Firma gibt es im Online-Shop zu kaufen, aber auch in Drogeriemärkten wie dm und Rossmann sowie in Supermärkten. Das 50-Milliliter-Fläschchen Bitterliebe-Tropfen kostet 14,95 Euro plus Versand und soll etwa für einen Monat reichen.
Abnehmen und wohlfühlen: Das Werbeversprechen der Bitterliebe-Tropfen
Wer die Packung zur Hand nimmt, stößt auf drei Botschaften: „Perfekt nach dem Essen“, heißt es dort, „Für Naschkatzen“ und „Wohlfühl-Faktor“. Ganz vorn auf der Zutatenliste steht Alkohol mit 55% vol. „Kräuter extrahieren sich mit Abstand am besten in Alkohol. Daher werden auch die Bitterstoffe in unseren Tropfen mit Alkohol extrahiert, um die Wirkstoffe aus den Pflanzenzellen zu lösen“, erklärt der Hersteller auf Anfrage. Zudem verlängere der Alkohol die Haltbarkeit und könne den Geschmack abrunden, heißt es weiter. „Grundsätzlich ist der Alkoholgehalt aber nur sehr gering.“ Als alkoholfreie Alternative gibt es „BitterLiebe Tropfen Mild“ auf Basis von Glycerin und Apfelessig sowie eine kindgerechte Variante.
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Schwangeren empfehle man Bitterliebe die Abstimmung mit dem Arzt vor Einnahme der Tropfen, auch aufgrund der Bitterstoffe allgemein. Davon abgesehen bestehen die Bittertropfen nach Herstellerangaben aus Extrakten von 15 Naturkräutern. Sie werden demnach ohne Zusätze und Süßungsmittel in Deutschland hergestellt und auf Schadstoffe überprüft. Eine entsprechende Untersuchungsbescheinigung liegt vor.
Das zentrale Versprechen der Bitterliebe-Tropfen: Sie sollen das allgemeine Wohlbefinden steigern und dem typischen Hunger auf Süßes entgegenwirken. Erreicht werden soll das laut Hersteller, indem die Tropfen den Stoffwechsel anregen, das Hungergefühl verringern und die Fettverbrennung fördern. All das soll zu einer positiven Wirkung auf die Gewichtsreduktion die Gewichtsreduktion führen. Bitterliebe beruft sich auf eine studienbasierte Wirkung.
Aber was sagen diese Angaben des Herstellers und die angeführten Studien wirklich aus? Das fragen wir den Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl.
Warum unterdrücken Bitterstoffe den Süßhunger?
Bitterstoffe ändern die Geschmackswahrnehmung und können so das Verlangen nach Süßigkeiten mildern, erklärt Matthias Riedl: „Sie können durch die erhöhte Insulinsekretion den Blutzuckerspiegel regulieren und das Sättigungsgefühl erhöhen.“ Das könne den Hunger und das Verlangen nach Zucker reduzieren. Aber: „Die Wirkung hängt von vielen Faktoren ab und ist somit individuell“, sagt Riedl. Dass die Bitterstoffe verschiedene Effekte haben, sei grundsätzlich schon länger bekannt. Allerdings seien noch viele Funktionen unbekannt und müssten weiter erforscht werden.
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Eignen sich Bitterstoffe zum Abnehmen? Dr. Riedl sieht Vorteile
Bitterstoffe könnten den Speichelfluss und die Produktion von Magensaft- und Gallenflüssigkeit verbessern, die Insulinsekretion erhöhen und die Darmtätigkeit fördern, sagt Riedl. Das könne das Verlangen nach Süßigkeiten durchaus senken. Die schnellere Verdauung und das frühere Einsetzen des Sättigungsgefühls können bewirken, dass man weniger isst. „Bitterstoffe haben positive Auswirkungen auf die Verdauung und können das Abnehmen unterstützen“, sagt Riedl.
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Studien zu Bitterliebe: Experte sieht noch viel Forschungsbedarf
Bitterliebe verspricht eine studienbasierte Wirkung: „Obwohl es bereits Studien zu Bitterstoffen gibt, fehlte es bisher an Forschung zu einem umfassenden Bitterstoff-Komplex“, heißt es auf der Website des Anbieters, und weiter: „In den letzten Jahren haben präklinische Studien gezeigt, dass Bitterstoffe generell nicht nur den Geschmack von Lebensmitteln beeinflussen, sondern auch gesundheitliche Vorteile haben können.“
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Matthias Riedl ordnet drei vom Hersteller genannten Bitterstoff-Studien so ein: „Bittertropfen sollen demnach die Insulinempfindlichkeit verbessern, den Blutzuckerspiegel senken und das Risiko für Stoffwechselstörungen verringern“, erklärt er. „Außerdem sollen sie bei Mäusen eine entzündungshemmende Wirkung gezeigt haben.“
Mit einer weiteren aktuellen Studie dagegen wurde explizit der Einfluss der „Bitterliebe Tropfen“ auf Verdauung und Heißhunger überprüft. Sie wurde im Mai 2024 in der Fachzeitschrift „Aktuelle Ernährungsmedizin“ veröffentlicht. Das Ergebnis: Die Tropfen führten bei den Teilnehmenden offenbar zu einer signifikanten Reduktion der Häufigkeit von Blähungen. Die Wirkung auf die Reduzierung von Heißhunger war laut der Studie „individuell hochvariabel“, sprich: von Person zu Person sehr unterschiedlich stark ausgeprägt. Unterm Strich liefert die Studie also durchaus Hinweise auf eine blähungs- und heißhungerreduzierende Wirkung. Untersucht wurde die Wirkung an gesunden Erwachsenen zwischen 35 und 65 Jahren. „Die Studie wurde jedoch nur an 25 Teilnehmern durchgeführt, was die Aussagekraft einschränkt“, sagt Riedl.
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Davon abgesehen sei die Studienlage zu erwiesenen Vorteilen allgemein von Bitterstoffen noch ausbaufähig. Zwei spanische Studien aus den Jahren 2023 und 2022 der Universität Rovira i Virgili in Tarragona bei Barcelona aus dem Fachjournal „Frontiers“ haben die Rolle der TAS2Rs beleuchtet. Das sind Rezeptoren mit der Aufgabe, die Bitterstoffe in der Nahrung wahrzunehmen und den Körper vor schädlichen Verbindungen zu schützen. Die Rezeptoren befinden in der Mundhöhle sowie in der Magen-Darm-Schleimhaut. Die jüngere Studie liefert Hinweise, dass die Rezeptoren die Enterohormone im Magen-Darm-Trakt regulieren und somit die Nahrungsaufnahme steuern. Die genaue Rolle dieser TAS2R-Rezeptoren ist jedoch noch nicht vollständig geklärt und bedarf weiterer Forschungen.
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Enterohormone spielen laut der Studie aus 2022 offenbar eine wichtige Rolle für die Koordinierung der Verdauung, der Magenentleerung, der Absorption und der Nahrungsausscheidung. TAS2Rs könnten somit das Sättigungsgefühl und die Aktivität des Magen-Darm-Traktes steigern. Die Ergebnisse seien laut Riedl jedoch nicht eindeutig und enthalte Unklarheiten, teilweise wurde die Studie an Nagetieren durchgeführt.
Bitterstoffe zum Abnehmen: Lebensmittel als günstige Alternative?
Knapp 15 Euro für den Monatsvorrat Bitterliebe-Tropfen: Der Preis könnte dem ein oder anderen zu teuer sein. Ließe sich ein vergleichbarer Effekt auch mit Lebensmitteln aus dem Supermarkt erzielen? „Zahlreiche Lebensmittel enthalten von Natur aus Bitterstoffe“, erklärt Riedl. Dazu zählten beispielsweise:
- Gemüse wie Artischocken, Radicchio, Chicorée, Rucola, Endivien, Sellerie, Spinat, Mangold oder Auberginen,
- Olivenöl,
- Walnüsse,
- Kohlsorten wie Grünkohl, Wirsing oder Brokkoli,
- Fenchel und Minze,
- Zitrusfrüchte wie Grapefruit oder Zitrone,
- Gewürze wie Ingwer, Kümmel, Kurkuma, Senf oder Zimt sowie
- grüner Tee.
„Allerdings wurden aus den Kulturpflanzen die meisten Bitterstoffe herausgezüchtet“, gibt der Ernährungsmediziner zu bedenken. Bitterliebe betont für seine Tropfen eine „höhere Konzentration an Bitterstoffen als in natürlichen Lebensmitteln“.
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Bitterliebe zum Abnehmen: Dr. Riedl zieht Fazit
Wie hilfreich sind Bitterliebe-Tropfen nun, wenn man abnehmen möchte? „Letztlich sind Bittertropfen schon seit vielen Jahren ein bekanntes Mittel gegen Heißhunger. Die aktuelle Studie wurde mit sehr kleiner Kohorte durchgeführt und ist daher kein wissenschaftlicher Hit“, sagt Riedl. Es fehle noch an Daten, welche Bitterstoffe besonders wirkten. Die Zusammensetzung sei daher immer ein wenig willkürlich. Laut Hersteller erfolge die Auswahl der Extrakte „in Zusammenarbeit mit Ärzten und Heilpraktikern und basiert auf traditionellem Heilpflanzenwissen in Kombination mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen“.
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Davon abgesehen hält der Ernährungsmediziner den Alkoholgehalt der Bitterliebe-Tropfen für bedenklich. „Wenn Alkohol vermieden werden kann, sollte dies erfolgen. Es gibt keine unbedenkliche Menge und dieses Produkt ist für Süchtige ungeeignet“, sagt Riedl. Die Bittertropfen anderer Hersteller wie Hübner kämen laut Riedl ohne Alkohol aus und kosteten im Vergleich nur ein Drittel. Sein Fazit zu Bitterliebe: „Alter Wein in alten Schläuchen zum dreifachen Preis.“ Eine ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität ersetzen Bitterstoffe ohnehin nicht.
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Sie wollen mehr über den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit erfahren? Dr. Matthias Riedl geht im Jahr 2025 mit seinem Programm „Gesunde Ernährung – Einfacher als gedacht“ auf Tour. Dabei spricht er vor allem über den Einfluss der Ernährung auf ein möglichst langes Leben und die eigene Psyche. Geplant sind folgende Termine: 14. März in Berlin (Urania), 16. März in Köln (Gürzenich) und am 19. Juni in Hamburg (Laeiszhalle). Mehr Informationen und Tickets (ab 34,55 Euro) gibt es unter www.neuland-concerts.com und www.eventim.de.
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