Hamburg. Haushalt und Erziehung sind so viel wert wie ein gutes Gehalt, sagen Fachleute. Wie Paare einen fairen Ausgleich fürs Alter verhandeln.
„Über Geld spricht man nicht“, mahnt ein bekanntes deutsches Sprichwort. Dieser Leitsatz wird auch häufig in Beziehungen angewendet. Viele Paare glauben, dass Gespräche über Finanzen ihrer Verbindung schaden könnten und dass Liebe und Geld nicht vereinbar sind. „Ein Irrglaube, das Gegenteil ist der Fall“, sagt Paartherapeut Michael Mary. „Offene und ehrliche Gespräche über Finanzen stärken eine Partnerschaft. Besonders wenn Paare ungleich viel verdienen, ist es wichtig, gemeinsam Regelungen zu finden.“
Wie sinnvoll es für eine gute Beziehung ist, mit seinem oder seiner Liebsten über Geld zu sprechen, zeigt auch eine Statista-Umfrage: Ein ungleiches Maß von Geben und Nehmen ist der dritthäufigste Trennungsgrund in Deutschland – womit auch finanzielles Geben und Nehmen gemeint ist.
Geld in der Beziehung: Offenheit ist die Voraussetzung
Doch wie geht man dieses Thema in der Partnerschaft an und wie könnte man die Finanzen gerecht aufteilen? „Die Grundvoraussetzung ist zuerst einmal Offenheit“, sagt Sandra Klug, Abteilungsleiterin in der Verbraucherzentrale Hamburg. „Solange nicht beide Partner wissen, welche Ausgaben sie sich leisten können, ist es schwierig, gemeinsam sinnvolle Finanzentscheidungen zu treffen.“
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In ihren Beratungen erlebe sie es immer wieder, dass der eine Partner nicht weiß, wie viel der andere verdient oder wie viel Vermögen der andere hat. „Eine gerechte Aufteilung der Ausgaben ist jedoch gar nicht möglich, wenn die Partner ihre Finanzen gegenseitig nicht kennen“, so Klug.
Michael Mary kennt noch ein anderes Hindernis: „Besonders Frauen halten finanzielle Regelungen oft für unromantisch und nehmen aus diesem Grund häufiger große Nachteile in Kauf.“ Doch gerade für Frauen sei eine faire finanzielle Regelung wichtig, so der Paartherapeut weiter. „Wenn sie sich nicht rechtzeitig um finanzielle Dinge kümmern, besteht eine größere Gefahr, dass sie von Altersarmut betroffen sein werden.“
Hausarbeit ungerecht verteilt: ein häufiges Problem in Beziehungen
2023 arbeitete jede zweite Frau in Deutschland in Teilzeit, bei Männern lag die Quote mit 13 Prozent deutlich niedriger. Außerdem erledigen Frauen immer noch den Großteil der Haushaltsarbeit, wie aktuelle Zahlen von Eurostat und dem Statistischen Bundesamt zeigen. Demnach liegt der Anteil der Männer, die täglich kochen oder Hausarbeit verrichten, in Deutschland bei nur 29 Prozent, während es bei den Frauen 72 Prozent sind.
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„Frauen stecken häufig im Job für den Partner oder die Familie zurück, leisten dafür wesentlich mehr Arbeit im Haushalt. Dafür vereinbaren sie aber in den meisten Fällen keine Gegenleistung“, warnt Michael Mary. Sein Rat: „Wenn es um Geld geht, muss man eine Beziehung grundsätzlich vom Ende her denken. Das bedeutet, man muss sich überlegen, was passiert, wenn man sich trennt.“ An das Ende denken, sei in anderen Lebensbereichen ja auch üblich, sonst hätte man keine Lebensversicherung und keine Altersvorsorge, so der Experte.
Gemäß seiner beruflichen Erfahrung tun Frauen das jedoch oft weniger als Männer. Darum rät er insbesondere ihnen zum rationalen Verhandeln mit dem Partner, nach dem Motto: Okay, du willst Karriere machen und ich kümmere mich um das Kochen, den Haushalt, die Kinder. Aber was passiert, sollten wir uns trennen? Dann möchte ich dafür eine finanzielle Entschädigung haben, denn ich habe ja verzichtet. „Natürlich kann es auch umgekehrt sein. Mittlerweile gibt es ja etliche Frauen, die mehr verdienen als ihre Männer“, so der Paarberater.
Partnergeld, Freundschaftsgeld und Liebesgeld – der Unterschied
Aber welche Ausgleichssumme wäre gerecht – und wie verhandelt man das fair, sodass die Liebe intakt bleibt? Michael Mary rät in seinem Buch „Liebe 3.0 - Geld in Paarbeziehungen“ dazu, Geld bei Paaren in drei Kategorien zu unterscheiden: Partnergeld, Freundschaftsgeld und Liebesgeld.
- Das Partnergeld ist kühl und rational. Hier werden Leistungen verglichen, nicht Summen. Wenn sich zum Beispiel ein Partner allein um den Haushalt oder um die Kinder kümmert, zählt die Leistung genauso viel wie ein Job im Büro. „Ein Partner kann nicht sagen: „Du kümmerst dich zwar um zwei Kinder, aber ich bringe 10.000 Euro im Monat nach Hause. Das ist mehr wert“, so Mary. „Solche Summenvergleiche sind in einer Paarbeziehung unangebracht.“
- Das Freundschaftsgeld dagegen ist warm. Es dient dem Glück des anderen, man gibt es aus Liebe und um den anderen zu unterstützen. „Wenn ein Partner eine Fortbildung machen will und der andere unterstützt das finanziell, das wäre Freundschaftsgeld“, so der Experte. „Man kann es nicht einfordern, aber erwarten.“
- Liebesgeld wiederum ist heiß. „Es verdampft sofort nach dem Geben. Geschenkter Schmuck wäre ein Beispiel. Dafür kann man vielleicht eine Gegenleistung ersehnen, aber niemals erwarten.“
Um nun mit klarem Kopf verhandeln zu können, sollte man die Themen „Einkommen“, „Haushalt“ und „Kinder“ in den Bereich der partnerschaftlichen Bindung einordnen. „Hausarbeit und Kinderbetreuung sind keine Liebes- oder Freundschaftsgeldleistungen, sondern Partnergeld“, sagt Mary: „Der Partner, der auf Karriere verzichtet, hat Anspruch auf einen zukünftigen geldwerten Ausgleich. Dieser Ausgleich muss gefordert, verhandelt und vertraglich festgehalten werden.“
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Altersvorsorge und Rente: Paarberater rät zum Vertrag
Verbraucherschützerin Sandra Klug empfiehlt in diesen Fällen einen ETF-Sparplan, den der gutverdienende Partner für den anderen anlegt. „Monatlich eine feste Summe als Ausgleich zur Altersvorsorge für denjenigen anzulegen, der für die Familie zurücksteckt, das wäre eine faire Lösung.“ Der Paarberater rät zu harten Verhandlungen und sogar zu einem notariellen Vertrag.
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In seiner langjährigen Praxis hat er schon etliche Fälle erlebt, bei denen bei einer Trennung zuvor gegebene Versprechen plötzlich hinfällig waren. „Ohne Vertrag guckt man zum Schluss dumm aus der Wäsche. Hier geht es um das sogenannte Partnergeld, nicht um Freundschaftsgeld oder Liebesgeld.“
Gehaltsunterschied: Verwendung des Einkommens entscheidend
Das gilt übrigens auch, wenn man verheiratet ist. Mit einer Hochzeit bekommt die Beziehung zwar einen rechtlichen Rahmen. Für die tägliche Finanzplanung spielt dieser jedoch keine Rolle, die Regelungen werden erst bei einer Scheidung relevant. Das Vermögen wird dann über den sogenannten Zugewinnausgleich aufgeteilt.
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Ein Beispiel: Der Mann konnte durch seine Vollzeitarbeit 100.000 Euro sparen. Dann müsste er seiner Partnerin die Hälfte des Betrags zahlen, also 50.000 Euro. Außen vor bleiben Schenkungen und Erbschaften. Wenn aber ein Ehepartner sein hohes Einkommen vorwiegend für sich selbst, beispielsweise für teure Reisen ausgegeben hat, dann steht der andere am Ende trotzdem mit leeren Händen da.
Mary: „Wenn beide den Wunsch haben, zusammen zu sein, müssen sie über eine Lösung verhandeln, die für beide passt.“ Wenn man merkt, dass man die gemeinsamen Finanzen gut regeln kann, sei das auch für die Beziehung positiv. Dann sage man sich: „Wir können diese Dinge fair regeln, das muss ja wirklich Liebe sein.“
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