München. Dort, wo sich sonst das Leben drängt, herrschte am Nachmittag gespenstische Stille. Unser Reporter schildert Eindrücke von vor Ort.

In der Gegend nördlich des Münchner Hauptbahnhofs tobt normalerweise das Leben. Es gibt hier jede Menge Geschäfte, Lokale und Büros, durch die breiten Straßen schiebt sich tagsüber der Verkehr.

Doch an diesem verregneten Donnerstag ist vieles anders. Die Polizei hat den Bereich um die Kreuzung Seidlstraße und Karlstraße großräumig abgesperrt. Am späten Vormittag war ein afghanischer Asylbewerber hier mit einem Auto in eine Gewerkschaftskundgebung gefahren, es gibt Dutzende Verletzte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht von einem „mutmaßlichen Anschlag“.

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München: Gespenstische Stille am Tatort

Am Nachmittag herrscht am Tatort eine fast gespenstische Stille. Außer Polizisten und einigen Reportern ist dort niemand mehr zu sehen. Kein Auto fährt, sämtliche Geschäft rund um die Kreuzung sind geschlossen. Die Verletzten sind längst abtransportiert.

Aber das Tatfahrzeug steht noch da, direkt im Bereich der Fußgängerampel: Ein weißer Mini, dessen Frontscheibe und Dach eingedrückt sind. Dort, wo normalerweise der rechte Scheinwerfer sitzt, klafft ein Loch. Der rechte Kotflügel liegt auf der Straße. Man bekommt eine Ahnung davon, was hier los war, als der Afghane das Auto in die Menge steuerte.

Brennende Grabkerzen und Blumen aufgestellt – „Nutzt den Anschlag nicht für den Wahlkampf!“

Ein kleines Team der Spurensicherung ist am Nachmittag noch dabei, Gegenstände zu fotografieren und einzusammeln. Es sind alltägliche Dinge, die da auf der Straße liegen: ein großer, zusammengeklappter Kinderwagen. Eine Brille. Ein Regenschirm. Und einige Fahnen der Gewerkschaft Verdi, die hier zu einem Protestzug und einer Kundgebung im Rahmen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst aufgerufen hatte.

Auf die roten Gefäße der Kerzen hat jemand mit einem Filzstift politische Botschaften geschrieben. „Die Täter stehen nicht für alle Geflüchteten“, ist dort zu lesen.
Auf die roten Gefäße der Kerzen hat jemand mit einem Filzstift politische Botschaften geschrieben. „Die Täter stehen nicht für alle Geflüchteten“, ist dort zu lesen. © Thorsten Knuf | Thorsten Knuf

Anlieger und Schaulustige sieht man nicht mehr zu dieser fortgeschrittenen Stunde. Auf zwei Betonpollern vor den Absperrungen stehen brennende Grabkerzen, einige Blumen liegen auch dort. Auf die roten Gefäße der Kerzen hat jemand mit einem Filzstift politische Botschaften geschrieben. „Die Täter stehen nicht für alle Geflüchteten“, ist dort zu lesen. Auf einer anderen Kerze heißt es: „Nutzt den Anschlag nicht für den Wahlkampf!“