Berlin. Die Kanzlerkandidaten von SPD und CDU stellen sich einer Schulklasse. Vieles ist lustig. Bedrückend wird es bei einem Thema.

Duzen, klar. Das ist für beide selbstverständlich. Olaf Scholz und Friedrich Merz müssen zurück in die Schule, vor ihnen sitzen 18 Jungs und Mädchen von sieben bis 14 Jahren. Die löchern den SPD-Kanzler und den Herausforderer von der Union mit ihren Fragen. Die drehen sich etwa darum, ob die beiden Politiker ein Nutella-Brot lieber mit oder ohne Butter essen (beide ohne). Aber auch der Krieg in der Ukraine kommt in einer eigentlich lockeren Wahlsendung auf bedrückende Weise zur Sprache.

Der Sender Sat.1 hat die Kinder aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands für die am Mittwochabend ausgestrahlte Sendung in einer Berliner Schule zusammengeholt. Titel der Sendung: „Kannste (nochmal) Kanzler??“ Das Format: Die beiden Politiker kommen jeweils einen Tag Mitte Januar – der Zeitpunkt wird noch wichtig – in die Schulklasse, beantworten Fragen (auch übereinander) – und überzeugen am besten nebenher die vorm Fernseher sitzenden Erwachsenen, ihnen bei der Bundestagswahl am 23. Februar ihre Stimme zu geben.

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Wie alt sind Scholz und Merz? Die Schätzungen liegen weit daneben

Los geht es mit Scholz, der zur Begeisterung einiger Kinder seine in sozialen Medien zu Berühmtheit gelangte Aktentasche dabeihat. Die Kleinen legen direkt den Finger in die Wunde und fragen nach dem Krach in der geplatzten Ampel: Warum er denn nicht einfach einen Streitschlichter eingesetzt habe? „Hilft nicht wenn sich einer nicht einigen will“, antwortet Scholz. Abermals räumt der Sozialdemokrat ein, die Ampel-Koalition wohl doch zu spät beendet zu haben.

Die Jungs und Mädchen in der Sendung sind erstaunlich gut informiert – oder wurden von den Redakteuren gut vorbereitet. Allenfalls beim Alter der beiden Konkurrenten liegen die Schätzungen der Kleinen weit daneben – sie fallen aber für Scholz und Merz schmeichelhaft aus. Scholz wird auf beinahe jugendliche 28 Jahre geschätzt. Und Merz? 38 Jahre, lautet die Vermutung. Allerdings mit dem Zusatz: „So viele Haare hat er ja nicht mehr.“

Isst Scholz gerne Döner? Der Kanzler antwortet diplomatisch

„Essen Sie gerne Döner?“, wird Scholz gefragt. Der antwortet diplomatisch: „Ich esse Döner.“ Er habe den Ruf, etwas steif zu sein, bekommt der Kanzler zu hören. In einem Spiel soll Scholz deswegen nur mit seiner Mimik antworten. Die Antworten fallen, nun ja, alle etwas ähnlich aus. Nur als Scholz ein supersaures Kaugummi kauen soll, verändern sich seine Gesichtszüge deutlich. Merz schneidet bei dem Spiel etwas besser ab.

Ohnehin ist dem CDU-Mann im Umgang mit den Kindern anzumerken, dass er Opa von sieben Enkelkindern ist. Zur Belustigung der Kinder plaudert der Konservative davon, dass er eher ein schlechter Schüler ohne große Lust war, der auch mal sitzengeblieben ist und die Schule wechseln musste. Und Scholz? Der wäre wohl eher der Typ Streber gewesen, vermutet Merz.

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Die Kinder erzählen: Wir haben Angst vor Krieg

Ernst wird es, als die Kinder nach dem Krieg in der Ukraine fragen. Ein Zehnjähriger hat gehört, dass es wieder einen Wehrdienst geben soll. „Aber ich habe schon ziemlich Angst davor, eine Waffe in der Hand zu halten und dann in den Kampf zu ziehen“, sagt der Junge zu Scholz. Und Merz bekommt von der Sorge zu hören, dass Putin Deutschland angreift, wenn der CDU-Politiker als Kanzler der Ukraine die weitreichende Taurus-Waffe liefert. Ein anderer Schüler sagt zu Merz: „Ich habe eigentlich keine Lust, im Krieg zu sterben.“

Ansonsten erfährt man dieses und jenes über die beiden Politiker, was aber für eine Wahlentscheidung eher keine Rolle spielen dürfte: Scholz isst lieber Mayo als Ketchup. Merz wäre gerne ein Pferd, wenn er ein Tier sein könnte. Beim Versuch, die Schuldenbremse an der Tafel zu erklären, stellen sich beide gleich ungeschickt an. Der CDU-Kandidat lässt dann noch durchblicken, dass mit ihm nicht zu spaßen ist, wenn es um „kleine Paschas“ oder arbeitsunwillige Bürgergeldempfänger geht.

Wie wäre Merz wohl zur Abstimmung mit der AfD gelöchert worden?

Interessant ist im Rückblick, wie Merz Mitte Januar auf die Frage reagiert, als er nach einer Zusammenarbeit mit der AfD gefragt wird. „Ich werde das ganz sicher nicht machen“, beteuert Merz. „Ich will mit diesen Leuten nichts zu tun haben.“ Der große Krach um die gemeinsame Migrationsabstimmung von Union und AfD im Bundestag stand dem Land noch bevor, als die Sendung aufgezeichnet worden ist. Zu gerne hätte man gewusst, wie die Kinder Merz dazu ausgequetscht hätten.