Berlin. Im TV-Duell zwischen Scholz und Merz waren laut Experten neben Inhalten auch Körpersprache und Stimme wichtig. Wer besser abschnitt.

TV-Duelle sind die Königsdisziplin im Wahlkampf. Am Sonntagabend haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) im ZDF und der ARD dieser Herausforderung gestellt. Mehrere Meinungsumfragen sehen den Chef der Christdemokraten bei der Bundestagswahl 2025 am 23. Februar vor dem amtierenden Bundeskanzler. Und wer hat sich im TV-Duell besser geschlagen?

TV-Duell zwischen Scholz und Merz: Wer schlägt sich besser? Ein Experte für Körpersprache antwortet

Laut Experten zählen bei TV-Duellen nicht nur Inhalte. Wer was wie und vor allem: wann sagt, hat ebenfalls eine Wirkung auf das Publikum. Stefan Verra ist Experte für Körpersprache und hat die Mimik, Gestik und weitere körpersprachliche Signale von Olaf Scholz und Friedrich Merz während des TV-Duells genau beobachtet.

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Sein erstes Urteil zu den beiden Kanzlerkandidaten: „Scholz und Merz nehmen die Sache ernst. Zungenspitzen, die zwischen Lippen hervorschießen, Stirnfalten, mal senkrecht, mal waagrecht und beide tänzeln hinterm Rednerpult.“ Laut Verra sind das Signale, „die von neuronaler Stauenergie herrühren“ – auf gut Deutsch: Die Kandidaten waren beide sichtlich nervös.

Experte für Körpersprache beurteilt Olaf Scholz im TV-Duell gegen Friedrich Merz

Auffällig war schon zu Beginn: Nicht nur zwischen den Inhalten, auch der Körpergröße von Olaf Scholz und Friedrich Merz klaffte eine Lücke. Merz, knapp zwei Meter groß, stand gerade hinter seinem Pult und blieb dabei meist den Moderatorinnen Sandra Maischberger und Maybrit Illner zugewandt.

Bundeskanzler Olaf Scholz konnte sich aufgrund seiner geringeren Körpergröße besser auf sein Pult lehnen, was er immer wieder tat – und wirkte dadurch lässiger als sein Herausforderer. Außerdem drehte er sich öfter mal in Richtung seines Herausforderers Merz.

Körpersprache von Olaf Scholz wirkte laut Experte „initiativer, angriffiger“

Auch dem Experten Stefan Verra ist dieses Manöver aufgefallen. Er erklärt: „Scholz hat die NN-Regel beachtet.“ Das steht für Nase und Nabel: Immer wieder hat Scholz sich seinem Kontrahenten mit diesen Körperteilen zugewandt. „Das zeugt von mehr Selbstsicherheit“, sagt Verra. Und: „Er hatte insgesamt mehr Bewegung in seiner Körperhaltung.“

Stefan Verra lehnt an einer weißen Wand. Er trägt ein schwarzes Sakko.
Stefan Verra ist Experte für Körpersprache und hat das TV-Duell in ZDF und ARD zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz verfolgt. © Stefan Verra GmbH | Severin Schweiger

Trotzdem hätte Scholz nach Ansicht des Körpersprache-Experten nicht „in Kneipenmanier am Rednerpult lümmeln müssen“. Dafür habe Scholz aber einen wichtigen Punkt beachtet: Seine Gesten spielten sich oft auf Brusthöhe – und damit sichtbar für die Kameras – ab. „Seine Hände schossen dabei schon mal übers Rednerpult hinaus. Das wirkte initiativer, angriffiger.“

Körpersprache-Experte urteilt über die Mimik von Olaf Scholz im TV-Duell

Genützt habe das Verra zufolge dem Bundeskanzler wenig: „Zu sehr hat er seine passive Wirkung in den letzten Jahren gepflegt.“ Vor allem habe Scholz aber eines im Wege gestanden: seine Mimik. „Augenbrauen hoch, Augenlider auf halbmast, das hat seine kraftvolle Wirkung abgeschwächt“, urteilt Verra.

Anders als Scholz habe Merz die meiste Zeit gerade hinter seinem Redepult gestanden, er bewegte sich viel weniger als der Kanzler. „Seine hinlänglich bekannte gesenkte Kopfhaltung, die rhythmischen Kopfbewegungen kombiniert mit Stirnfalten wirkten angestrengt“, sagt Verra.

Experte urteilt über Merz: „Wo ist die Aufbruchstimmung, die Zuversicht?“

Aber, fragt sich er Körpersprache-Experte: „Wollte hier nicht jemand antreten, mit dem alles besser wird? Wo ist die Aufbruchstimmung, die Zuversicht?“ Mehr Leichtigkeit in seinen Bewegungen hätten mehr Visionskraft vermittelt, ist Verra sicher.

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Das Fazit des Körpersprache-Trainers aus Österreich: „Scholz hat deutlich mehr Vielfalt in seiner Körpersprache gezeigt. Damit hat er mehr unterschiedliche Emotionen getriggert.“ Merz sei in seiner Körpersprache eindimensional gewesen und erreiche damit die Menschen, die er auch vor dem Duell schon erreicht hatte.

Olaf Scholz war laut Körpersprache-Experte „überraschend gut“

Scholz habe hingegen das gemacht, was nach Ansicht des Experten geboten war: Seine letzte Chance zu nutzen. „Und er hat es überraschend gut getan“, betont Verra.

Auch Katrin Prüfig, Medientrainerin und Vorstandsmitglied des „Bundesverband für Medientraining in Deutschland e.V.“ hat das TV-Duell zwischen Scholz und Merz verfolgt. „Es war ein knappes Rennen“, sagt Prüfig. „Aber wir haben unter unseren sieben Juroren des Abends einen Sieger gefunden.“

Katrin Prüfig steht neben einer Kamera, die auf einem Stativ steht. Sie hält ein Mikrofon in der Hand.
Katrin Prüfig ist Medientrainerin und Vorstandsmitglied des „Bundesverband für Medientraining in Deutschland e.V.“ (BMTD). Sie beurteilt, wie Scholz und Merz sich im TV-Duell in ARD und ZDF geschlagen haben. © Thomas Duffé | Thomas Duffé

Scholz habe zugewandter gewirkt als Merz. „Olaf Scholz hatte eine für seine Verhältnisse wirklich dynamische Gestik, die man auch in seiner Stimme gehört hat“, sagt Prüfig. Außerdem sind der Medientrainerin Scholz‘ lebendige Hände aufgefallen. Der Kanzler habe immer wieder mit der Handkante rhythmisch seine Worte betont. „Das wirkte entschieden“, so die Expertin.

Insgesamt habe Scholz mit der Situation vertrauter und routinierter gewirkt als Merz. „Das wurde auch an den Handzeichen deutlich, die er den Moderatorinnen gegeben hat, wenn er etwas sagen wollte.“ Was Merz jedoch eindeutig besser gelungen sei als dem Kanzler: „Merz hat in deutlich kürzeren Sätzen gesprochen“, sagt Prüfig, „das hatte mehr Kraft.“

Medientrainerin: Merz „muss unbedingt seinen Gesichtszirkus unter Kontrolle bringen“

Auch sie teilt die Einschätzung von Stefan Verra: Merz habe viel starrer als Scholz hinter seinem Pult gestanden und die Arme oft darauf abgestützt. Seine Körpergröße und Haltung am Pult haben laut Prüfig unvorteilhaft gewirkt. Und noch eine Lektion hat die Medientrainerin für Merz: „Er muss unbedingt seinen Gesichtszirkus unter Kontrolle bringen.“ Mit seiner Mimik habe der CDU-Chef zu viel kommentiert.

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Saufen sich die Deutschen Friedrich Merz jetzt schön, Frank Stauss?

Familienpackung

Im Mittelteil des TV-Duells habe Merz dann zwar entspannter gewirkt und mehr gelächelt. „Das kippte aber oft ins Ironisch-Zynische“, sagt Prüfig. Und das komme im Fernsehen gar nicht gut an. Die sieben Juroren vom „Bundesverband für Medientraining in Deutschland e.V.“ sehen deshalb Olaf Scholz als knappen Sieger dieses TV-Duells. Nur an seinen langen Sätzen muss Herr Scholz wohl noch einmal arbeiten.