Berlin. Olaf Scholz hat sich im privaten Kreis nicht im Griff. Jetzt kommt es auf Berlins schwarzen Kultursenator an, ob daraus eine Affäre wird.

Seit Monaten wartet der Bundeskanzler und sein Wahlkampfteam auf den „Merz“-Moment. Den impulsiven Ausbruch des Herausforderers in dieser Bundestagswahl, der – eingefangen von Kameras oder dokumentiert in einem Interview – den Shitstorm auslöst und den haushohen Vorsprung der Union auf die SPD zunichte gemacht.

Jetzt war es der Kanzler selbst, der sich im privaten Kreis nicht unter Kontrolle hatte. Es ist unbestritten, dass Olaf Scholz den schwarzen CDU-Kultursenator Berlins, Joe Chialo, in einer vertraulichen Diskussion um Migration als „Hofnarr“ und „Feigenblatt“ bezeichnet hat.

Damit verletzt der Bundeskanzler die eigenen Anstandsregeln, die er für den Wahlkampf aufgestellt und zu Recht beim politischen Gegner eingefordert hat. Man braucht wirklich nicht viel Fantasie, um zu begreifen, wie eine solche plumpe Beleidigung – bezogen auf den einzigen Menschen mit schwarzer Hautfarbe im Raum – verstanden werden musste.

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Scholz ist kein Rassist – eine Entschuldigung sollte ihm nicht schwer fallen

Jetzt kommt es auf den CDU-Kultursenator mit Wurzeln in Tansania an, wie er mit den Schmähungen umgeht. Es liegt an ihm, zu erklären, ob er sie, wie andere Anwesende, als rassistisch empfunden hat – oder ob er sie sportlich abhakt.

Kommentarfoto Jörg Quoos
Kommentarfoto Jörg Quoos © Dirk Bruniecki | Dirk Bruniecki

Ob er dem Kanzler kurz vor der Wahl diesen unbeherrschten Moment verzeiht und die ganze Aufregung damit wieder herunterdimmt.

Olaf Scholz spitzt beim politischen Gegner scharf zu, aber er ist sicher kein Rassist. Er ist bisher kein einziges Mal auch nur durch eine missverständliche Andeutung damit aufgefallen. Daher sollte ihm eine ernst gemeinte Entschuldigung beim schwarzen Kultursenator nicht schwer fallen.