Berlin. Seit 2011 tobt in Syrien ein Bürgerkrieg. Nun hat die Regierung erstmals die Kontrolle über die zweitgrößte Stadt verloren.
Nach dem Vorrücken dschihadistischer Gruppierungen im Norden Syriens hat die Regierung Aktivisten zufolge die Kontrolle über Aleppo verloren. „Erstmals seit Beginn des Konflikts im Jahr 2012 ist die Stadt Aleppo nicht mehr unter der Kontrolle der syrischen Regimekräfte“, sagte der Chef der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die zweitgrößte syrische Stadt. Aleppo war bis zu seiner Rückeroberung durch die Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad 2016 Schauplatz erbitterter Kämpfe während des Bürgerkrieges.
Die Dschihadistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS), der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, und ihre Verbündeten hatten am Mittwoch eine überraschende Großoffensive gegen die Streitkräfte der syrischen Regierung gestartet. Bei den heftigsten Kämpfen seit 2020 wurden laut der Beobachtungsstelle bislang mehr als 320 Menschen getötet, darunter 44 Zivilisten.
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Syrische Armee hatte bestätigt: Dschihadisten in großen Teilen von Aleppo
Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle (OSDH) verfügt über ein Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Die syrische Armee hatte am Samstag bestätigt, dass die Dschihadisten in „große Teile“ von Aleppo einmarschiert seien. Syriens enger Verbündeter Iran erklärte, „bewaffnete terroristische Gruppen“ hätten das iranische Konsulat in Aleppo angegriffen. Unterdessen erklärten die USA, sie sähen die Ursache für den Vormarsch der Dschihadisten in Syriens „Abhängigkeit von Russland und dem Iran“.
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Syrien: Bürgerkrieg brach 2011 aus
Der syrische Bürgerkrieg hatte 2011 begonnen, nachdem der syrische Machthaber Baschar al-Assad Proteste gegen die Regierung mit Gewalt niederschlagen ließ. Eine halbe Million Menschen wurden getötet und Millionen weitere vertrieben. Aleppo war von 2012 bis 2016 Schauplatz erbitterter Kämpfe zwischen Regierungstruppen, oppositionellen Gruppen, darunter auch Islamisten, und der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Mit der Unterstützung ihrer Verbündeten Russland und dem Iran erlangte die syrische Regierung 2015 die Kontrolle über weite Teile des Landes zurück. Auch die Großstadt Aleppo eroberte Assad im Jahr 2016 mit Unterstützung der russischen Luftwaffe mittels massiver Bombenangriffe zurück.
Im Norden Syriens gilt seit 2020 ein von der Türkei und Russland vermittelter Waffenstillstand. Dieser war zwar immer wieder gebrochen worden, hatte die Region in den vergangenen Jahren aber weitgehend beruhigt.
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