Berlin. Donald Trumps Beauftragter für die Ukraine und Russland soll den Krieg beenden. Wer ist Keith Kellogg? Und was sind seine Pläne?
Donald Trump hat zur Beendigung des Ukraine-Krieges einen Plan – und seit Mittwoch einen Erfüllungsgehilfen. Die „Mission impossible“ soll ein pensionierter, auch schon 80 Jahre alter Generalleutnant übernehmen: Keith Kellogg.
Im Präsidialamt in Kiew werden sie noch mal analysieren, was der Sondergesandte für die Ukraine und Russland vor einem Jahr im Magazin „The National Interest“ über seinen alten und neuen Chef schrieb: „Für ihn ist die Beendigung des Krieges eine wichtige außenpolitische Aufgabe – und er plant, diese Aufgabe vom ersten Tag an zu lösen.“
Wohlgemerkt, vom ersten Tag an. Nicht an einem Tag, wie Trump immer wieder getönt hatte. Möglicherweise sei der Zeitrahmen „zu ehrgeizig“, befand Kellogg damals.
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Keith Kellogg: Ukraine nicht im Stich lassen
Der Mann ist loyal. Er weiß vor allem, mit Trumps Hybris umzugehen. Stellt man ihn neben Marco Rubio (Außenministerium) und Michael Waltz (Sicherheitsberater), wird klar, dass Trump in der Außenpolitik nicht auf Expertise und Erfahrung verzichten will.
„The National Interest“ hat Kelloggs Beitrag so zusammengefasst: Eine Trump-Regierung würde die Ukraine keineswegs im Stich lassen. Sie würde die Beschränkungen für die ukrainische Militärhilfe sogar aufheben, um eine Friedensregelung zu erzwingen.
„Frieden durch Stärke“
Das ist eine Interpretation, die der Ukraine Hoffnung lässt und den Realitätstest bestanden hat, als der amtierende Präsident Joe Biden die Waffenhilfe verstärkt hat. Erzwingen ist das Schlüsselwort in Kelloggs Analyse. Zur Benennung des Sondergesandten schrieb Trump, „gemeinsam werden wir Frieden durch Stärke sichern“.
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Im Frühjahr legte der Top-Militär mit seinem Kollegen Fred Fleitz vom „America First Policy Institute“ – einer Trump-freundlichen Denkfabrik – einen Plan vor. Auf einen Nenner gebracht: Der Krieg wird eingefroren, damit auch russische Gebietsgewinne. Schon daran erkennt man, dass die Risiken der Strategie ungleich verteilt sind.
Am Anfang steht eine Feuerpause. In den Verhandlungen haben die Amerikaner für beide Seiten Anreize parat: für Russland die Lockerungen von Sanktionen und die Aussetzung eines Nato-Beitritts der Ukraine. Im Gegenzug würde Präsident Wolodymyr Selenskyj weiterhin US-Waffen und zusätzlich Sicherheitsgarantien erhalten.
Land für Putin, Sicherheit für Selenskyj
Es ist offenkundig, dass der Plan eher den Interessen Russlands entspricht; dass er auf eine Demarkationslinie wie zwischen Nord- und Südkorea hinausläuft; und dass Korrekturen erst in Betracht kämen, wenn Wladimir Putin nicht mehr im Kreml herrscht.
Der Ukraine bleibt zum Trost, dass sie nicht ihr (Fern-)Ziel aufgeben muss, ihre Territorien zurückzugewinnen. Und die Europäer könnten als Garantiemächte ins Spiel kommen.
Trumps Druckmittel: Waffen
Klar ist, dass Kellogg den Präsidenten für den Plan gewonnen hat, und auch, wie sie beiden Seiten ihren Willen aufzwingen wollen. Wenn die Ukraine nicht verhandeln will, bekommt sie keine Waffen.
Die gleiche Logik gilt im Verhältnis zu Putin. O-Ton Trump: „Ich würde Putin sagen, wenn Sie keinen Deal machen, werden wir ihm (Selenskyj) viel geben. Wenn es sein muss, werden wir (der Ukraine) mehr geben, als sie jemals bekommen hat.“ Das könnte nach einem bald dreijährigen Zermürbungskrieg auch für Russen ein Argument sein.
Völkerrecht nebensächlich?
Aus Kiew kam im Sommer Kritik an der „Kellogg-Doktrin“. Selenskyj-Berater Mykhailo Podolyak nannte den Plan „seltsam“, da Russland mit seinem Einmarsch in die Ukraine gegen das Völkerrecht verstoßen habe. Frieden könne nur fair sein, wenn er auf dem Völkerrecht basiere.
Damals bestand noch Hoffnung, dass Biden, beziehungsweise Kamala Harris, die USA anführen würde. Nun sind die Realitäten anders. Trump ist eine Realität, Putin auch, ebenso die Kriegsmüdigkeit in der Ukraine.
Insgeheim müsste Selenskyj dem künftigen Trump-Gesandten in einem Punkt sogar recht geben. Der schrieb über die Waffenhilfe Bidens, „das Ergebnis ist, dass die Ukraine zwar genug Waffen hat, um zu kämpfen, aber nicht genug, um zu gewinnen“.
Welche Rolle spielt Europa?
„Was Kellogg beschreibt, ist ein Prozess, der darauf abzielt, dass die Ukraine das gesamte Gebiet aufgibt, das Russland derzeit besetzt hält“, kritisiert Daniel Fried, ein ehemaliger stellvertretender Außenminister. So sieht es auch Gordon „Skip“ Davis, Generalmajor der US-Armee im Ruhestand. „Ich halte den Vorschlag für unausgewogen zugunsten der Ziele Russlands und für wahrscheinlich, dass er Aggression und brutale Gewalt belohnt.“ Putin mit einer stärkeren Hilfe der Ukraine zu drohen, erschien ihm geradezu ironisch.
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Im Ergebnis würden die Amerikaner wieder als Ordnungsmacht agieren. Zwar meinen einige Republikaner, der Ukraine-Konflikt sei eine europäische Angelegenheit. „Strategisch gesehen ist Trump anderer Meinung“, erklärt aber Trump-Versteher Kellogg.
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Schon während Trumps erster Amtszeit von 2017 bis 2021 diente ihm Kellogg als Stabschef im Nationalen Sicherheitsrat. Er war auch Sicherheitsberater des damaligen Vizepräsidenten Mike Pence. Nach dem Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021, in dessen Verlauf Pence Trump erfolglos bedrängte, die Aufständischen zum Rückzug zu bewegen, sagte sich Kellogg von Pence los. Trump honoriert so etwas.
Kellogg ist kriegsgestählt
Kellogg ist ein nüchterner Mann, aber nicht gefühllos gegenüber der Ukraine. Der Krieg bewegt ihn und seine ganze Familie. Tochter Meaghan ist Präsidentin der R.-T.-Weatherman-Stiftung. Sie hilft Zivilisten und kümmert sich um die Rückführung von im Kampf getöteten amerikanischen Freiwilligenkämpfern.
Keith Kellogg selbst kennt den Horror des Krieges. Er war in Vietnam. Auch den islamistischen Terrorismus hat er hautnah erlebt. Beim Anschlag vom 11. September 2001 war er im Pentagon, als ein von Terroristen gekapertes Flugzeug in das Verteidigungsministerium in Washington raste. Die nächste Prüfung für ihn ist nun: die Ukraine.
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