Washington. Vorwürfe gegen Matt Gaetz beschäftigen Ethik-Kommission des Parlaments. Senat irritiert. Kippt in den USA jetzt die Rechtsstaatlichkeit?

Nach der Nominierung eines radikalen, ministeriell völlig unerfahrenen Fernseh-Moderators zum Verteidigungsminister (Pete Hegseth) hat der designierte US-Präsident Donald Trump bei der Besetzung seines neuen Kabinetts eine noch größere Provokation gewagt. 

Matt Gaetz, Skandal-Kongress-Abgeordneter aus Florida und einer der größten Maga-Marktschreier im Umfeld des 47. Präsidenten, soll die Schlüsselposition des Justizministers bekommen.

Trump will „konservativen Scharfmacher“ zum Justizminister machen

Der 42-Jährige, der sich selbst als „unverblümten konservativen Scharfmacher“ bezeichnet, wäre damit der Garant, um Trumps Drohung wahrzumachen, Vergeltung gegen den „tiefen Staat”  zu üben, der ihn strafrechtlich verfolgt habe. Sprich: das „Departement of Justice” und die Bundespolizei FBI.

Gaetz wäre auch der Schlüssel zu Trumps Plänen für Massenabschiebungen von illegalen Einwanderern und die Begnadigung der gewalttägigen Schläger, die beim Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 dabei waren.

Matt Gaetz soll Trumps Justizminister werden
Der radikale Kongressabgeordnete Matt Gaetz soll Justizminister in der künftigen US-Regierung von Donald Trump werden. Viele Republikaner sind darüber entsetzt. © DPA Images | Alex Brandon

Demokratische Parlamentarier zeigten sich entsetzt über die Personalie. Bei den Republikanern deutete Senatorin Susan Collins (Maine) an, dass sie Gaetz die Zustimmung bei den anstehenden Anhörungsverfahren verweigern könnte. Collins wörtlich: „Ich bin geschockt”. Ihre Kollegin Lisa Murkowski (Alaska) erklärte erkennbar verstimmt: „Das ist keine seriöse Nominierung für den Generalstaatsanwalt.”

Dass Trump den für politischen Show-Krawall bekannten Parlamentarier (Zitat: „Protest ist das wichtigste Instrument in der Politik“) mehrheitsfähigen Alternativen wie Senator Mike Lee (Utah) vorgezogen hat, wird innerhalb der „Grand Old Party” als Signal für unruhige Zeiten wahrgenommen. 

Ein TV-Moderator als Pentagon-Chef? Trumps sorgt mit Personalie für Aufsehen

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    Anders als seine Vorgänger Jeff Sessions und Bill Barr in der ersten Amtszeit Trumps ist nicht zu erwarten, dass sich Gaetz als oberster Strafverfolgungsbeamter der USA Anweisungen des Präsidenten widersetzen würde. Dazu gehört perspektivisch die rückwirkende Verfolgung all jener Beamten, die an der Russland-Affäre beteiligt waren, die Trump ein Amtsenthebungsverfahren einbrachte.

    Gaetz soll laut Trump „die systemische Korruption im Justizministerium ausmerzen und das Ministerium zu seiner eigentlichen Aufgabe, der Verbrechensbekämpfung, zurückführen“. Trump versteht darunter vor allem ein unbarmherziges Vorgehen gegen undichte Stellen in der Regierung, über die geheime Dokumente an die Öffentlichkeit geraten. Wird hier der Bock zum Gärtner gemacht?

    Der mit der Schwester des Trump-Großspenders Palmer Luckey verheiratete Jurist war bis vor Kurzem selbst im Visier der Justiz. Vor vier Jahren eröffneten Justizministerium und FBI eine Untersuchung gegen ihn über die Beziehung zu einem damals 17-jährigen Mädchen, die mehrere Jahre zurückliegt. Die Ermittler wollten herausfinden, ob Gaetz für Sex bezahlt und damit gegen die Gesetze zum Sexhandel verstoßen hat. 2023 wurden die Untersuchungen beendet. Das Justizministerium unter Präsident Joe Biden sah von einer Anklage ab. Gaetz bestreitet bis heute sämtliche Vorwürfe.

    „Baby Gaetz“ ist in Florida durch den Vater sehr bekannt

    Der Jurist Gaetz stammt aus einer politischen Familie. Vater Don Gaetz saß zehn Jahre lang im Senat von Florida, weshalb Matt dort als „Baby Gaetz“ bekannt ist. Großvater Jerry Gaetz war Bürgermeister von Rugby, einer Kleinstadt in North Dakota. Gaetz ist für unkontrollierten Waffenbesitz, gegen Abtreibung und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe.

    Er hält wie Trump die Wahl von 2020 für gestohlen. Den „Sturm aufs Kapitol” schiebt er der linksextremen Antifa in die Schuhe. In dem von Trump persönlich angestachelten Mob seien Linke gewesen, die sich als Trump-Anhänger getarnt hätten. Nichts davon stimmt,  sagt das FBI.

    Bei den Prozessen gegen Donald Trump, hier im Mai in New York, gehörte Matt Gaetz (li.) zu den republikanischen Fan-Boys, die dem 78-Jährigen Beistand leisteten.
    Bei den Prozessen gegen Donald Trump, hier im Mai in New York, gehörte Matt Gaetz (li.) zu den republikanischen Fan-Boys, die dem 78-Jährigen Beistand leisteten. © AFP | MIKE SEGAR

    Gaetz gehört parteiübergreifend zu den wenigen Abgeordneten im 535-köpfigen Kongress, die parteiübergreifend Unmut, ja Wut auslösen. Bei den Demokraten gilt er als Anti-Politiker, der nicht gestalten, sondern mit einem ständigem Schielen auf Ruhm und Ehre in sozialen Medien nur zerstören und sich selber in die Schlagzeilen bringen will. Im eigenen Lager hält man Gaetz außerhalb einer kleinen Gruppe am ultrarechten Rand für einen profilneurotischen Nestbeschmutzer.

    Gaetz war 2023 der Rädelsführer bei dem per Misstrauensvotum bewerkstelligten Sturz des damaligen Sprechers des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Der Trump-Handlanger warf der damaligen Nr. 3 im Staat vor, in Budget-Fragen gemeinsame Sache mit den Demokraten gemacht zu haben; für Gaetz Verrat. 

    Ethik-Kommission des Repräsentantenhauses hat Gaetz im Visier

    Dahinter steckt mehr. Gaetz macht McCarthy für eine zweite Untersuchung gegen ihn durch die Ethikkommission des Parlaments verantwortlich. Dort wurde im Juni festgestellt, dass sich Gaetz folgender Vergehen schuldig gemacht haben könnte: sexuelles Fehlverhalten, illegaler Drogenkonsum, Verbreitung von schlüpfrigen Sex-Fotos und Videos im Repräsentantenhaus, Missbrauch staatlicher Ausweisdokumente, Zweckentfremdung von Wahlkampfgeldern, Annahme unangemessener Geschenke und Behinderung der Untersuchungs-Kommission. 

    Matt Gaetz bestreitet alles. Sollte er Minister werden, lösen sich die Ermittlungen gegen ihn auf der Stelle in Luft auf.