Berlin. Ab Montag kontrolliert die Polizei deutschlandweit. Die Regierung gibt bei Staus Entwarnung, doch die Vergangenheit zeigt Risiken auf.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser gibt ein Versprechen ab: „Keine langen Staus, sondern smarte Kontrollen, so wie die aktuelle Lage es erfordert.“ Ab Montag kontrolliert die Bundespolizei an allen Grenzen. Bisher hatte Deutschland schon zu Österreich, Tschechien, Polen und der Schweiz Kontrollen eingeführt. Nun also auch an den Übergängen Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Belgien und Dänemark. „Vorübergehend“ jedenfalls, wie die Ministerin hervorhebt. Alles andere wäre europarechtlich auch verboten.
Wie sehen die Grenzkontrollen konkret aus?
Wer die Grenzen bisher aus Richtung Tschechien oder Österreich nach Deutschland passiert, wird in vielen Fällen durchgewunken. Die Bundespolizisten greifen punktuell Fahrzeuge heraus, die ihnen verdächtig scheinen. An manchen Übergängen sind Grenzposten postiert, an anderen nicht. So wird es auch jetzt bleiben – nur eben im ganzen Land. „Flexibel und je nach den aktuellen Sicherheitserfordernissen“ sollen die Kontrollen organisiert sein, heißt es im Innenministerium. SPD-Politikerin Faeser spricht von „smarten Kontrollen“.
Was ist das Ziel der Kontrollen?
Die Bundesregierung reagiert auf politischen Druck vor allem nach dem islamistischen Attentat von Solingen, bei dem drei Menschen durch einen syrischen Geflüchteten getötet wurden. Seitdem ist in Deutschland erneut eine Debatte um Abschiebungen und Zuwanderung entfacht. Das oberste Ziel ist deshalb auch: sogenannte „irreguläre Migration“ weiter begrenzen. Seit Oktober 2023 hat die Bundespolizei nach eigenen Angaben mehr als 50.000 unerlaubte Einreisen festgestellt und rund 30.000 Zurückweisungen vollzogen. CDU und CSU geben an, dass sie mit einem „Domino-Effekt“ rechnen – und bei steigenden Zurückweisungen an der deutschen Grenze andere EU-Staaten nachziehen, und ebenso das Grenzregime verstärken.
Müssen Pendler aufgrund der neuen Kontrollen mit Staus rechnen?
Die Polizei in Dänemark hat bereits vor Staus an der Grenze gewarnt. In der Vergangenheit war es immer wieder auch zu längeren Wartezeiten mit mehr als einer Stunde an Übergängen gekommen, etwa in Brandenburg, Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen. Vieles hängt davon ab, wie stark die Polizisten vor Ort kontrollieren, und wie stark das aktuelle Verkehrsaufkommen ist. Das bestätigt auch der ADAC.
Was ist die Kritik an dem Vorgehen der Regierung?
CDU und CSU hoffen, dass andere EU-Staaten nachziehen und ebenfalls die Grenzkontrollen verschärfen. Genau das aber stößt auf Kritik, da eine Schlagbaum-Politik in Europa mit dem gemeinsamen Schengenraum abgeschafft wurde. Nur sehr strenge Ausnahmen erlauben Kontrollen, dann auch nur temporär. In diesem Jahr sinken die Asylzahlen bisher. Dass Gerichte einem „Notstand“ für Deutschland stattgeben werden, der ein Kontrollregime europarechtlich zulässt, halten Fachleute für wenig wahrscheinlich.
Auch „Zurückweisungen“ von Schutzsuchenden an der Grenze sind umstritten. Sie sind nur möglich, wenn eine Person eine „Wiedereinreisesperre“ hat, darunter auch Menschen, die schon einmal als Asylsuchende abgelehnt wurden. Jeder, der „Asyl“ ersucht, muss von der Polizei zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gebracht werden. Dort läuft das Verfahren, darunter auch die Fälle, in denen Deutschland erst einmal eine Zuständigkeit für das Asylgesuch prüfen muss.
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