Düsseldorf. CDU/Grüne in NRW dringen auf unterschiedliche Besteuerung von Privat und Gewerbe. Eigentümer sollten sich aber nicht zu früh freuen.

Die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen wollen im Streit um die neue Grundsteuer den Städten mit einem Landesgesetz die Möglichkeit geben, Wohn- und Gewerbegrundstücke künftig unterschiedlich zu besteuern, stoßen damit aber auf den erbitterten Widerstand vieler Städte.

Regierungsfraktionen zur Grundsteuer: „Wir wollen verhindern, dass Wohnen unnötig teuer wird“

„Mit unserem Gesetzentwurf möchten wir zu einer guten Lösung für Stadt und Land sowie für Familien und Gewerbe beitragen“, sagte CDU-Fraktionsvize Klaus Voussem am Dienstag. Es gehe darum, „unerwünschte Folgen“ der Grundsteuerreform abzumildern. „Wir wollen verhindern, dass Wohnen unnötig teuer wird“, so Simon Rock, Finanzexperte der Grünen im Landtag.

Der Gesetzentwurf, der voraussichtlich noch in dieser Woche in den Landtag eingebracht wird, soll den Städten die Möglichkeit geben,für Wohngrundstücke und Gewerbeflächen unterschiedliche Hebesätze anzuwenden. Sie werden aber nicht zu diesen „gesplitteten“ Hebesätzen verpflichtet.

Eigenheime in Essen-Kettwig. Private Grundstückseigentümer müssen ab Januar 2025 mit einer deutlich höheren Grundsteuer-Belastung rechnen.
Eigenheime in Essen-Kettwig. Private Grundstückseigentümer müssen ab Januar 2025 mit einer deutlich höheren Grundsteuer-Belastung rechnen. © picture alliance / imageBROKER | Jochen Tack

Grundsteuer: 20 Prozent Mehrbelastung für Privatleute, 50 Prozent Entlastung für Gewerbetreibende?

CDU und Grüne reagieren so auf eine Unwucht der Grundsteuerreform: Besitzer von Eigenheimen müssen nämlich ab 2025 mit einer zusätzlichen Grundsteuerbelastung von im Schnitt 20 Prozent rechnen, in den Großstädten des Ruhrgebietes teils sogar mit einer noch höheren Besteuerung. Auch Mieter wären betroffen, denn die Grundsteuer darf auf die Nebenkosten umgelegt werden. Eigentümern von Gewerbeimmobilien winkt hingegen eine Entlastung von bis zu 50 Prozent.

Die Grundsteuerreform

Im nächsten Jahr wird in NRW erstmals die Grundsteuerreform greifen. Das Bundesverfassungsgericht hatte sie 2018 erzwungen, indem es die bisherige Einheitsbewertung von Grundstücken für unzulässig erklärte. NRW wählte wie viele andere Länder als neue Berechnungsmethode das sogenannte „Bundesmodell“ und versprach den Kommunen zugleich, dass sich am Gesamtaufkommen ihrer wichtigsten Einnahmequelle nichts ändern werde. So war absehbar, dass Wohnimmobilien aufgrund ihrer Lage und Wertentwicklung deutlich höher eingestuft werden müssten als Lagerhallen oder Fabrikgebäude.

Um die erwartete Kostenexplosion beim Wohnen im Kommunalwahljahr 2025 abzudämpfen, hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) jüngst eilig noch eine neue bundesgesetzliche Regelung gefordert, die den Kommunen eine stärkere Differenzierung der Hebesätze ermöglichen würde. Gewerbeimmobilien könnten so höher besteuert werden, Wohnimmobilien dafür niedriger.

Die Pläne der Regierungsfraktionen sehen außerdem vor, die Kommunen bei Mustersatzungen und bei der IT-Programmierung zu unterstützen. Hintergrund ist die Einschätzung aus vielen Rathäusern, örtliche IT-Dienstleister könnten mit der Umstellung auf gesplittete Grundsteuer bis zum Jahreswechsel 2024/25 überfordert sein.

Städtetag NRW lässt die Grundsteuer-Pläne an sich abprallen

„Wir lehnen den Gesetzentwurf kategorisch ab. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen schlagen damit alle Warnungen aus den Kommunen in den Wind“, sagte Thomas Eiskirch (SPD), Vorsitzender des Städtetages NRW und Bochumer Oberbürgermeister, dieser Redaktion.

Differenzierte Hebesätze für Geschäfts- und Wohngrundstücke seien „kein rechtssicheres Instrument, um die Lastenverschiebung hin zu Wohngrundstücken zu verhindern.“ Die rechtlichen Unsicherheiten wären groß, denn jeder differenzierte Hebesatz müsse in jeder einzelnen Kommune „verfassungsfest“ begründet werden. Bei einer der wichtigsten Steuern für die Städte sei dieses Risiko zu groß.

„Das Land NRW hätte längst die Messzahl für Geschäftsgrundstücke anheben und so die Mehrbelastungen für Wohnimmobilien selbst verhindern können“, so Eiskirch weiter. Sachsen, das Saarland und das Land Berlin hätten dies getan. „Statt einer landesweiten Lösung, sollen jetzt fast 400 Kommunalparlamente im Hau-Ruck-Verfahren bis Jahresende differenzierte Hebesätze diskutieren und beschließen. Das dürfte schon zeitlich kaum noch möglich sein“, gibt Eiskirch zu Bedenken

FDP zürnt und wirft CDU und Grünen „Flickschusterei“ vor

Die Opposition im Landtag kritisiert die Pläne. „Das ist akute Flickschusterei, die neue Unsicherheiten auslösen wird“, sagte FDP-Finanzexperte Ralf Witzel. Die Liberalen fordern stattdessen einen „Ermäßigungsfaktor“ für Wohnimmobilien über die landesweit gültige „Grundsteuer-Messzahl“.

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