Washington. Der Ex-Präsident muss eine Bürgschaft von knapp 450 Millionen Dollar aufbringen. Ein drastischer Schritt könnte seine Geldnot lindern.
Nikki Haley hat genau mitgezählt. Nach Rechnung der einzigen noch im Rennen verbliebenen Rivalin des republikanischen Präsidentschaftskandidaten hat Donald Trump allein im Januar acht Millionen Dollar aus dem Topf seiner Wahlkampfspenden für Anwaltskosten ausgegeben. Wenn er dieses Tempo beibehält, werde der Ex-Präsident (der in mindestens vier weitere Prozesse verwickelt ist, die allesamt viele teure Anwälte verschleißen) in diesem Jahr für seine Verteidigung 100 Millionen Dollar verausgaben. Für ihre Partei, die Republikaner, sei das mit Blick auf die Wahl im November eine „Verlierer-Strategie”.
Nikki Haley legt die Finger in eine Wunde, die seit Mitte der Woche noch tiefer klafft.
Ohne Bürgschaft kann Trump nicht in Berufung gehen
Im Klein-Klein mit der Justiz um den Zivil-Betrugsprozess gegen seinen New Yorker Immobilien-Konzern und den Prozess wegen sexuellen Missbrauchs der Kolumnistin E. Jean Carroll offenbarte Trump, der vor einiger Zeit damit prahlte, zehn Milliarden Dollar wert zu sein, ungeahnte Zahlungsschwierigkeiten.
Beide Verfahren zusammen endeten für Trump mit Geldstrafen in Höhe von über einer halben Milliarde Dollar. Um in Berufung gehen zu können, muss Trump eine Art Bürgschaft in voller Höhe hinterlegen. Trumps Verteidiger beantragten, die richterlich angeordnete Sicherheitsleistung in voller Höhe auszusetzen. Sie boten „nur“ 100 Millionen Dollar an. Mit der Begründung, der Ex-Präsident, der zuletzt vom Magazin Forbes auf ein Vermögen von 2,6 Milliarden Dollar geschätzt wurde, verfüge nicht über ausreichende Barmittel, um die komplette Sicherheitsleistung zu hinterlegen.
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Unter Eid hatte Trump ausgesagt, er habe 400 Millionen Dollar „flüssig“ – Hat er gelogen?
Das mutet befremdlich an. Trump hatte vor nicht allzu langer Zeit unter Eid in einer nicht-öffentlichen Vernehmung ausgesagt, er verfüge über liquide Mittel in Höhe von über 400 Millionen Dollar. Hat er gelogen?
Trumps Juristen erklärten, der Ex-Präsident sei unter den aktuellen Umständen gezwungen, in kurzer Zeit Immobilien aus seinem Portfolio zu verkaufen. Dies sei nicht zumutbar und würde dem Familienunternehmen (mit Trump sind auch seine Söhne Donald Jr. und Eric Trump zu Strafzahlungen verurteilt worden) „irreparabel schaden”.
Nun, besagter Antrag wurde am Mittwochabend von Berufungsrichter Anil Singh komplett abgeschmettert. Trump muss danach im Betrugsverfahren die volle Summe – knapp 450 Millionen – zahlen (mit Zinsen würde es nach Angaben seiner Anwälte über 500 Millionen). Dazu hat er bis zum 25. März Zeit. Sollte Trump die Bürgschaft bis dahin nicht fristgerecht auf einem Treuhandkonto nachweisen, kann die zuständige Staatsanwältin Letitia James damit beginnen, Trumps Konten und Besitztümer zu konfiszieren und zu Geld zu machen.
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Wie Trump aus der Situation herauskommt, ist im Moment völlig unklar. Er könnte, auch an seinem Heimatstandort New York, ein entsprechendes Bank-Darlehen aufnehmen; wenn er denn ein Institut findet. Firmen, die Bürgschaften anbieten, sogenannte „Bonds”, verlangen dagegen Zinsaufschläge von neun Prozent.
Klappt das nicht, müsste Trump sich von werthaltigen Objekten seines weitverzweigten Immobilien-Parks trennen. Wie schnell dieser Beton zu Geld gemacht werden kann, ist ebenfalls ungewiss. Dabei wächst die Schadenssumme täglich um etwa 114.000 Dollar Zinsen, hat die New York Times ausgerechnet.
Dass Trump den Kopf aus der Schlinge ziehen kann, beweist seine Vita. Ein halbes Dutzend Mal hat der 77-Jährige mit seinen Firmen, man denke etwa an seine früheren Spielcasinos in Atlantic City, Bankrotte hingelegt. Auch andere Unternehmungen, eine eigene Wodka-Produktion zum Beispiel, ein Steak-Handel, eine Fluggesellschaft und eine Universität, endeten als Flop. Trotzdem stand Trump immer irgendwie wieder auf, weil ihm immer irgendwer half. Diesmal auch?
Russische Investoren haben früher in Trumps Hochhäusern teure Wohnungen gekauft. Sie könnten ihm wieder helfen.
Gerüchte besagen, dass Elon Musk gewillt sein könnte, Trump aus der Bredouille zu helfen. Auch die saudische Öl-Dynastie kommt in Betracht, meinen Insider aus Trumps Umfeld. Sie hatte bereits seinem Schwiegersohn Jared Kushner für die eine oder andere politische Gefälligkeit zwei Milliarden Dollar aus einem Investmentfonds bereitgestellt. Russische Investoren, die schon früher in Trumps Hochhäusern in New York teure Wohnungen gekauft haben, seien ebenfalls vielleicht nicht abgeneigt, dem Amerikaner aus der Verlegenheit zu helfen.
Schließlich ist da ja auch noch die Partei. Lara Trump, seine Schwiegertochter, schickt sich gerade an, so etwas wie die Generalsekretärin der Republikaner zu werden. Sie hat bereits erklärt, sämtliche Spendenströme, die der „Grand Old Party” zufließen, auf Trump umzulenken, damit der seine Anwaltskosten bestreiten kann; im vergangenen Jahr immerhin 50 Millionen Dollar. Auch so soll sichergestellt werden, dass Trump im Wahljahr finanziell nicht die Puste ausgeht.
Täglich bombardiert Trump seine Anhänger mit Spendenaufrufen
Schon jetzt werden Trumps Anhänger durch tägliche Spendenaufrufe auf Trab gehalten und förmlich genötigt, dem Milliardär unter die Arme zu greifen. Tenor von Trumps Strategen: Die Anklagen richteten sich nur oberflächlich gegen ihn, insgeheim sei die „linke Gesinnungsjustiz hinter euch her”.
Allein, insgesamt ist die finanzielle Unterstützung für den Milliardär ausweislich der offiziellen Spenden-Berichte rückläufig. Konkurrent Joe Biden hat mit 130 Millionen Dollar eine prall gefüllte Wahlkampfkasse. Trump muss erst noch auf höhere Einnahmen warten. Bisher ist nicht erkennbar, ob die Flaute im Portemonnaie Trumps Bewegungsspielraum im Wahlkampf beeinträchtigen wird.
Schließlich hat er noch etwas in der Hinterhand. Sein Anteil an der Firma, die seine umstrittene Kommunikations-Plattform „Truth Social” betreut, ist börsentechnisch inzwischen rund vier Milliarden Dollar wert, schreiben US-Wirtschaftsmagazine. Trump könnte sie mit Zeitabstand verkaufen – und wäre auf einen Schlag aus dem Gröbsten heraus.