Düsseldorf. Ein fieser Kratzer für das grüne Image: Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat einen ehemaligen Atommanager zum obersten Strahlenschützer ernannt. Gerald Hennenhöfer gilt als lupenreiner Atomlobbyist. Entsprechend groß ist die Empörung bei Opposition und Umweltverbänden.

Er hatte sich so eifrig bemüht, nicht anzuecken. Nicht bei der Opposition, nicht bei den Umweltverbänden. Der neue Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat seit seinem Amtsantritt einiges getan, um den Eindruck zu vermeiden, er sei nur willfähriger Vollstrecker wirtschaftspolitischer Interessen. Er hat sich für ein verbindliches Klimaabkommen stark gemacht, dem Atomausstieg das Wort geredet und einem neuen Anlauf für ein Umweltgesetzbuch. Jetzt hat sein frisches grünes Image wegen einer Personalie einen fiesen Kratzer bekommen.

Röttgen hat jetzt einen neuen Abteilungsleiter. Der Mann heißt Gerald Hennenhöfer, ist 62, Jurist und jetzt für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz zuständig. Im Umweltministerium geht man mit seiner Ernennung nahezu verschämt um, offizielle Stellungnahmen gibt es nicht. Das hat seinen Grund: Hennenhöfer gilt als lupenreiner Atomlobbyist.

Berater für die Betreiber des Versuchsendlagers Asse

Als Angela Merkel noch Umweltministerin war, war Hennenhöfer schon einmal Abteilungsleiter. 1998 versetzte ihn Jürgen Trittin in den einstweiligen Ruhestand, danach arbeitete der Jurist für die Atomindustrie. Für den Energiekonzern Viag - heute Eon - saß er als Generalbevollmächtigter bei den Verhandlungen über den Atomkonsens am Tisch. Seit 2004 arbeitete er in einer Berliner Kanzlei, für die er unter anderem den ehemaligen Betreiber des Skandal-Versuchsendlagers Asse beriet. In dem Salzstock sind Zehntausende Fässer schwach- und mittelradioaktive Abfälle unsachgemäß gelagert. Der für die Klärung der Vorfälle in der Asse eingesetzte Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag hat die Rolle Hennenhöfers äußerst kritisch gewürdigt. Demnach hat er 2007 dem Helmholtz-Zentrum als damaligem Asse-Betreiber und der Betriebsleitung geraten, die Öffentlichkeit nur restriktiv und oberflächlich über die Missstände zu informieren.

Entsprechend groß ist die Empörung bei Opposition und Umweltverbänden über die Ernennung Hennenhöfers: „Das ist fahrlässig und abenteuerlich”, giftete gestern Röttgens Vorgänger und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Durch die Ernennung des „Lobbyisten der Atomwirtschaft” sei die „freundliche Maske” Röttgens gefallen. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn schimpfte: „Mit der Ernennung eines Atomlobbyisten zum Verantwortlichen für Reaktorsicherheit macht Röttgen den Bock zum Gärtner.” Tobias Münchmeyer, Atom-Experte bei Greenpeace, bezeichnete Hennenhöfer als „altbekannten Atom-Hardliner”. Ihn zum obersten Strahlenschützer zu machen sei, als „hätte man Manfred Kanther zum Integrationsbeauftragten der Bundesregierung ernannt”. NRZ