Rom. Täglich riskieren die Bergretter ihr Leben für Menschen in Not. Doch oft werden sie wegen Lappalien alarmiert. Das soll nun teuer werden.

Die Alpen sind kein Luna Park. Mit diesem Motto startet die Südtiroler Berg- und Höhlenrettung CNSAS eine Kampagne gegen das verantwortungslose Verhalten vieler Touristen: Ohne angemessene Ausrüstung wollen sie Berge erklimmen – und geraten dann in Schwierigkeiten. „Respektlose Urlauber benutzen die Alpinrettung wie einen kostenlosen Taxidienst“, beklagte der Präsident von CNSAS, Giorgio Gajer unlängst bei einer Fachtagung in Bozen.

Die Notarzthubschrauber der Südtiroler Flugrettung wurden 2023 zu 4342 Einsätzen gerufen, das sind fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Allein in diesem Sommer wurden 1200 Bergunfälle in den Dolomiten gemeldet. Insgesamt kostet der Flugrettungsdienst 18,9 Millionen Euro im Jahr. In jedem zehnten Fall war der Grund für die Notlage: ungeeignete Ausrüstung. Viele Touristen überschätzen bei der Wahl einer Bergtour ihre Fähigkeiten, so die Erfahrung der Bergretter.

Italiens Bergretter: „Alpen werden als Rummelplatz betrachtet“

„Dieses Jahr hatten wir ziemlich lange viel Schnee, da reichen einfache Sneakers nicht aus. Die Alpen werden immer häufiger als Rummelplatz betrachtet. Aber man muss sich bewusst sein, dass es in den Bergen kein Nullrisiko gibt“, erklärte Gajer und beklagte, dass die Arbeit der Bergretter in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe. Vom verstauchten Knöchel bis zum tödlichen Bergunfall ist alles dabei.

Kals am Grossglockner 19.08.2020, Kals am Grossglockner, AUT, Alpinunfall, Absturz im Stuedlgrad, im Bild Einsatzkraeft
Italiens Bergretter riskieren täglich ihr Leben für Menschen in Not. Dass diese Not immer öfter selbst verschuldet ist, sorgt für Ärger. © imago images/Eibner Europa | IMAGO stock

„Wir handeln aus Altruismus, und unsere Mission ist es, Menschen in Not zu helfen. Deshalb führen wir zu Beginn jeder Saison landesweite Präventionskampagnen durch“, so der CNSAS-Präsident. „Mit Bedauern stellen wir aber fest, dass unsere Ratschläge zunehmend missachtet werden. Die alpinen Rettungskräfte sind 365 Tage im Jahr im Einsatz. Immer häufiger wird jedoch unsere Arbeit ausgenutzt.“ Bilder von Wanderern in kurzen Hosen und Flip-Flops auf Gletschern seien eine Beleidigung für die Notretter.

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Künftig wollen die norditalienischen Alpenregionen Bergsteiger für nicht gerechtfertigte Rettungshubschrauber-Einsätze verstärkt zur Kasse bitten und damit die ausufernden Kosten decken. Viele Bergsteiger würden die Rettung anfordern, nur weil sie zu erschöpft für den Rückweg seien. Zahlreiche Einsätze seien nicht medizinisch begründet, sondern auf mangelhafte Ausrüstung oder Vorbereitung zurückzuführen, berichtete die Bergrettung in der Lombardei.

Hubschrauber für umme angefordert? Das kann teuer werden

Bis vor wenigen Jahren waren Rettungsaktionen in Italien noch gratis, für die Kosten kamen die Gemeinden auf. Im Trentino belaufen sich die Kosten für eine Hubschrauberrettung im Falle eines Notrufs ohne Krankenhauseinweisung auf 750 Euro, wenn der einschreitende Arzt nicht die sofortige Einweisung in eine Notaufnahme eines Krankenhauses angeordnet hat.

Im Falle eines völlig unangemessenen Anrufs ohne Krankenhausaufenthalt liegen die Kosten für die Rettung per Hubschrauber dagegen zwischen 98 und 140 Euro pro Minute, je nach verwendetem Hubschrauber. Das Problem ist, dass viele ausländische Touristen einfach verschwinden und die Rechnung für den Rettungseinsatz nicht begleichen.

Der Fotograf Gianni Bodini, Autor zahlreicher Bücher und Fotoreportagen und Herausgeber des Südtiroler Kulturmagazins Arunda, erläuterte die Probleme, die sich hinter einem solchen unbedachten Tourismus verbergen. „Die Touristen meinen, sich alles leisten zu können, auch die unpassende Kleidung“, so Bodini. „Natürlich bin ich nicht gegen den Tourismus, aber gegen übermäßigen Tourismus: Die Dosis macht das Gift.“