Berlin. Anna Unterberger verbindet einiges mit ihrer Rolle im „Steirerkrimi“. In welcher Lage sie auch privat für Recht und Ordnung einstehen würde.

  • Schauspielerin Anna Unterberger hat ihre ganz eigene Art, mit Misserfolgen umzugehen
  • Das verbindet sie auch mit ihrer Rolle Anni in den „Steirerkrimis“
  • Ob sie seit ihrer Rolle auch an das Böse glaubt und wann sie Selbstjustiz anwenden würde, verrät sie hier

Deutschen Kinozuschauern ist die italienische Schauspielerin Anna Unterberger insbesondere durch „Gundermann“ bekannt. Seit 2021 ist die 39-Jährige als Hauptdarstellerin im „Steirerkrimi“ (neue Folge am 24. Oktober um 20.15 Uhr in der ARD) auch eine feste Größe der Fernsehlandschaft. Sie hat aber auch schon viel größere Herausforderungen als ihre Rollen gemeistert.

Sie haben Ihre Figur im „Steirerkrimi“, Anni Sulmtaler, folgendermaßen beschrieben: „Sie ist eine bodenständige Frau, liebt Leberkässemmel und ist in ihrem Leben schon einmal richtig gescheitert.“ Was davon trifft auf Sie selbst zu? 

Anna Unterberger: Mich interessiert bei Menschen nicht das Scheitern selbst, sondern wie jemand damit umgeht. Das macht uns aus. Wie gehen wir mit Erfolg um, mit Misserfolg und so weiter. Anni ist ein Mensch, der nach vorne schaut. Wenn sie auf die Schnauze fällt, steht sie wieder auf. Dafür muss sie an sich glauben und vertrauen. Das hat auch mit Bodenständigkeit zu tun. 

Natürlich bin ich oft in meinem Leben gescheitert, das gehört dazu. Dennoch würde ich es nicht als solches bezeichnen. Ich sehe es als Teil des Weges, der mich dahin gebracht hat, wo ich jetzt bin und ich bin für jedes dieser Teile dankbar. 

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Die Serie führt Sie ja ins ländliche Österreich. Geboren sind Sie in Bozen, Ihr Wohnort ist Berlin. Zu welcher dieser Welten fühlen Sie sich eigentlich am meisten hingezogen?

Unterberger: In der Stadt vermisse ich die Natur, in der Natur vermisse ich das raue Stadtleben. Daher suche ich immer wieder den Ausgleich. Ich lebe in der Großstadt Berlin, daher genieße ich es sehr, wenn Dreharbeiten auf so einem schönen Fleck Erde wie in der Steiermark stattfinden.

Für diesen Ausgleich kehre ich auch immer wieder in meine Heimat zurück, zumal ich dort auch noch Familie und viele Freunde habe. Ich kann mir sogar vorstellen, irgendwann meinen Lebensmittelpunkt wieder nach Südtirol zu verlagern, aber auch dann werde ich die Großstadt immer wieder aufsuchen.

«Steirer»-Krimi - Schauspieler Unterberger und Prinz
Die Schauspieler Anna Unterberger und Hary Prinz spielen im „Steirer“–Krimi Kommissarin und Chefinspektor – die neue Folge ist am 24. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen. © picture alliance/dpa/picture alliance | Wolfgang Wolak

Und was für ein Verhältnis haben Sie zur Sphäre des Klosters, in der die neue Folge von „Steirerschuld“ spielt? 

Unterberger: Klöster bergen so viel Geschichte in sich, das fasziniert mich. Die imposanten Gemälde auf den alten Wänden, diese gigantische Bibliothek in der wir gedreht haben – wirklich beeindruckend! Aber so wie mich diese Welt fasziniert, beklemmt sie mich gleichermaßen. Sie strahlt auf mich eine Kälte aus, aber Glaube und Hoffnung ist für mich ein Gefühl von Wärme.

Unterberger: „Ich glaube nicht an das Böse“

Aber es gibt ja auch noch mystische Aspekte in der Religion. Glauben Sie an die?

Unterberger: Ich glaube an eine Kraft, die wir nicht sehen können. Jeder Mensch hinterlässt nach seinem Tod Energien, manche mehr, manche weniger. Es gibt so viel, von dem wir keine Ahnung haben, davon bin ich überzeugt. Daran zu glauben, gehört für mich zum Realismus dazu.

Wie ist es mit dem Bösen? Das kann ja „überall lauern“, wie es im Pressetext zur Folge heißt.

Unterberger: Grundsätzlich glaube ich nicht an das Böse. Ich glaube nicht daran, dass ein Mensch böse auf die Welt kommt. Ich glaube, jeder bösen Handlung liegt eine Verletzung zugrunde. Im neuen „Steirerkrimi“ sprechen wir in einer Szene über folgende Frage: „Hat ein Opfer das Recht, zum Täter zu werden?“ Das finde ich einen interessanten Gedanken, und eine genaue Antwort habe ich auch nicht darauf.

Wenn meinem Kind etwas angetan wird, dann kann ich mir gut vorstellen, auch zum Täter zu werden. Aber das Recht hätte ich dafür natürlich dennoch nicht. Wenn man allerdings in den Medien so liest, was ein Mensch anrichten kann, wie grausam Menschen sein können, dann habe ich doch manchmal meine Zweifel an meiner Theorie.

ARD Blue Hour, Berlinale 2024
Anna Unterberger engagiert sich privat für Geflüchtete. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Clemens Niehaus/Geisler-Fotopres

Speziell in Ihrer Kindheit haben Sie ja das Gute kennengelernt. Denn ihre Mutter hat mit Menschen mit Behinderung Theater gespielt. Wie stark waren Sie damals selbst beteiligt? 

Unterberger: Meine Mutter hat meinen Bruder und mich immer wieder zu Proben mitgenommen. Das mochte ich immer sehr! Denn diese Menschen schienen so frei, so herrlichst unmittelbar. Natürlich hat mich das geprägt. Ich habe viele Jahre später in einem Film an der Seite von Menschen mit Behinderung mitgespielt – „Vielen Dank für nichts“ –, der übrigens einer meiner Lieblingsfilme ist, in denen ich mitgewirkt habe. Da hat mir der selbstverständliche Umgang, den ich durch meine Mutter gelernt habe, schon geholfen.

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Sie engagieren sich ja selbst. Nachdem Sie auf der griechischen Insel Leros mit der Flüchtlingsproblematik konfrontiert wurden, setzten Sie sich mit dem Verein Sternenzeit für das Projekt „Betten für Leros“ ein. Was ist hier der Stand der Dinge?

Unterberger: Das Projekt „Betten für Leros“ ist mittlerweile abgeschlossen. Wir haben es geschafft, dass die dort ankommenden Flüchtlinge nicht mehr auf Kartons schlafen müssen, sondern in richtigen Betten liegen können. Keine Nachrichten, keine Fotos können dieses Gefühl hervorrufen, wie wenn du mittendrin stehst. Man kann sich das nicht vorstellen. Menschen haben um Wasser gebeten. Sie waren schon unendlich dankbar, wenn sie einen Apfel bekommen haben.

Und das Schlimmste war: Es hörte nie auf. Nachdem wir nachts 400 Brote für ankommende Flüchtlinge schmierten und mit einem Gefühl, etwas geschafft zu haben, das Auffanglager verließen, kamen uns Hunderte weitere Menschen entgegen, die genauso Hunger und Durst hatten. Da stockte uns der Atem.