Berlin. Für Frauen hat sich laut Veronica Ferres seit MeToo noch nicht genug geändert. Wie es ihr selbst erging, verrät die Schauspielerin hier.
In der neuen Staffel der „Mordsschwestern“ (ab 18. Oktober um 20.15 Uhr im ZDF) mischt auch Schauspielerin Veronica Ferres mit – zum ersten Mal in einem Freitagskrimi. Als resolute Fallanalytikerin mischt Ferres das Kripo-Team auf. Im Interview erklärt die 59-Jährige, was sie dazu bewogen hat und warum es an der Zeit ist, dass die Männer der Branche den Frauen den Vortritt lassen. Wobei auch männliche Schicksale sie nicht kaltlassen, wie sie berichtet.
So eine Rolle wie die kühle Fallanalytikern haben Sie vermutlich noch nie gespielt. Warum haben Sie sich eigentlich darauf eingelassen?
Veronica Ferres: Die Produzentin Miriam Düssel ist auf mich zugekommen. Ich fand das Drehbuch für den Pilotfilm, bei dem die Regisseurin Suki Roessel Co-Autorin war, ungewöhnlich gut, und wollte einen Zoom-Call mit ihr. Bei dem waren noch andere Produzenten mit dabei, die mir viele Fragen stellten, wie ich die Rolle sehe. Sie waren total offen für meine kreativen Ideen. Und bei diesem Gespräch fühlte ich mich so wohl, dass ich sagte, ich möchte das unbedingt machen.
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Junge Regisseurinnen werden momentan besonders in der Branche gefördert – Sie haben das ja auch mit Nora Fingscheidt gemacht, deren Film „The Unforgivable“ Sie produziert haben. Was machen Frauen in der Regie anders?
Ferres: Sie haben eine andere Sichtweise auf Stoffe. Aber die Struktur der Arbeit ist die gleiche: Man redet viel über die Rolle, man erarbeitet gemeinsam eine Biografie über die Jugend und Kindheit der Figur, man stellt alle Fragen, man nähert sich dann an durch szenische Proben.
Veronica Ferres: „Das müssen die Männer jetzt leider mal aushalten“
Mittlerweile geraten die männlichen Kollegen gegenüber den Frauen ins Hintertreffen, weil vorzugsweise Regisseurinnen angeheuert werden. Wie sehen Sie das?
Ferres: Es war jahrzehntelang andersrum. Und jetzt müssen es die Männer leider mal aushalten, dass es kurz eine Disbalance zu ihren Ungunsten gibt. Aber das wird sich einpendeln. Das ist eine natürliche Entwicklung.
Inwieweit haben sich die Dinge zum Positiven gewandelt?
Ferres: Ich glaube, dass sich durch die MeToo-Bewegung einiges geändert hat, aber auch da stecken wir noch mitten im Prozess. Der Generation meiner Tochter wird zugehört, wenn Übergriffe passieren, und es wird gehandelt. Mir hat keiner zugehört. Wenn man etwas gesagt hat, war man ein Störfaktor. Wobei wir generell noch lange nicht da sind, wo wir sein müssten. Schauen Sie sich an, wie Frauen in vielen Ländern behandelt werden.
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Es gibt ja trotzdem noch eine ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen in Ihrer Branche. Wie kommen Sie damit klar?
Ferres: In meinem Unternehmen und in meinem Team gibt es das nicht. Aber generell kann ich nichts anderes tun, als immer wieder zu erwähnen, dass Schauspielerinnen anders als Schauspieler bezahlt werden. Und im Zweifelsfall muss ich einfach mehr arbeiten, müssen wir Frauen immer noch mehr leisten und arbeiten als die Männer.
Diese schweren Schicksale gingen Ferres besonders nah
Ihre Frau Dr. Brockhaus ist auf jeden Fall eine Frau, die vieles besser weiß als andere. Was machen Sie selbst, wenn Sie jemanden kritisieren oder einen Rat erteilen?
Ferres: Weil der Film über allem steht, ist es wichtig, uneitel zu bleiben. Wenn etwas für mich nicht passt, dann versuche ich immer freundlich und sachlich zu bleiben. Ich kann zum Beispiel jemand sagen: „Du bist so fleißig, aber lass uns bitte noch einmal über einen bestimmten Punkt nachdenken: Wie können wir das besser machen?“ Es funktioniert nur, wenn das Gegenüber das nachvollziehen kann – Kommunikation funktioniert nie von oben nach unten.
Und wenn jemand darauf nicht reagiert?
Ferres: Ich höre irgendwann auf zu diskutieren. Meine Mutter sagte so schön: „Rege dich nicht auf über die Dinge im Leben, die du nicht ändern kannst, und gebe alle Energie in die Dinge, die du ändern kannst.“
Wie ist es bei Menschen, die böse Absichten verfolgen? Durchschauen Sie die?
Ferres: Ich denke, dass ich Menschen sehr schnell mit ihrer Aura erkennen kann, ob die dunkel oder hell ist. Ich versuche dann damit umzugehen. Aber weil ich die Leute so sehen kann, belastet mich das natürlich mehr als andere Menschen.
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Haben Sie ein Beispiel für Menschen mit einer dunklen Aura, die Sie getroffen haben?
Ferres: Für den Film „Kein Himmel über Afrika“ haben wir in einem Gefängnis außerhalb von Kapstadt gedreht, in dem schwer kriminelle Straftäter einsaßen. Wir waren zwar von ihnen abgetrennt, aber ich habe den Gefängnisdirektor gebeten, dass ich mit ihnen reden darf. Sie sind sehr respektvoll mit mir umgegangen, auch weil sie wussten, dass ich die Unterstützung des Direktors hatte. Da habe ich einen Mann kennengelernt, dessen Frau schwer krank wurde, und weil er nicht das Geld für Medikamente hatte, brach er in ein Haus ein. Dort wurde er von den Besitzern überrascht, die er in Panik erschoss.
Ein anderer meinte zu mir, dass er sich vor seiner Freilassung in zwei Monaten fürchten würde. Er hatte weder Zuhause noch Freunde noch Arbeit. Und so sagte er, er würde erneut eine Straftat begehen, um wieder ins Gefängnis zu kommen. Denn das sei sein Zuhause. Diese Geschichten haben mich sehr, sehr traurig gestimmt.
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