An Rhein und Ruhr. Lieber Mieten statt Kaufen? Umfrageergebnisse zeigen: Im Kreis Kleve leben prozentual immer weniger Haushalte in der eigenen Immobilie.
Für viele Menschen ist die eigenen Immobilie ein Lebensziel. Nicht nur wegen der Freiheit, das eigene Zuhause ganz nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ein eigenes Haus bedeutet auch, keine Miete mehr zahlen zu müssen – eine große Erleichterung im Alter. Doch den Traum können sich immer weniger Menschen erfüllen, wie eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts zeigt.
Hohe Baupreise, hohe Zinsen und nur ein überschaubares Angebot – die Lage auf dem Immobilienmarkt macht es Erstkäufern immer schwerer, sich ein Eigenheim zu leisten. Immer weniger Menschen leben in der Immobilie, die ihnen selbst gehört. Nach aktuellen Zahlen liegt die Eigentumsquote in Deutschland bei unter 44 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit 15 Jahren.
Eigentumsquote in NRW geht zurück
In NRW liegt die Eigentumsquote noch leicht unter dem Bundesschnitt. Ein Grund dafür sind die vielen Großstädte, in denen die Quote in der Regel zwischen 20 und 30 Prozent liegt. Zwischen 2011 und 2022 ist die Eigentumsquote in Düsseldorf von 23,4 auf 21,6 Prozent gesunken. Duisburg kam 2011 noch auf 28,2 Prozent, elf Jahre später lebten 26,1 Prozent der Haushalte in den eigenen vier Wänden. Einen ähnlichen Rückgang gab es laut der Pestel-Studie auch in Essen, Oberhausen und im Kreis Wesel. Im benachbarten Kreis Kleve ist jedoch eine deutlich drastischere Entwicklung zu sehen.
Zwar war die Eigentumsquote 2022 im Kreis Kleve mit 50,6 Prozent immer noch über dem Durchschnitt. Jedoch ist diese innerhalb von elf Jahren um rund sechs Prozent gesunken. Im Kreis Wesel gab es im gleichen Zeitraum einen Rückgang um nur 1,5 Prozent. Wie kann das sein?
Kreis Kleve: Mehr Mieter, kaum neue Eigentümer
„Dass die Quote im Kreis Kleve so stark zurückgegangen ist, kann viele Gründe haben. Einer ist sicherlich die Hochschule Rhein-Waal, die viele Studenten in die Region gelockt hat. Und die wollen natürlich Mietwohnungen“, schätzt Tanja Arden. Sie ist Immobilienmaklerin in Kleve und vermittelt auch Mietwohnungen. Die Nachfrage sei hier in den vergangenen Jahren stark angestiegen. „Oft bekommen wir über 100 Anfragen nach Mietwohnungen pro Woche. Das war vor zehn Jahren noch ganz anders.“
„Oft bekommen wir über 100 Anfragen nach Mietwohnungen pro Woche. Das war vor zehn Jahren noch ganz anders.“
Die Zahl der Eigentümerhaushalte im Kreis Kleve ist absolut gesehen zwischen 2011 und 2022 nahezu gleich geblieben. Gab es 2011 74.996 Eigentümerhaushalte, waren es 2022 75.085. Im Kreis Wesel sind in diesem Zeitraum immerhin knapp 2000 neue Eigentümerhaushalte dazugekommen. „Im Kreis Wesel ist es zwar noch teurer als im Kreis Kleve, aber auch hier sind die Preise inzwischen extrem hoch und die Förderungen eher mangelhaft“, sagt Arden. So könne sich bei weitem nicht mehr jeder eine eigene Immobilie leisten. „Und die, die es noch können, haben dann vielleicht auch genug Geld, um im Kreis Wesel zu kaufen, der aufgrund seiner Nähe zum Ruhrgebiet für viele Familien attraktiver ist.“
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Kreis Kleve: Starker Zuwachs bei Mietwohnungen
Doch während sich auf der Eigentümerseite im Kreis Kleve nicht viel getan hat, ist die Zahl der Mieterhaushalte deutlich gestiegen. 2022 gab es hier rund 15.000 Mieterhaushalte mehr als elf Jahre zuvor. Im einwohnerstärkeren Kreis Wesel sind nur etwa 9000 Mieterhaushalte hinzugekommen.
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„Grund dafür ist der starke Neubau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Im Schnitt wurden von 2011 bis 2022 jährlich über 500 Wohnungen im Kreis Kleve in Mehrfamilienhäusern neu gebaut“, erklärt Birgit Kranzusch, stellvertretende Pressesprecherin der NRW.Bank, auf Anfrage der NRZ. Auch die öffentliche Wohnraumförderung habe daran einen Anteil. Im öffentlich geförderten Mietwohnungsbestand konnte der Kreis Kleve zwischen 2011 und 2022 – entgegen dem landesweiten Trend (-18%) – einen Zuwachs um fünf Prozent erzielen, so Kranzusch.
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Diese Altersgruppen ziehen in die Wohnungen
Von dem starken Wohnungsausbau hätten aber nicht nur Studenten profitiert, sondern auch Senioren. In der Altersgruppe 65-75 gab es im Vergleichszeitraum einen Zuwachs von 17 Prozent. Die Altersgruppe 75+ hat im Kreis Kleve sogar um 19 Prozent zugelegt. Das seien vor allem Menschen „mit Bedarfen im Segment der altersgerechten, barrierefreien und gleichzeitig bezahlbaren Wohnungen“, erklärt Kranzusch.
Deutschland im internationalen Vergleich
2022 wohnten in Deutschland laut dem Pestel-Institut 43,6 Prozent der Haushalte in den eigenen vier Wänden. Damit liegt die Bundesrepublik im Europavergleich auf einem der letzten Plätze. Länder wie Irland, Finnland, Schweden, Großbritannien oder die Niederlande landen mit einer Wohneigentumsquote von 60 bis 70 Prozent im Mittelfeld. In Spanien, Norwegen, Portugal und Italien leben rund 75 Prozent der Haushalte in der eigenen Immobilie, während es in Ungarn und der Slowakei sogar rund 90 Prozent sind.
Doch wer im Alter noch hohe Mieten bezahlen muss, droht in die Altersarmut zu rutschen. Das betonte auch Matthias Günther, Studienleiter des Pestel-Instituts, bei der Vorstellung der Studienergebnisse. Der Wunsch nach einer eigenen Immobilie sei noch immer groß. „70 bis 90 Prozent der Deutschen streben Wohneigentum an, doch leisten können es sich immer weniger Menschen.“ Das spiegele sich auch in den Zahlen der Grundsicherung wider. Die Empfängerquote ist von 2,5 Prozent im Jahr 2010 auf 3,7 Prozent im Jahr 2023 angestiegen.
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