Duisburg. In den USA haben sich Scheidungs-Partys längst etabliert. Therapeutin Andrea Zylka hält Abschieds-Rituale für wichtig. Was Ex-Paare tun können.
So schön eine Hochzeit ist, so schmerzhaft kann eine Scheidung sein. Dabei eröffnet das Loslassen von Vergangenem auch immer eine Chance für die Zukunft, davon ist Andrea Zylka fest überzeugt. Die Therapeutin bietet Trennungszeremonien an und ja, das klingt vielleicht erstmal seltsam, wie ihr selbst bewusst ist, „aber das kann eine Entlastung und eine Beflügelung für beide sein.“ In den USA sind Scheidungspartys deshalb längst zum Trend geworden, während in Deutschland noch kaum jemand etwas damit anfangen kann. Auch die 63-Jährige ist über Umwege auf das Thema gestoßen.
Seit fast 30 Jahren arbeitet Andrea Zylka als Therapeutin, „das hat immer etwas mit Unendlichkeit zu tun“, so beschreibt sie es, „die Patienten kommen und gehen.“ Und sie liebt ihren Job! Doch wenn sie in drei Jahren in Rente geht, möchte sie Menschen zwar weiterhin unterstützen, allerdings nur noch an bestimmten Punkten ihres Lebens. Deshalb hat sie sich als Hochzeits- und Trauerrednerin selbstständig gemacht und dabei ist ihr eine Gemeinsamkeit aufgefallen... „Bei Hochzeiten und Beerdigungen geht es immer um die Liebe“, sagt sie, „und darum, jemandem eine große Wertschätzung entgegen zu bringen.“
Fast wie eine Hochzeitsfeier
Auch dieses zweite Standbein, das sich die 63-Jährige gerade aufbaut, bereitet ihr viel Freude. Doch wenn sie sich so in ihrem Bekanntenkreis umhört, stehen weder Hochzeiten noch Beerdigungen an... sondern Scheidungen. „Ich kenne kaum eine Familie, die keine Patchwork-Familie ist“, erzählt sie. Manche stecken noch mitten in der Trennung, „ich höre aber auch häufig von Menschen, bei denen es Jahre her ist und auf denen immer noch der Schatten liegt.“ Sie nennt es den „Stachel des Unfriedens“, der sich tief in die Seele bohrt. Aber geht‘s nicht auch anders?
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Schließlich hat ein Ex-Paar nicht nur schlechte, sondern auch gute Zeiten erlebt. Deshalb möchte sie zu „einer Würdigung von dem, was gewesen ist“ ermuntern, damit sich beide gegenseitig „einen Segen für die Zukunft“ geben können. Das klingt natürlich optimal, aber ist das tatsächlich auch realistisch? Nunja, Andrea Zylka lächelt, „alle sagen immer, dass sie es toll finden, aber bislang hat noch keiner den Mut dazu gefunden.“ Schließlich müssen beide bereit sein, sich auf eine Trennungszeremonie einlassen... die sich kaum von einer Hochzeitsfeier unterscheidet.
Wichtig für gemeinsame Kinder
Da wäre beispielsweise das Gespräch vorab, in dem beide von ihrer Ehe erzählen, aber auch über die Gründe für das Aus sprechen. Das kann emotional werden, auf jeden Fall, aber als Mediatorin ist sie auf gewaltfreie Kommunikation spezialisiert. „Es gibt immer zwei Wahrheiten“, betont Andrea Zylka. „Und wenn diese offen benannt werden, bringt das eine Ruhe mit sich.“ Das kann der Betrug sein, das kann aber auch das Nichtgesehenwerden oder das Auseinanderleben sein. All das kommt in der Rede vor, bevor... etwa eine symbolische Ringrückgabe stattfindet?
Trennungszeremonie
Die Kosten für eine Rede bei einer Hochzeits- oder Trauerfeier sind genauso hoch wie für eine Rede bei einer Trennungszeremonie.
Weitere Fragen beantwortet Andrea Zylka gern auch persönlich: 0203/5032064, 0157/73604240 oder andrea.zylka@gmx.de
„Es kann auch ein Abschiedsgeschenk sein“, antwortet Andrea Zylka. „Wenn zum Beispiel beide gemeinsam gern wandern waren, kann das ein schöner Stein sein.“ Und dann heißt es: „Ich lass dich jetzt gehen!“ Eine solche Zeremonie kann befreiend sein, übrigens nicht nur für das Paar selbst, sondern auch für die gemeinsamen Kinder. Denn gerade für Kleinere ist es oft schwierig zu verstehen und zu akzeptieren, dass sich der Alltag der Familie verändert. „So sehen sie, dass es endgültig mit beiden als Paar vorbei ist, aber sie weiter als Eltern da sind.“
Scham und Schuld nach einer Trennung
Und auch für den Freundes- und Bekanntenkreis kann eine solche Zeremonie entlastend sein. Weil sie dann endlich erfahren, was passiert ist, weil sie so besser einschätzen können, wie sich die Konstellationen verändern. Aber ganz ehrlich, eine Trennung ist doch oft auch mit Scham und Schuld verbunden... „Auf jeden Fall!“, sagt Andrea Zylka. Es müssen auch nicht andere Menschen bei der Zeremonie anwesend sein, wobei sie schon dazu raten würde. Denn liegen die Karten einmal offen auf dem Tisch, verschwinden all diese „klebrigen Gefühle“. Und außerdem, fügt sie hinzu, „ist es nicht großartig, wenn ich sagen kann, ich trau mich?“ Und zwar „Ja“ zu sagen – zur Trennung, aber auch zum Neuanfang.