Oberhausen. Durch gesundheitliche Probleme hat Andrea ihren Job verloren. Das Diakoniewerk unterstützte die Alleinerziehende. Wie auch Leser helfen können.
Wenn Andrea in den vergangenen Jahren auf Weihnachten geblickt hat, war da immer ein komisches Bauchgefühl. „Kinder haben Riesenwünsche“, sagt die 43-Jährige und rückt ihre blau-weiß-karierte Bluse zurecht. Die Oberhausenerin ist zweifache Mutter – und alleinerziehend. „Ich spare an allen Ecken und Enden und lebe von Spenden und der Unterstützung von Familienangehörigen“, sagt sie und greift nervös nach dem Wasserglas.
Die vergangenen Jahre waren schwer für Andrea. Arbeitslos, wenig Geld und dazu noch psychische Probleme. Und das, obwohl sie kurz dachte, sie hätten ihren Traumberuf gefunden: Die Hauptschule verließ sie damals nach der 10. Klasse. „Danach wollte ich meinen Realschulabschluss nachholen, aber ich habe gemerkt, dass die Schule nichts für mich ist.“ Stattdessen begann sie die Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, arbeitete anschließend in einer Bäckerei und wurde später stellvertretende Filialleiterin eines Schuhgeschäfts.
Oberhausenerin rutscht ins Krankengeld: „Es gab Komplikationen“
„Das hat mir viel Spaß gemacht. Man hatte viel Bewegung, war immer auf den Füßen“, erinnert sie sich. Doch dann kam die Operation, die ihr Leben nachhaltig veränderte: Eigentlich sollte es eine einfache OP an ihrem Oberschenkel sein. „Aber es gab Komplikationen. Mein linkes Bein machte nach dem Aufwachen große Probleme.“ An Arbeit war danach nicht mehr zu denken. Sie lebte erst vom Krankengeld, bis sie ausgesteuert wurde. Das war 2013.
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Später folgte dann das Arbeitslosengeld. Ihre Gesundheit schlug sich nicht nur auf ihren Job nieder, auch die Ehe, aus der ihre fünfjährige Tochter hervorgeht, litt unter den Umständen. „Ich war nur noch schlecht gelaunt, die Ehe ist kaputtgegangen.“ Dann war sie erst einmal auf sich allein gestellt, musste sich noch um ihre kranke Mutter kümmern. „Ich war überfordert, gesundheitlich und psychisch eingeschränkt“, sagt sie und greift nach den Taschentüchern.
Betroffene fand Hilfe in der Tagesbetreuung für Familien des Diakoniewerks in Oberhausen
„Ich entschied mich dazu, Hilfe zu holen und habe Kontakt mit dem Jugendamt aufgenommen, auch wenn die Angst groß war, weil man ja immer im Kopf hat, dass das Jugendamt einem gleich die Kinder wegnimmt. Das wollte ich natürlich nicht.“ Stattdessen fand sie dort die Hilfe, die sie benötigte, und wurde an die Tagesbetreuung für Familien (TAFF) des Diakoniewerks in Oberhausen vermittelt.
„Unsere Aufgabe ist es, die Familien wieder in ein selbstständiges Leben zu bringen“, erklärt Teamkoordinator Niclas Schneider. „Ein Jahr lang sind wir in die Tagesbetreuung gegangen“, so Andrea. Gemeinsames Frühstück, viele Förderangebote für die Kinder, Eltern-Kind-Angebote und Beratungsgespräche halfen der Zweifach-Mutter dabei, wieder Struktur in ihren Tagesablauf zu bekommen. „Wir konnten viel mitnehmen und es hat mir ein Stück Sicherheit und Rückhalt gegeben.“ Auch ihr Selbstvertrauen sei in dem Jahr wieder zurückgekehrt.
Erst seit kurzem ist die Familie nicht mehr in der Tagesbetreuung. „Jetzt sind wir gerade dabei, das, was wir gelernt haben, auch zu Hause umzusetzen.“ Mittlerweile besucht ihre fünfjährige Tochter die Kindertagesstätte und auch ihr Sohn ist in der Eingewöhnung. Für die 43-jährige Mutter nun die Zeit, sich um sich selber zu kümmern. „Ich kann mir mehr Zeit für mich nehmen, das ist etwas ganz Neues“, sagt die Alleinerziehende.
NRZ-Wunschbaumaktion: Zweifach-Mutter aus Oberhausen auf Aktion angewiesen
Beim Blick in die Zukunft steigen Andrea wieder Tränen in die Augen: „Die Kinder und meine Gesundheit stehen im Vordergrund“. Andrea hat eine Therapie gemacht, ihr geht es heute wieder besser. „Ich fange gerade an, richtig zu leben“, erzählt sie, bevor sie wieder zu einem Taschentuch greift. Diesmal sind es Freudentränen. Zwar sei die 43-Jährige derzeit finanziell mit Bürgergeld, Kindergeld und Unterhaltsausschuss gut aufgestellt und möchte, wenn es gesundheitlich so weitergeht, auch bald wieder arbeiten gehen – zurücklegen muss sie jedoch trotzdem für das Weihnachtsfest. „Jeden Monat versuche ich etwas, beiseite zu legen. Ich habe schon immer an mir selber gespart, damit es den Kindern gut geht.“
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Alle Wünsche könne sie ihren Kindern ohnehin nicht erfüllen. Doch wie auch im vergangenen Jahr ist die Familie in diesem Jahr auf die Weihnachtswunschbaumaktion angewiesen. Zusammen mit dem Diakoniewerk Oberhausen und dem Spielwarengeschäft Lausberg hat die NRZ erneut Wünsche zusammengetragen, die Leserinnen und Leser zu Weihnachten erfüllen können (siehe Info unten).
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Wenn es nach der Zweifach-Mutter ginge, hätte sie vor allem einen großen Wunsch: „Einmal in den Urlaub fahren. Irgendwo, wo es viel Natur gibt und man gut forschen kann, das mögen wir.“ Und dafür müsste das Urlaubsziel laut der 43-Jährigen nicht einmal weit weg sein: „Wesel, das würde mir schon reichen. Und wenn es regnet, ziehen die Kinder ihre Matschsachen an und ich die Jogginghose darüber, das stört uns gar nicht.“
>>> NRZ-WUNSCHBAUMAKTION: HIER KÖNNEN LESERINNEN UND LESER WÜNSCHE ERFÜLLEN
Auch in diesem Jahr stehen wieder die NRZ-Weihnachtswunschbäume in vielen Städten an Rhein und Ruhr und laden Leserinnen und Leser dazu ein, Wünsche zu erfüllen. Das Konzept ist einfach: Die Wünsche von Kindern aus bedürftigen Familien werden an einem Baum aufgehängt. Jeder, der helfen möchte, kann einen Zettel abholen und den Wunsch erfüllen. Hier eine kleine Auswahl:
- In Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg kooperiert die NRZ mit dem gemeinnützigen Verein „Klartext für Kinder“ und den örtlichen Jugendämtern. Der Verein stemmt die Wunschbaumaktion bereits zum 18. Mal. An 18 Wunschbäumen in den vier Städten hängen insgesamt 2000 Kinderwünsche – unter anderem im Moerser Kinder- und Jugendbüro im Rathaus, im Medienhaus, in der Sparkasse Neukirchen und in der Sparkasse an der Bahnhofstraße in Rheinberg. Maximal 25 Euro darf ein Geschenk kosten. Die Geschenke samt Wunschzettel sollten bis allerspätestens 6. Dezember unter dem jeweiligen Baum liegen.
- Insgesamt 450 Wunschzettel wurden in Dinslaken gesammelt. Durchgeführt wird die Aktion in diesem Jahr durch den neu gegründeten Verein „KinD – Förderverein des Jugendamtes“. Wie in den Vorjahren unterstützt auch die NRZ-Redaktion die Aktion. Die Wunschbäume stehen an insgesamt 14 Orten der Stadt. Beispielsweise auf dem Adventsmarkt, in der Lokalredaktion Dinslaken und in Geschäften. Wer einen Wunschzettel abholt, sollte das eingepackte Geschenk bis zum 14. Dezember zurückbringen.
- In Oberhausen kooperiert die NRZ im Rahmen der Wunschbaumaktion auch in diesem Jahr mit dem Diakoniewerk Oberhausen und dem Spielwarengeschäft Lausberg. Bei Lausberg, Langemarkstraße 18-20, können die Wunschzettel ab dem 2. Dezember gepflückt – und die Wünsche direkt vor Ort erfüllt werden. Abgabeschluss ist hier der 16. Dezember.
- Auch in Wesel ist Wunschbaumaktion gemeinsam mit dem Caritasverband, der Diakonie, dem Internationalen Bund (IB) und der Stadt schon angelaufen. Das NRZ-Mobil stand Ende November wieder einmal auf dem Wochenmarkt – und die Hilfsbereitschaft war überwältigend. Alle 200 Wunschzettel waren schnell vergriffen.